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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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muß mitkommen.“
    Nach dieser Aufforderung verlor Lucy Fox alle Höflichkeit. Sie begann zu schimpfen wie ein Marktweib. Fluchend und keifend zog sie ihren Mantel an. Da sie keinen passenden Hut zur Hand hatte, band sie ein Kopftuch über die flammenden Haare.
    „Wart’ hier auf mich, Kleiner“, sagte sie zum Abschied. „Ich bin sicher bald zurück. Die Bullen können mir nichts anhaben.“
    Sie wurde abgeführt und von zwei diensteifrigen Konstablern in das nächste Revier eingeliefert. Dort stand sie nun vor dem Wachhabenden und mimte wieder den Unschuldsengel.
    „Ich werde mich beschweren“, sagte sie nun schmollend. „Warum schleppt man mich hierher? Habe ich etwas Unrechtes getan? Ist es , ein Verbrechen, wenn man seinen Bräutigam...?“
    Der Wachhabende blätterte in einem Buch. Er ließ sich Zeit. Er tat alles umständlich und geräuschvoll. „Sie waren schon achtmal hier, Miß Fox“, sagte er schließlich. „Und jedesmal war es ein anderer Bräutigam, den Sie auf Ihrem Zimmer hatten. Warum heiraten Sie nicht endlich? Es wäre das Beste für Sie. Dann hätte dieser tolle Betrieb einmal ein Ende.“
    „Als Ehefrau“, sagte Lucy Fox ehrlich, „will mich keiner haben, Sir! Die Männer, die ich bisher in der Sidney Bar kennenlernte, blieben alle nur eine Nacht bei mir. Am nächsten Morgen verdrückten sie sich still und heimlich aus meiner Bude. So bin ich leider gezwungen, mir immer wieder einen neuen Bräutigam zu suchen.“
    „Nehmen Sie Geld von den Männern?“ fragte der Beamte streng.
    Lucy Fox hob entrüstet die Brauen. „Wofür halten Sie mich, Sir?“ fragte sie mit gutgespielter Empörung. „Wenn ich mich nach Liebe sehne, dann lasse ich mich noch lange nicht kaufen. Ich gebe mich nur mit Männern ab, die meinem kultivierten Geschmack entsprechen. Reginald York, zum Beispiel, ist der Neffe eines Lords. Es erfüllt mich mit Stolz, die jungen Leute des Hochadels .. .“
    Es wurde dem Wachhabenden zuviel. Er klappte energisch sein Buch zu. „Sie werden wieder von uns hören, Miß Fox“, knurrte er wortkarg. „Gehen Sie jetzt! Schicken Sie den jungen Mann nach Hause. Vielleicht ist er inzwischen freiwillig gegangen.“
    Lucy Fox durfte verschwinden. Sie tat es mit sichtlicher Eile. Hastig lief sie die kurze Strecke zum Boardinghouse zurück. Die Razzia war inzwischen beendet worden. Nur der Nachtportier stand noch unter der Tür und blickte mißbilligend die Straße hinunter. Als er Lucy Fox entdeckte, holte er tief Luft und setzte zu einer gewaltigen Strafpredigt an. Aber das Mädchen schob ihn einfach zur Seite. Mit langen Sätzen stürmte sie die Treppe hinauf. Atemlos kam sie vor ihrem Zimmer an. Die Tür stand halb offen. Helles Licht fiel heraus auf den Korridor.
    Rasch trat Lucy Fox über die Schwelle. „Hallo, Reginald“, wollte sie sagen. „Da bin ich wieder.“
    Aber die Worte blieben ungesprochen. Sie erstickten ihr in der Kehle. Sie brachte nur ein brüchiges Lallen über die Lippen. Entgeistert wich sie an die Tür zurück. In ihre Augen trat ein irres Flackern. Sie begriff nichts mehr. Sie konnte nicht glauben, was sie sah. Verständnislos stierte sie auf Reginald York, der unmittelbar vor ihren Füßen lag. Er bot einen gespenstischen Anblick. Das dunkle Haar hing strähnig und schweißverklebt in die bleiche Stirn. Das teigige Gesicht zeigte die Farbe des Todes. Um den zerschundenen Hals lief ein grober Hanfstrick. Der Mund war zum Schreien geöffnet. Die Züge waren in Schmerz und Todesfurcht erstarrt. Wie von Sinnen stürmte Lucy Fox die Treppe hinunter. Sie hörte kaum, was der Portier hinter ihr herschrie. Sie hetzte an ihm vorbei. Sie lief zum Polizeirevier, aus dem sie eben erst gekommen war. Der Wachhabende saß noch immer genauso hinter der Schranke, wie sie ihn verlassen hatte. Er hob erstaunt den Blick.
    „Was wollen Sie nun schon wieder?“ fragte er ärgerlich.
    Lucy Fox berichtete in abgerissenen Worten von ihrem entsetzlichen Erlebnis. Sie schluchzte in einem fort. Ihr Gesicht war auf einmal bleich und ausgehöhlt.
    „Das haben Sie nun davon“, keuchte sie. „Hätten Sie mich nicht aus meinem Zimmer geholt, so wäre das alles nicht passiert. Der Mord geht auf Ihr Konto. Sie allein sind schuld, daß Reginald York...“
    Der Wachhabende beendete mit einer Handbewegung ihren Redestrom. Er griff zum Telefonapparat und verständigte die Mordkommission Scotland Yards. Gleich darauf rief er zwei Konstabler aus dem Bereitschaftsraum herbei und befahl ihnen,

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