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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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möglicherweise?«
    »Einen Hund.« Röhrdanz schluckte.
    »Da haben wir’s.« Professor Leyen runzelte tadelnd die Stirn. »Wenn Ihre Frau nur einen Tag länger in der Nähe des Hundes geblieben wäre, hätte sie einen Blutsturz
bekommen und wäre an den Folgen möglicherweise erstickt.«
    »Was heißt das?« Röhrdanz lief es eiskalt den Rücken herunter.
    »Das Tier muss sofort aus dem Haus.«
    »Aber Denise …« Röhrdanz brach es das Herz. Sein armes kleines Mädchen hatte sich so sehr an Bessy gewöhnt! Sie war so aufgeblüht, hatte wieder Vertrauen und Mut gefasst …
    »Sie müssen Ihr Haus gründlich desinfizieren, und zwar mehrmals. Am besten, Sie beauftragen dafür eine Firma. Da gibt es Spezialisten, die arbeiten mit Handschuhen und Masken. Erst wenn kein einziges Hundehaar und kein noch so winziges Hautpartikelchen von dem Hund mehr im Haus ist, kann ich Ihre Frau guten Gewissens nach Hause lassen.«
    Mit hängendem Kopf schlich Röhrdanz aus dem Krankenhaus. Unten vor dem Eingang standen zwei Telefonzellen. Er wusste noch genau, wie er damals schweren Herzens seine Schwiegermutter Helga angerufen hatte. Vor vier Jahren, als alles begann.
    Jetzt rief er sie wieder an. Ob sie Denise für ein paar Tage zu sich nehmen könne. Er müsse den Hund zum Züchter zurückbringen.
     
    » W arum habt ihr Bessy weggebracht? Warum?«
    »Weil die Mama sonst noch kränker geworden wäre, Denise. Das haben wir dir doch schon so oft erklärt!«
    »Die Mama ist doch sowieso immer krank!« Denise warf sich schluchzend auf ihr Bett und verbarg das Gesicht
im Kissen. Hier hatte sie immer mit Bessy gekuschelt, hier war sie mit dem Tier eingeschlafen und aufgewacht.
    »Liebling …«, Röhrdanz setzte sich auf die Bettkante und versuchte, das tränenüberströmte Kind mit seinen Argumenten zu erreichen. Er streichelte Denises Hinterkopf, aber die wehrte seine Hände wütend ab. »Die Mama hat Blut gespuckt, und sie wäre fast gestorben.«
    »IMMER geht es nur um die Mama, NIE geht es einmal um mich!«
    »Du bist doch schon so groß und vernünftig. Wenn du dich entscheiden müsstest - die Mama oder Bessy, was würdest du dann sagen?«
    Röhrdanz wusste nicht, ob es sinnvoll war, mit einem Kind so ein Gespräch zu führen.
    Ihm fiel einfach nichts anderes ein, womit er seine Tochter hätte überzeugen können.
    »Ich will Bessy, ich will meine Bessy, ich will Bessy …!«
    »Sei froh, dass du deine Mama wiederhast. Die wäre uns fast gestorben!«
    »Ich will aber meine Bessy!«
    Die Kleine schluchzte und weinte, auch die beiden Jungen standen total verstört an der Kinderzimmertür und wischten sich die Tränen aus den Augen.
    Wie soll man drei kleinen Kindern erklären, warum der süße kleine Hund, den alle so ins Herz geschlossen haben, wieder aus dem Haus muss? War es richtig, die Mama gegen den Hund in die Waagschale zu werfen? Stellte er seine Kinder damit nicht vor einen unlösbaren
Konflikt? Sie brauchten dringend psychologische Betreuung. Aber wie sollte er das auch noch organisieren? Es reichte schon, wenn jeden Tag diese Therapeutin kam!
    Röhrdanz rieb sich verzweifelt die Schläfen. Sein Herz stach in seiner Brust, und er wusste nicht, ob es der pure Seelenschmerz war, oder ob sich sein Herz langsam gegen die übermenschlichen Belastungen wehrte. Doch er hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Er musste einfach funktionieren.
    Also beschloss er, Denise ausweinen zu lassen. Angela musste schließlich gewaschen werden. Müde verließ er das Kinderzimmer.
    »Können wir Bessy wenigstens besuchen?«, fragte Denise nach Tagen des völligen Rückzugs hoffnungsfroh. Der Hunger hatte sie aus ihrem Zimmer getrieben, und sie stand mager und blass in der Küchentür.
    Röhrdanz fütterte gerade wieder einmal seine Frau. Seit Stunden saß er schon hier und übte mit ihr das Löffelhalten und Zum-Munde-Führen, das Kauen und Schlucken.
    Durfte er dem Kind Hoffnungen machen? Sollte er ihr versprechen, jetzt auch noch mehrmals wöchentlich ins Tierheim zu fahren? Ihr ständiges Gebettel würde ihn um den Verstand bringen. Letztlich würde er ihr damit erst recht das kleine Herz brechen. Da war es besser, jede Hoffnung im Keim zu ersticken.
    »Bessy ist jetzt bei einer anderen Familie«, sagte er schließlich.
    Denise sank in sich zusammen, das Glänzen in ihren Augen erlosch.

    »Gibt es da ein anderes Mädchen?«, flüsterte sie kaum hörbar.
    Röhrdanz hielt ratlos den Löffel in der Hand. Angela wollte etwas sagen, wollte

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