Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry
Lucy Fox zu ihrem Boardinghouse zu begleiten.
„Lassen Sie niemand in das Zimmer“, schärfte er den beiden Uniformierten ein. „Warten Sie vor der Tür, bis die Kommission eintrifft!“
Zum zweitenmal in dieser Nacht ging Lucy Fox zwischen zwei Konstablern dahin. Aber diesmal hatte sie gegen ihre Begleiter nichts einzuwenden. Sie war glücklich, den Weg nicht allein gehen zu müssen. Das Boardinghouse tauchte am Ende der Straße auf. Das graue Gebäude kam in dieser Nacht nicht zur Ruhe. Zahlreiche Fenster waren hell. Vor der Tür wartete der Portier und reckte aufgeregt den Hals.
„Was ist denn jetzt schon wieder passiert?“ jammerte er. „Dieses Frauenzimmer bringt mich noch um meinen Verstand. Seit sie hier wohnt, geht es hier zu wie in einem Bienenkorb.“
Die Konstabler ließen den aufgebrachten Mann einfach stehen. Sie schoben Lucy Fox durch die winzige Vorhalle und geleiteten sie die Treppe hinauf. Im zweiten Stock verhielten sie ihre Schritte. Sie entdeckten den regungslosen Mann, der starr und verkrümmt auf dem nackten Fußboden lag. Lucy Fox begann wieder von neuem zu schluchzen. Sie lehnte sich erschöpft an die Wand und schloß die Augen, um das gräßliche Bild nicht mehr sehen zu müssen. Bereits nach etwa zehn Minuten traf die Mordkommission ein. Es waren vier Beamte und ein Polizeiarzt. Als letzter erschien auch Kommissar Morry noch auf der Bildfläche. Er warf einen raschen Blick in das Zimmer, musterte flüchtig den Toten, dann trat er auf Lucy Fox zu.
„Es ist Reginald York, nicht wahr?“ murmelte er.
„Ja, Sir!“
„Sie haben ihn mit hierhergenommen?“
„Ja, Sir!“
„Kamen Sie aus der Sidney Bar?“
Lucy Fox nickte. „Hätte ich gewußt, was uns hier erwartet, Sir, so wäre ich allein nach Hause gegangen“, schluchzte sie. „Es läßt sich nie wiedergutmachen. Die Cops sind an allem schuld. Sie haben mich weggeschleppt.“
Das Gespräch fand ein jähes Ende. Aus dem Zimmer klang die aufgeregte Stimme des Polizeiarztes. „Kommen Sie, Sir!“ rief er Kommissar Morry zu. „Der Mann lebt noch. Der Puls geht zwar verdammt schwach, aber deshalb ist noch nichts verloren. Wir beginnen sofort mit den Wiederbelebungsversuchen...“
„Mein Gott!“ stöhnte Lucy Fox. „Wenn das wahr wäre...“
Sie trat hinter dem Kommissar in die offene Tür und blickte auf Reginald York, den man gerade auf das Sofa bettete. Man hatte die Schlinge von seinem Hals gelöst und den Anzug über der Brust aufgerissen. Alkohol wurde auf die bleichen Lippen geträufelt. Eine Injektionsnadel fuhr in den entblößten Oberarm des regungslosen Mannes. Ein Konstabler schleppte eine Flasche mit Kampfer herbei. Es begann ein fieberhaftes Treiben.
„Wir haben Glück“, sagte der Polizeiarzt nach einer Weile in freudiger Erregung. „Anscheinend ist der Mörder bei seinem schändlichen Tun gestört worden. Er konnte sein Opfer nicht zu Tode würgen. Er mußte flüchten . . .“
Eine volle Stunde lang mühten sich die Beamten und der Polizeiarzt ab, bis Reginald York endlich wieder zum Bewußtsein erwachte. Er blickte verwirrt um sich. Er griff ächzend mit beiden Händen an den Hals. Die Zunge lag trocken und geschwollen in seinem Mund. Er konnte kaum sprechen. Verständnislos stierte er in die Gesichter der Beamten. Erst als er Lucy Fox entdeckte, begriff er allmählich, wo er war.
Kommissar Morry trat rasch an sein Lager. Er setzte sich behutsam auf den Rand. Forschend blickte er auf den Mann, den der Tod in letzter Sekunde noch einmal freigegeben hatte.
„Sie sind der erste“, murmelte Morry, „den diese tödliche Schlinge am Leben ließ. Sie sind der einzige, der den Mörder sah und nicht starb. Wer war es? Joseph Hattan?“
„Ja“, stammelte Reginald York mit entsetzten Augen. Und plötzlich stand das gräßliche Geschehen wieder deutlich vor ihm. Er schielte unruhig in alle Ecken, als hielte sich der Mörder noch immer im Raum verborgen.
„Es war Joseph Hattan“, murmelte er. „Ich erkannte ihn ganz deutlich. Er sah genauso aus wie früher, als er noch in der Sidney Bar verkehrte.“
„Warum kam er zu Ihnen?“ fragte Kommissar Morry gespannt. „Warum haßte er Sie? Ich dachte, Sie waren früher sein Freund? Haben Sie ihm nicht den Tip gegeben, in die Villa Calvin einzubrechen?“
Reginald York verfärbte sich. Ein irres Lallen kam aus seinem Munde. Seine Hände fielen schlaff herab.
„Er ist ohnmächtig geworden, Sir“, murmelte der Polizeiarzt. „Sie müssen Ihr Verhör
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