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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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hin.«
    Er betrachtete sie von der Seite, wurde unruhig.
    »Willst du mit?«
    »Ja, wieso?«
    »Du kannst doch kein Finnisch.«
    Immer dieses verdammte Gerede von dem Finnisch, dachte sie und stand auf. Sonny ging vor ihr zu dem backofenheißen Dienstwagen.
     
    Sie lenkten den Wagen hinaus ins Sonnenlicht und fuhren dann die Straßen der Stadt entlang. So viel Luft, dachte Therese. Platz zwischen den Häusern, viel zu große Grundstücke, reichlich Bäume und hoch gewachsene Hecken dazwischen. Als wollte Pajala gar keine richtige Stadt werden. Man wollte Abstand voneinander halten, oder? Allein zurechtkommen. Sich nicht aufdrängen.
    Sonny hielt am Marktkiosk an, kaufte eine Cola und nahm ein Blatt mit den Gewinnquoten mit. Der Besitzer Dick, ein Mann mittleren Alters mit Engelslocken, wollte neugierig wissen, woher die Dame stamme.
    »Aus Stockholm«, sagte sie.
    »Das ist nicht am Akzent zu hören.«
    »Ich bin ziemlich oft umgezogen.«
    Sonny studierte eifrig den Fernsehbildschirm, der die Rennergebnisse zeigte, und schien einen Wettschein zerknüllen zu wollen. Therese ging hinaus und stellte fest, dass sie sich direkt im Zentrum des Ortes befand. Eine Kreuzung, begrenzt von ein paar vereinzelten Geschäftsgebäuden. Kauppis Kleidung, ein Farbengeschäft und das Hotel Bykrogen, in dem sie ein Zimmer hatte. Es war kein Mensch zu sehen, doch, da kam ein einzelnes Mädchen angeradelt. Alles erschien unwirklich still. Die Menschen waren in ihren Sommerhütten. Wie konnte man in dieser verfluchten Öde leben, ohne verrückt zu werden?
    Auf einer Anschlagtafel hingen die Titelseiten: »Brutaler Mord in Pajala« verkündete NSD. »Mord am Zollbeamten«, damit trumpfte das Haparandabladet auf. Die Hitze schien noch zuzunehmen, das Hochdruckgebiet stabil zu sein. Sie spürte, wie sie unter ihrer Uniformbluse schwitzte, und stellte sich in den Schatten des Autos. In dem Moment kam Sonny heraus und schob verstohlen einen Wettkupon in seine Brieftasche. Er schlürfte seine Cola mit zufriedener Miene und bot auch ihr an, doch sie lehnte dankend ab.
    Sie fuhren weiter die ruhige Hauptstraße entlang, sie konnte eine Pizzeria und ein Hamburgerrestaurant entdecken. Aber keine Sushibar. Rechts glitt der Friedhof vorbei, und links kamen sie an der gelb gestrichenen Holzkirche entlang. Die Bebauung wurde spärlicher, und bald fuhren sie durch die freie Natur. Ein schütterer Nadelwald mit Kieferstämmen und Birkendickicht. Keine Schönheit, nur eine monotone Wiederholung. Ein Gefühl von Eingesperrtsein in diesem Baummeer. Ihr kam das Bild einer kleinen Milbe im Rentierfell in den Sinn, die zwischen all den Haaren hin und her springt, aber nie hinausfindet.
    »Viel Wald«, sagte Sonny, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    »Mm.«
    »Du warst vorher noch nie hier oben?«
    »Nein.«
    »Und spürst du schon was von der Einsamkeitsdepression hier?«
    »Was bitte soll das sein?«
    »Manchmal erwischt es mich auch«, fuhr Sonny fort. »Besonders im Winter, weißt du, Anfang Januar, wenn es stockfinster ist und minus dreißig Grad. Dann will man nur weg von hier.«
    »Und was machst du dann?«, wollte Therese wissen.
    »Ja, was zum Teufel kann man dann tun?«
    »Sich dem Frauchen widmen«, schlug sie in einem scherzhaften Ton vor.
    Sie merkte, wie er erstarrte. Aha, das war ein schwacher Punkt.
    »Wenn es ganz schlimm wird, fahre ich nach Luleå«, erklärte er und machte eine abwehrende Bewegung. »Luleå ist irgendwie anders. Außerdem kenne ich Leute da.«
    Irgendetwas ließ Therese aufmerken. Du hast eine Frau dort. Eine Geliebte.
    »Übrigens habe ich gehört, dass du ziemlich neu bist auf dieser Position«, wechselte Sonny das Thema. Er wollte die Kontrolle wiederbekommen.
    »Wieso?«, fragte sie.
    »Nur so. Irgendwann muss ja das erste Mal sein.«
    »Ånderman hat mich vorgeschlagen«, sagte sie trocken.
    »Und dann wirst du gleich hier hoch geschickt. Ich hoffe, du glaubst nicht alles, was über uns Kerle vom Norrbotten so erzählt wird? Wir sind nämlich gar nicht solche Machos, die mit dem Scooter die Weiber jagen. Jedenfalls nicht alle. Übrigens wird bei uns im Herbst eine Stelle frei, du kannst dich ja bewerben.«
    Die haben bestimmt diesen Gleichberechtigungskursus gemacht, dachte sie. Die Frühjahrskampagne der Polizeizentrale. Vielleicht schätzt er mich auch einfach.
    Ein paar Kilometer außerhalb von Pajala bog Sonny nach links ab und gelangte auf einen Hofplatz vor einem überraschend türkisfarbenen Wohnhaus und

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