Der Mann, der starb wie ein Lachs
breitbeinigen, sich wiegenden Gangart herein, zu der man nach einem langen, anstrengenden Polizeileben tendiert. Er hielt ein Fax und einen Stapel Ausdrucke in der Hand und hatte Schweißperlen auf der Stirn. Mit dem freien Unterarm strich er die Feuchtigkeit ins kurz geschnittene Haar und dachte voller Sehnsucht an seine Sommerhütte in den Schären von Luleå. Jetzt sollte man in einem Liegestuhl auf Smäskär liegen, dachte er. Mit einem Taschenbuch von Leif GW Persson in der Hand, dem einzigen schwedischen Schriftsteller, der etwas von Polizeiarbeit verstand.
»Nun?«, fragte Therese.
»Tommy Lollo Larsson, 48 Jahre alt. Sanna Andrejs, 35. 2001 wegen einer Serie von Diebstählen bei alten Leuten im mittleren und nördlichen Norrland zu einer Haftstrafe verurteilt. Er bekam acht Monate, sie elf.«
»Wieso bekam sie eine längere Strafe?«
»Sie war diejenige, die mit den Alten geredet hat. Mehrere haben sie wiedererkannt. Tommy war sicher jedes Mal auch dabei, aber ihn haben nicht alle gesehen. Sie hielt sich bei den Opfern auf, während er herumschlich und so viel einsackte, wie er konnte. Beide kamen 2003 auf freien Fuß. Aber er sitzt inzwischen wieder, jetzt wegen Drogen.«
»Und sie?«
»Hat sich in Motala angemeldet. Ich habe das auf dem Amt überprüfen lassen, die kannten sie von früher, sie hatte mal einen Praktikumsplatz in einer christlichen Vorschule.«
»Können wir das glauben?«
»Ich habe dort angerufen, und sie hat sich den Frühling über mustergültig verhalten. Aber jetzt hat sie Urlaub.«
»Sommersehnsucht«, sagte Therese.
»Wie bitte?«
»Sonne und Wärme. Dann vermissen sie das freie Leben. Drogen, geklaute Autos und leichtgläubige alte Tanten.«
»Ja, kann sein. Ich habe sie gebeten, sich zu melden, wenn sie wieder auftaucht.«
In dem Moment kam Sonny herein, um zu berichten.
»Der Zoll hat die Bilder von den Grenzübergängen von den letzten Wochen durchgesehen. Zwei dunkle Mercedes haben die Grenze passiert, aber beide gehören ganz normalen Tornedalern.«
»Also sind die Ratten noch hier«, sagte Dagewitz.
»Aber wenn sie den Alten umgebracht haben, dann werden sie ja wohl den Wagen beiseite geschafft haben«, meinte Sonny. »Und sich einen neuen besorgt haben.«
»Überprüf weiter die gestohlenen Autos, Dagewitz. Wie läuft es mit der Zeugenbefragung, Sonny?«
»Inzwischen haben wir die meisten zu fassen gekriegt. In dem Viertel sind jede Menge Leute gesehen worden, sowohl Heimatbesucher als auch Marktgäste und Touristen. Ich habe eine Liste von sämtlichen Zeugenaussagen, das ist eine ganze Menge. Am Samstag hat man Jungen auf hochgetrimmten Mopeds herumfahren sehen. Und dann ist noch ein Pferd vorbeigeritten.«
»Ein Pferd?«
»Nun ja, mit Reiter. Eines der Mädchen vom Reitstall vermutlich. Ich bin noch dabei, das zu überprüfen.«
»Gut.«
Therese zupfte sich an der Unterlippe, während Sonny abwartend dastand.
»Und wenn es jemand aus dem Ort war?«, fragte sie.
»Wie?«
»Wenn es jemand aus Pajala war, der das getan hat? Auf wen würdest du dann tippen?«
Sonny sah plötzlich so aus, als fühle er sich nicht wohl in seiner Haut.
»Du kennst doch sicher alle hier. Du weißt, wer gewalttätig werden kann.«
Sonny zupfte an seinem Schnurrbart am Mundwinkel, zog an den Haaren.
»Ich habe auch schon drüber nachgedacht«, sagte er. »Weißt du, meistens ist es hier ruhig in den Straßen. Ich habe mir die Statistik angeschaut, und Pajala steht mit an letzter Stelle, was die Anzeigen pro Einwohner betrifft, zusammen mit Orten in Småland wie Tranås und Örkelljunga.«
»Örkelljunga liegt in Skåne«, korrigierte sie ihn. »Ich habe da mal gewohnt.«
»Okay, aber du verstehst schon. Pajala ist ruhiger als ruhig.«
»Aber Eino hat doch erzählt, dass es hier auch Gewalt gibt?«
»Wenn sie besoffen sind, dann kommt so etwas vor. Bei Saufgelagen. Oder in der Kneipe. Alter Groll, der dann wieder hochkommt, vielleicht Eifersucht, und dann gibt es eins auf die Nase, bis die Kumpel eingreifen.«
»Und wenn es hier auch so gewesen ist? Ein Streit im Suff. Schließlich war am Wochenende großer Markt und große Feststimmung, im ganzen Ort saßen die Tornedaler und haben es sich gut gehen lassen. Und plötzlich fällt einem ein, dass er mit Martin Udde noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Also geht er mit besoffenem Kopf zu ihm, entdeckt den Lachsspeer und ermordet den Alten. Kannst du dir so etwas vorstellen?«
Sonny zögerte.
»Vielleicht.«
»Wir fahren
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