Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
Vom Netzwerk:
als sie wieder im Auto saßen.
    Therese sehnte sich danach, ins Hotel zu fahren und zu duschen.
    »Sind wir jetzt mit Pajalas Unterwelt durch?«, wollte sie wissen.
    Sonny saß nachdenklich da. Entdeckte ein altes Kaugummi, das am Griff der Handbremse klebte. Er brach den kleinen Klumpen ab und stopfte ihn sich gedankenverloren in den Mund. Kaute ihn mit seinen Backenzähnen weich, dass sich die Haut über seinem frisch rasierten Kiefer spannte.
    »Mir ist nur eben eingefallen  …«, sagte er.
    »Was ist dir eingefallen?«
    »Nun ja, Martin mochte ja das Tornedalfinnisch nicht. Also unser Meänkieli.«
    »Und weiter.«
    Sonnys Kiefer mahlten und mahlten.
    »Er war kategorisch dagegen, dass die Schulen in Pajala obligatorischen Meänkieliunterricht einführen sollten.«
    »Finnisch in der Schule? Aber wir leben doch in Schweden, oder?«
    »Genau diese Ansicht hat Martin Udde auf den Leserbriefseiten vertreten. Es gab da einen Kerl hier in der Stadt, Esaias Vanhakoski, von dem behauptet wurde, er hätte Martin bedroht. Martin hat angerufen und wollte ihn anzeigen, hat es dann aber doch nicht gemacht.«
    »Wie hat er ihn bedroht?«
    »Mit alter, üblicher Tornedalpoesie. Sie tarttisit saaja kelvolisen paukum turphijin …«
    »Was bedeutet?«
    »Dir gehört die Fresse poliert.«
    Therese seufzte. Sogar die Verbrechen wurden hier oben auf Finnisch begangen.
    »Wo wohnt er?«
    »Wir können auf dem Rückweg bei ihm vorbeischauen.«
    Sonny legte den ersten Gang ein und fuhr los, den Ellbogen aus dem Seitenfenster gehängt.
    »Du hast vergessen, dein Halfter wieder zuzumachen«, sagte sie und schnappte sich seine Dienstwaffe, bevor er reagieren konnte.
    »Und du hast Zahnpasta am Kinn«, erwiderte er. »Schon den ganzen Morgen, aber hier oben sind wir nicht so pingelig.«
    Sie schaute in den Rückspiegel und rieb sich wortlos das Kinn sauber. Sonny bog am westlichen Stadtrand zum Fluss hin ab. An der Uferböschung stand ein kleineres Wohnhaus, in Ochsenrot gestrichen. Ein alter Volvo 245a mit Rostflecken parkte vor dem Haus im Schatten eines alten Schuppens. Auf einer Wiese war ein Kartoffelacker aufgepflügt, frisches grünes Kraut ragte in ordentlichen Reihen hervor.
    »Esaias ist nicht zu Hause«, sagte Sonny.
    »Woher weißt du das?«
    »Das Tornedalschloss.«
    Gegen die Haustür war ein Besen wie ein heimliches Schriftzeichen gelehnt. Therese klopfte an und wartete. Er ergriff die Türklinke.
    »Es ist offen«, sagte sie.
    »Der Besen reicht als Schloss«, erklärte Sonny.
    »Ein Besen?!«
    »Das Tornedalschloss ist eine alte Sitte, die Leute hier in der Gemeinde respektieren es noch heute. Es gibt übrigens keine Hauseinbrüche hier.«
    »Gar keine?«
    »Nein, im Großen und Ganzen nicht.«
    »Aber wir gehen doch wohl trotzdem rein?«
    »Wir warten«, schlug Sonny vor.
    »Aber in Korvas Wohnung war das kein Problem?«
    »Ja, bei ihm stand ja kein Besen.«
    Sonny setzte sich in den Polizeiwagen und studierte seine Wettliste. Therese ging ungeduldig zu dem alten Volvo. Schritt um ihn herum und schaute durch das Rückfenster. Schließlich öffnete sie den Kofferraum. Schob einiges Werkzeug beiseite und öffnete einen schwarzen Müllsack. Drinnen lagen ein Messer und eine schlanke, kurzschaftige Handaxt. Beides war nur oberflächlich abgewischt und trug noch die charakteristischen dunklen Flecken. Sie stellte sofort fest, dass es sich um Blut handelte.
     
    Zurück auf der Wache gab es hektische Aktivität.
    »Der Typ hat Udde also schon früher bedroht«, stellte sie fest.
    »Nun ja, Udde hat seine Familie wohl einige Male angezeigt«, erinnerte Eino sich. »Aber das ist lange her, ich glaube, dahinter steckte eine Familienfehde.«
    »Also Straftatbestand Bedrohung. Und dann der Fund im Auto. Wer hat bei der Staatsanwaltschaft Bereitschaftsdienst?«
    »Pantzare in Luleå.«
    »Rufe ihn an und bitte ihn um einen Haftbefehl, so schnell wie möglich. Sonny bleibt beim Haus und hält Wache.«
    »Und die Pressekonferenz?«, wollte Petren wissen.
    »Die verschieben wir.«
    »Dann frage ich wohl auch gleich nach einem Hausdurchsuchungsbefehl, oder?«
    »Das Tornedalschloss«, stöhnte sie, »wie lächerlich, wir brauchen doch nur reinzugehen!«
    Dagewitz lief aufgeregt hin und her.
    »Jetzt schnappen wir ihn uns. Jetzt holen wir uns den Mistkerl.«
     
    Sonny saß im Polizeiwagen, der im Schatten der Scheune stand, mit Blick auf das Wohnhaus. Im ersten Stock war ein Mückengitter angebracht, vermutlich im Schlafzimmer des

Weitere Kostenlose Bücher