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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Lichtkegel über die Mauern. Es war nirgends etwas zu sehen. Nirgends erklang ein Laut.
    „Kommen Sie hierher!“ rief Francis Miller plötzlich. Seine Stimme klang schrill vor Erregung. „Kommen Sie, Mr. Potter! Leuchten Sie mit Ihrer Lampe!“
    Der Lichtschein kam näher. Er huschte über die Kaminmauern. Er erfaßte ein dunkles Bündel, das seltsam verkrümmt in einer Schlinge hing.
    „Bei allen Heiligen!“ stotterte der Obsthändler entsetzt. „Das ist eine Frau, Mr. Potter. Sie hat sich erhängt. Sie hat ausgerechnet in diesem trostlosen Loch Selbstmord verübt. Mich wundert nur, daß sie vor ihrem freiwilligen Tod um Hilfe schrie. Da stimmt doch etwas nicht?“
    Jack Potter gab keine Antwort. Er trat langsam näher. Betroffen starrte er auf die tote Frauenperson. Verstört rieb er sich die Augen. Verdammt, diesen Mantel kannte er doch. Auch diese kunstvoll frisierten Haare. Auch die Handtasche, die zu Füßen der Toten lag. Das alles hatte er erst gestern Abend gesehen. Wo denn, zum Teufel.
    Dann wußte er es plötzlich.
    „Es ist Evelyn“, murmelte er zwischen den Zähnen. „Natürlich ist es Evelyn. Es ist unfaßbar. Wie kommt sie in dieses Haus?“
    Er leuchtete in das verfallene Gesicht der Toten. Es gab keinen Zweifel. Sie war es.
    Kopfschüttelnd betrachtete er den groben Hanfstrick, der um die Kehle der Toten lief. Der Knoten war dreifach geknüpft, wie es die Henker bei öffentlichen Hinrichtungen zu tun pflegen.
    „Verstehen Sie das?“ fragte Francis Miller mit blassen Lippen. „Wie kann eine Frau zu einem solchen Strick greifen? Es ist unglaublich. Dieser Anblick wird mich in Zukunft Tag und Nacht verfolgen.“
    Jack Potter trat langsam zurück. Ein gehetztes Flackern kam in seine Augen. Hastig huschten seine Blicke zwischen der Toten und dem biederen Obsthändler hin und her.
    „Hätte ich mich von Ihnen nur nicht in dieses Haus locken lassen“, stieß er durch die Zähne. „Man soll wirklich keinem Menschen einen Gefallen tun. Alles was man erntet, sind lästige Scherereien mit der Polizei.“
    „Was macht das?“ sagte Francis Miller rasch. „Wir haben nur unsere Pflicht getan. Die Polizei wird das anerkennen. Ich werde sofort das nächste Revier alarmieren. Warten Sie hier auf mich. Ich komme gleich wieder.“
    „Machen Sie, was Sie wollen“, zischte Jack Potter erbost. „Sagen Sie den Cops, daß ich in der Sidney Bar zu finden bin. Noch lieber wäre es mir, wenn Sie meinen Namen überhaupt nicht erwähnten. Ich will nicht viel wissen von den Uniformierten.“
    Mit raschen Schritten tapste er auf den Ausgang des Neubaus zu. Hohl trommelten seine Schritte über die Bretter. Ohne sich noch einmal nach dem Obsthändler umzudrehen, lief er auf die Sidney Bar zu. Sein plötzliches Auftauchen verbreitete Unruhe und Aufregung. Am Stammtisch reckten sie nervös die Hälse.
    „Was ist los?“ fragte der dicke Clift Murray schnaufend. „Gibt’s was Neues?“
    „Und ob!“ stöhnte Jack Potter und griff hastig nach einem Bierglas. Seine Blicke suchten Percy Coogan. „Was hast du mit Evelyn gemacht?“ fragte er raunend. „Sie ist tot. Wir fanden sie in einem Neubau am Hoxton Gate. Sie hat sich erhängt.“
    Schweigen am Tisch. Weit auf gerissene Augen. Entsetzte Mienen. Fahrige Bewegungen. Zitternde Griffe nach den Gläsern. „Was sagst du da?“ fragte Percy Coogan fassungslos. „Wen willst du gefunden haben?“
    „Evelyn Bloom.“
    „Aber das ist doch Unsinn“, schrie Percy Coogan und schlug hart mit der Faust auf den Tisch. „Das ist eine ganz verdammte Lüge. Evelyn ist in meiner Wohnung. Ich habe die Tür abgeschlossen. Es gab für sie keine Möglichkeit zur Flucht.“
    „Es war Evelyn“, behauptete Jack Potter hartnäckig. „Warte eine halbe Stunde ab, dann sind die Cops hier. Verlaß dich drauf.“
    Die anderen stierten beklommen vor sich hin. Sie wollten nicht warten, bis die Polizei eintraf. Sie wollten sich schleunigst verabschieden. Aber Jack Potter hielt sie zurück.
    „Verdammt!“ knirschte er. „Ihr könnt mich doch hier nicht allein lassen. Was ist mit dir, Percy? Was willst du sagen, wenn die Cops kommen?“
    Percy Coogan stand polternd auf. Er angelte seine Mütze vom Garderobenständer. „Ich sehe selbst nach“, brummte er. „Ich gehe in den Neubau am Hoxton Gate.“
    „Welch ein Wahnsinn!“ kreischte Jack Potter und schob erregt seinen Stiernacken vor. „Du bleibst hier, verstanden? Bis jetzt weiß doch gar niemand außer uns, daß Evelyn in

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