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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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die er sagen wollte: »Was hat sie denn genau?«
    Der Oberarzt seufzte, als wäre Röhrdanz verantwortlich für den Schlamassel, in den er nun hineingeraten war. »Wenn das so einfach zu erklären wäre.«
    Die Sekretärin reichte nach kurzem Anklopfen zwei Tassen Kaffee herein und unterbrach die gespannte Stille durch mehrmaliges Fragen: »Zucker, Herr Röhrdanz? - Milch? - Nehmen Sie ihn ganz schwarz? Nein? Überhaupt keinen Kaffee? Um diese frühe Morgenstunde? Was dann? Vielleicht Tee? Beruhigungstee hätten wir unten in der Teeküche, den kann ich bestellen, wenn die Schwestern Zeit haben …«
    Bitte gehen Sie einfach raus, dachte Röhrdanz, war aber zu höflich, um es auszusprechen.
    Als sie endlich wieder verschwunden war, hinterließ sie einen penetranten Maiglöckchenduft, der Röhrdanz schon im Wartebereich in die Nase gestiegen war.
    »Was hat meine Frau?« Starr sah Röhrdanz den selbstherrlichen Kerl an, für den er nichts als Abscheu empfand.
    »Also wir Mediziner sind da auch erst mal ratlos«, sagte der Oberarzt schließlich, nachdem er ein paarmal an seiner Krawatte gezerrt hatte. »Solche Fälle haben wir nämlich auf der Neurologie äußerst selten.« Er räusperte sich. »Besser gesagt: So etwas Interessantes hatten wir hier überhaupt noch nie.«

    Röhrdanz starrte den Mann sprachlos an. War der etwa stolz darauf, dass er hier medizinisch gesehen einen seltenen Fisch an der Angel hatte?
    »Ihre Frau … wie soll ich Ihnen das erklären, Sie sind ja völlig überfordert mit der ganzen Situation.« Der Mann knetete seine Finger und ließ sie einzeln knacken. »Ihre Frau hatte einen Schlaganfall. Kennen Sie ja, das Wort. Einen Gehirnschlag oder …«, er spitzte die Lippen, um das schwierige Wort genüsslich auszusprechen, »… Hirninfarkt.«
    »Ja, aber … warum? Wodurch?« Röhrdanz’ Haut war grau wie Pergament, das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    »Das kann man nicht sagen. Das passiert ganz plötzlich. Und bei Ihrer Frau …« Er schaute hilfesuchend in seine Unterlagen.
    »Angela«, stieß Röhrdanz hervor.
    »Genau. Angela. Die ist ja noch so jung … noch keine dreißig, das ist wirklich tragisch …« Der Oberarzt sah Röhrdanz bedauernd an und presste die Lippen zusammen. »Bei Ihrer Angela hat dieser Infarkt besonders heftig zugeschlagen. So was kann kein Mensch überleben. Noch nicht mal ein Elefant.« Er zog die Schultern hoch, nahm hastig einen Schluck Kaffee und beendete seinen Satz mit: »So leid es mir tut.«
    »Was heißt das? Wird sie …«
    Erneutes Kaffeetrinken. Das Wort »sterben« ging in einem Schlürfen und Schlucken unter: »Ja. Höchstwahrscheinlich schon.«
    »Aber wir brauchen sie doch! Wir haben zwei Kinder und erwarten gerade das dritte!«

    Dr. Hiller räusperte sich. »Seien Sie ein Mann. Sehen Sie den Tatsachen ins Auge.« Die stahlgrauen Augen des Mannes bohrten sich in Röhrdanz’ Seele: »Sie wird sterben. Bald.« Wieder ein geräuschvoller Schluck Kaffee. Das Klirren der Tasse hallte in Röhrdanz’ Ohren wider, als hätte jemand eine Fensterscheibe eingeworfen. Der Arzt schluckte. »Und das ist auch besser so. Auch für Ihre Kinder.« Er schnäuzte sich umständlich in ein Taschentuch. »Letztendlich. Ich meine, langfristig gesehen. Eine Mutter, die jahrelang im Koma liegt, bevor sie stirbt, nützt den Kindern nichts. Machen Sie dem Elend ein Ende. Je eher, desto besser.«
    Röhrdanz starrte ihn an und wusste nicht, wo er den Schmerz lokalisieren sollte, der ihn fast auffraß.
    »Aber sie ist schwanger«, stammelte er, als ob das auch nur das Geringste an der Aussage des Arztes ändern würde.
    Dr. Hiller schob seine Tasse mit dem Ellbogen beiseite, fixierte Röhrdanz mit zusammengekniffenen Augen und sagte: »Sie haben mich wohl nicht richtig verstanden: Ihre Frau wird die nächsten zwei Wochen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben! Und der Embryo folgerichtig auch nicht!«
    Eine neue Welle der Verzweiflung überrollte Röhrdanz. Er versuchte, die Worte zu begreifen - vergeblich. »Aber es … ist noch drin, ja? Ich meine, es ist noch nicht tot?!«
    »Wenn Sie so wollen. Es ist NOCH nicht tot. Erstaunlicherweise hat dieses zähe kleine Wesen die achtstündige Operation überlebt. Aber was heißt hier leben. Wenn
die Mutter stirbt, stirbt das Kind mit ihr. So ist das in der Natur.«
    Röhrdanz fühlte sich von einer Riesenlast zu Boden gedrückt. »Ich will Ihren Chefarzt sprechen!« Vergeblich versuchte er aufzustehen, doch es gelang ihm

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