Der Mann, der's wert ist
Niko.
Ich lachte: Das war Benedikt,
der Hurrikan.
»Violas Onkel war natürlich
beeindruckt, daß ich weder Geld noch Mühe gescheut hatte, trotz Autopanne
pünktlich bei ihm einzutreffen. Unpünktlichkeit kommt teuer in unserem Beruf.
Daß ich die Unterlagen der furchtbar vielen bedeutenden Projekte, die ich
vermutlich gemacht habe, unmöglich durch die Gegend schleppen konnte, als ich
verzweifelt das Taxi suchte, war klar. Das interessierte ihn auch nicht mehr,
nur noch meine Pilotenjacke...«
»Genau«, rief ich, Benedikt
wollte unbedingt eine alte Pilotenjacke beim Vorstellungsgespräch tragen. Zwei
Tage, ehe er zu meinem Onkel fuhr, hatten wir sämtliche Secondhand-Läden nach
einer echten alten Pilotenjacke abgeklappert. Wir fanden sie, allerdings
kostete sie ein Vermögen!
»...die Investition hat sich
bezahlt gemacht. Ich wußte von Violas Vater, daß sein jüngerer Bruder immer
Pilot werden wollte. Ich mit meiner Pilotenjacke gefiel ihm natürlich zehnmal
besser als andere Bewerber in braven Anzügen. Er ist ja selbst ein lässiger
Sportstyp. Als ich ihm dann erklärte, daß ich mich leider sofort entscheiden
müßte, ob ich bei ihm anfange, denn am Monatsende würde mein Uni-Job bei
Professor Ziermann automatisch um ein Semester verlängert, da sagte der Boß:
>Okay, wenn Sie sich sofort entscheiden müssen, muß ich mich auch sofort
entscheiden<.«
»Und wie hast du dein Gehalt
ausgehandelt?« fragte Elisabeth.
»Der Reihe nach, der Chef sagte
wörtlich: >Ich bin ein Geschäftsmann alten Stils, per Handschlag besiegeln
wir nun, daß Sie am 1. September bei mir anfangen. Sie passen in unser
Team.< Aber da sagte ich: >Vor dem Handschlag sollten wir übers Geld
reden<. Ich hab es knallhart direkt gesagt. Und da hat er mir ein Angebot
gemacht, da konnte ich nicht nein sagen.«
»Du mußtest also gar nicht
verhandeln«, sagte Peter.
»Wenn ein Angebot wirklich gut
ist, dann ist es besser, den Chef zu loben, als undankbar rumzufeilschen. Wenn
du ihn lobst, bekommst du bald die nächste Gehaltserhöhung, weil der Chef bald
wieder gelobt werden will.«
»Ich werd an dich denken«,
sagte Elisabeth.
»Du wirst es auch schaffen«,
sagte Benedikt zu ihr.
Elisabeth hat die besten
Chancen beim schicksten Einrichtungsladen, bei Hagen und von Müller, als
Einrichtungsberaterin anzufangen. Ende des Monats wollen sie ihr endgültig
Bescheid geben. »Ich muß den Job bekommen, ich bin total pleite«, seufzte
Elisabeth.
Peter seufzte auch: Er hat
keinen Job in Aussicht. Er hat tolle Lampen entworfen, nur verkaufen kann er
sie nicht. Peter meint, seine Arbeiten müßten für sich selbst sprechen. Traurig
sagte er: »Bisher schweigen meine Arbeiten.«
»Bewirb dich um meinen alten
Job bei Ziermann«, sagte Benedikt zu Peter, »er muß die Stelle neu besetzen.
Zehn Stunden pro Woche, anständige Bezahlung, und Frauen haben bei der
Bewerbung keine Chance.«
»Ich hasse diesen Mann«, sagte
Elisabeth, »erzähl mir Widerliches über ihn.«
Elisabeth wußte zwar, daß
Benedikt seit einem Jahr Hilfsassistent bei Ziermann war, aber mehr nicht, denn
Benedikt hatte mich gebeten, nicht über seinen Job zu reden, sonst hätte ihn
Ziermann wahrscheinlich gefeuert. Außerdem war es für uns sowieso egal: Wir
hatten in den letzten zwei Semestern, seit Benedikt den Ziermann-Job gegen die
Konkurrenz von mindestens einem Dutzend Innenarchitektinnen bekommen hatte,
nichts mehr mit Ziermann zu tun.
Prof. Ziermann hatte Benedikt
einmal vertraulich erklärt, er hätte keine Frau nehmen können, denn egal welche
er genommen hätte, man hätte gemunkelt, er habe ein Verhältnis mit der Dame.
Und da er größten Wert darauf legte, korrekt zu sein, hätte er allenfalls eine
furchtbar häßliche oder behinderte nehmen können, aber die Bewerberinnen seien
ausnahmslos sehr attraktiv und im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte gewesen.
»Da muß Ziermann sehr vorsichtig sein«, sagte Elisabeth, »alle Frauen sind wild
nach einem alten Fettwanst, dem die Haare büschelweise aus den Ohren wachsen.«
Benedikt lachte und erzählte,
daß seine Aufgabe bei Ziermann darin bestand, Artikel aus Fachzeitschriften zu
kopieren. Da es oft Artikel aus alten und seltenen Zeitschriften waren, mußte
er in der Unibibliothek rausfinden, wo es diese Zeitschriften gab. Besonders
kompliziert war es, wenn Ziermann Artikel aus französischen Zeitschriften über
altfranzösische Literatur haben wollte. Benedikt hatte sich monatelang gefragt,
wozu er diesen
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