Der Mann, der's wert ist
die besten Rabatte.
In der Mittagspause rief ich
Benedikt an. Er war überhaupt nicht begeistert: »Jeder, der dieses Hotel sieht,
kommt auf die Idee, daß man es renovieren sollte. Wir haben hier im Büro
genügend zu tun, auch ohne die sensationellen Ideen deiner Freunde. Wenn die
Chefin bisher nichts machen lassen wollte, warum dann jetzt? Nur wegen Tanja?«
Seufzend mußte ich zugeben, daß
das ein Problem war.
»Wart erst mal ab, was die
Chefin sagt!«
Frau Schnappensiep war, als sie
am Mittwochmorgen kam, begeistert. »Eine großartige Idee«, rief sie, und genau
das hätte sie schon immer gesagt, nämlich, daß man aus dem Hotel etwas machen
müsse. Und wenn die junge Dame von der Bank so vertrauenswürdig sei, wie Rufus
meine, dann sehe sie allen Vorschlägen gerne entgegen. Allerdings hätte sie
überhaupt keine Zeit, sich um irgendwas zu kümmern. Und es sei ganz großartig,
daß ich so enge Verbindungen zu einem so renommierten Architektenbüro hätte.
Und dann sagte sie wortwörtlich zu mir: »Sie müssen das machen! Ich seh es
Ihnen an, Sie haben Kunst im Blut!«
Vor Freude konnte ich nicht mal
zustimmend nicken.
Aber als ich Benedikt anrief,
sagte er nur: »Wart erst mal ab, ob die Bank überhaupt Geld gibt.«
50. Kapitel
Dieser Freitag war mein
schönster Tag seit langem. Eigentlich der schönste Tag, seit wir hergezogen
waren. Morgens beehrte uns Frau Schnappensiep mit einem hektischen Kurzbesuch:
Frau Kachel — also Tanja — hätte sie angerufen und würde heute abend persönlich
die Kreditangebote im Hotel vorbeibringen. Leider hätte sie keine Zeit, sie
hätte mit ihrem Mann gesellschaftliche Pflichten wahrzunehmen, Rufus solle ihre
Interessen vertreten.
»Es ist mir bekannt, daß Frau
Kachel heute abend kommt«, sagte Rufus nur.
Dann dankte Frau Schnappensiep
mir herzlich für meine tatkräftige Mitarbeit. Ich fand das leicht übertrieben,
freute mich aber trotzdem.
Von ihrem Lob beflügelt, fuhr
ich in der Mittagspause mit dem Bus zu jener Boutique, in deren Schaufenster
seit zwei Tagen ein hochinteressanter Mantel hing. Er war reduziert, aber vom
Bus aus war der Preis nicht zu entziffern. Ich betete, daß er für ein
Zimmermädchen nicht zu teuer sei. Es war ein weiter, schwingender Mantel in
einem strahlenden Blau. Mir war nach strahlendem Blau zumute. Mal was anderes
als Schwarz. Gottseidank war der Mantel noch da, und er war von 850 Mark auf
sage und schreibe 250 Mark reduziert. Das sah man ihm wirklich nicht an. Reine
Schurwolle! Ich fühlte mich in diesem strahlenden Blau wie in einer Wolke, ein
bißchen wie im siebten Himmel. Natürlich ließ ich ihn gleich an.
Sogar Rufus rief entzückt
»Oh!«, als ich in die Hotelhalle einschwebte.
Und Tanja fand den neuen Mantel
auch super. Sie kam um sechs, mit einer todschicken Aktentasche mit zwei langen
Schulterriemen — genau das, was die Karrierefrau braucht.
Wir setzten uns in die Sitzecke
hinter Herrn Hedderichs Verschlag, Tanja holte aus ihrer Aktentasche einen
Stapel Computerausdrucke: »Die maximale Kreditsumme, die meine Bank für das
Hotel Harmonie zu geben bereit ist...«, sie machte eine Pause, beugte sich zu
Rufus, sah ihm in die Augen und sagte: »Drei Millionen.«
Die astronomische Summe
schwebte im Raum, als wäre ein Ufo in die Hotelhalle gesurrt.
»Das ist Wahnsinn«, sagte
Rufus.
»Richtig, das ist Wahnsinn«,
sagte Tanja ernst, »das ist die Maximalsumme. Ich nenne sie nur, damit du
siehst, daß ich die Bank total überzeugt habe, daß das Projekt Hotel Harmonie
zukunftsträchtig und kreditwürdig ist. Aber ein so hoher Kredit würde das Hotel
vermutlich in die Pleite treiben, das sag ich dir ganz ehrlich.« Sie suchte
einen Computerauszug raus: »Ich habe verschiedene Kreditsummen mit
verschiedenen Laufzeiten berechnen lassen, und ich empfehle einen Kredit von
maximal einer Million und einer Laufzeit von mindestens fünfzehn Jahren.«
»Das ist auch Wahnsinn«, sagte
Rufus.
»Das ist realistisch. Der
Kredit erfordert kein Eigenkapital, und die Konditionen sind günstig.«
»Wann ist so ein Kredit
abbezahlt?« fragte Rufus. »Ich kann zwar die Zerfallszeit eines Gesteins
berechnen, aber nicht die Zerfallszeit eines Kredits.«
»Mit deinem paläontologischem
Denken kommst du hier nicht weiter. >Immer nur vorwärtsblicken<, ist das Motto,
wenn man einen Kredit aufnimmt.« Tanja lachte, dann sagte sie wieder in
geschäftsmäßigem Ernst: »Ich
habe mit Frau Schnappensiep telefoniert, sie
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