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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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richtig aufgeblüht. Aus dem schüchternen Mädchen, das sich damals kaum getraut hatte, seinen Eltern den zukünftigen
Mann vorzustellen, war eine gestandene Ehefrau und Mutter geworden.
    Erst vorgestern hatte Angela sie mit dem Auto besucht, und Helga hatte mit Respekt festgestellt, wie leicht ihrer Tochter all die Handgriffe mit den Kindersitzen, Anschnallgurten und Buggys von der Hand gingen, ja wie liebevoll und unkompliziert sie mit ihren beiden Kleinen umging. An ihrem dreißigsten Geburtstag sollte sie ihr drittes Kind in den Armen halten, so stand es im Protokoll! Doch ein unsichtbarer Regisseur schien das schöne Drehbuch zerrissen zu haben.
    Müde schleppte sich Röhrdanz hinter seiner Schwiegermutter in die Küche, sank auf einen Küchenstuhl und griff gedankenlos nach einem liegengelassenen Babyspielzeug.
    »Junge, du musst was essen, sonst klappst du mir auch noch zusammen.«
    Helga fing an, ihrem Schwiegersohn ein Brot zu machen. Wenn sie irgendeine hausfrauliche Tätigkeit verrichtete, würde sich der Alltag vielleicht wieder einstellen.
    Röhrdanz starrte nur auf ihren Rücken. Vor seinem inneren Auge sah er immer wieder Angela vor sich, so fremd und entstellt, als hätte ihr jemand die Seele aus dem Leib gerissen. Still und dämmrig war es in der Küche, Helga hatte das große Licht nicht angemacht. Röhrdanz war dankbar dafür. Mechanisch griff er nach der Tasse Tee, die Helga ihm mit zitternden Fingern servierte. Der Löffel, mit dem er versuchte, Zucker hineinzurühren, klirrte an der Tasse. Er trank in winzigen Schlucken und starrte wie blind ins Leere. Der Tee verbrannte
ihm die Zunge, doch der Schmerz war ihm willkommen, er gab ihm das Gefühl, noch am Leben zu sein.
    Leise klopfte es an die Tür, aber Röhrdanz blickte kaum auf.
    »Was ist denn hier los?« Dagmar stand im hellblauen Schlafanzug in der Küche. Ihre blonden Haare waren vom Schlafen ganz zerzaust, sie schien noch gar nicht richtig wach zu sein.
    »Es ist was Schreckliches passiert«, begann Helga, doch ihr versagte die Stimme. »Angela …«
    Dagmar machte ein betretenes Gesicht. »Was ist mit ihr?«
    Röhrdanz musste eine Träne wegblinzeln, bevor er antworten konnte: »Deine Schwester ist sehr krank.«
    Dagmar kniff die Augen zusammen: »Du weinst ja! Ist es was Schlimmes?«
    Sie starrte einen Moment lang zwischen ihrer Mutter und ihrem Schwager hin und her, plötzlich wurde sie blass. »Ist was mit dem Baby?«
    »Das wissen wir nicht«, gab Röhrdanz schließlich krächzend von sich. »Sie ist heute operiert worden.«
    »Operiert? Woran denn?«
    »Vermutlich am Kopf.«
    »Am Kopf? Ja wieso denn das?«
    »Auch das wissen wir nicht«, flüsterte Röhrdanz kraftlos. »Sie sagen mir einfach nichts …«
    »Ja, und das Baby …?«
    »Selbst das wissen wir nicht …«, wiederholte Röhrdanz.
    Dagmar richtete sich langsam auf. »Ist es so schlimm?«

    »Deine Schwester lag wie gelähmt auf einer Bahre und starrte mich ausdruckslos an«, berichtete Röhrdanz tonlos. »Ihr lief der Speichel aus dem Mund, und sie konnte nicht sprechen.«
    »Sie hat eine Nervenkrankheit«, ließ Helga sich von der Anrichte her vernehmen. »Vielleicht ist sie gelähmt.« Sie verstummte.
    Dagmar traten Tränen in die Augen. »Aber wieso denn? Die war doch gestern noch topfit?!«
    Ihr Blick flackerte zwischen Mutter und Schwager hin und her, dann fing sie leise an zu weinen.
    Röhrdanz nickte stumm. Was sollte aus den kleinen Kindern werden, die rund um die Uhr versorgt werden mussten und denen auf einmal die Mutter genommen worden war?
    Plötzlich wurde es Röhrdanz abwechselnd heiß und kalt. Er begriff, dass er auf seine Schwiegermutter und seine junge Schwägerin angewiesen war.

6
    »Herr Röhrdanz?«
    »Ja. Das bin ich.«
    »Warten Sie schon lange?«
    »Ja.«
    »Es tut mir leid, aber unser Chefarzt ist heute nicht im Haus.«
    Die Sekretärin der Neurologischen Abteilung hatte eine Tasse Kaffee in der Hand, als sie mit klappernden Schritten auf ihn zueilte. Umständlich schloss sie ihre Bürotür auf, wobei sie fast den Kaffee verschüttete. Sie trug eine weiße Bluse, einen grauen Rock und ziemlich hochhackige schwarze Pumps.
    »Und morgen auch nicht, und übermorgen auch nicht, und dann ist Wochenende.«
    Ihre Stimme klang so beiläufig, als würde die Frau über Tennisstunden reden.
    Röhrdanz erstarrte. Vor seinen Augen begann sich alles zu drehen.
    »Ja, aber er sollte mir doch heute alles erklären.« Seine Stimme erstickte. »Dieser Professor

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