Der Mann, der's wert ist
Schönheiten-Galerie
kaufen kann, will aber in den Museen anrufen. »Rat mal, was ich vor mir sehe?«
fragt sie. Und ehe ich raten kann: »Meinen Kahnweiler-Tisch. Dreißig Prozent
Rabatt!« Sie kichert: »Gestern ist er gekommen, plus acht Stühle. Hier sieht es
vielleicht aus, traumhaft! Ich wollte dich auch schon anrufen, aber wir haben
so viel zu tun, wir können nämlich zehn Prozent Rabatt zusätzlich bekommen,
wenn wir der Firma Kahnweiler ein Foto unserer repräsentativen Geschäftsräume
zur Verfügung stellen, die wollen einen Prospekt machen, in dem die führenden
Innenarchitektinnen und Innenarchitekten des Landes an ihren Kahnweiler-Tischen
zu sehen sind, deshalb bauen wir gerade alles fürs Foto auf, Peter leuchtet das
Zimmer so aus, daß es wie ein endloser Raum wirkt, und ich werde mindestens so
bedeutend aussehen wie die Leiterin eines Museums für moderne Kunst. Und dann
werde ich Peter fotografieren, daß er aussieht wie der Chef der Bundesbank in
seiner Kommandozentrale. Soll ich dir einen Prospekt schicken lassen? Das wäre
doch auch ein Tisch für dein Foyer.«
»Der ist viel zu groß.«
»Es gibt ihn auch kleiner und
in rund.«
»Und er ist viel zu teuer.«
»Du bekommst über mich dreißig
Prozent.«
»Trotzdem zu teuer. Und farblich
würde er auch nicht passen.«
»Du kannst die Tischplatte in
einer andern Farbe bestellen. Das Metall läßt sich nach Wunsch patinieren.«
»Aber ich brauche einen Tisch,
der das FH auf dem Teppich verdeckt.«
»Dann hängt einfach eine bodenlange
Tischdecke drüber.«
»Elisabeth«, sage ich langsam,
»kannst du mir erklären, warum ich einen Tisch für ein paar tausend Mark kaufen
soll, um ihn dann unter einer Tischdecke zu verstecken?«
Elisabeth denkt nach. »Ich denke,
Hauptsache, man hat ihn.« Dann lacht sie albern, »du hast recht, das war wohl
eine Lektion zum Thema >Wie Liebe blind macht<.«
Ja, das war es. Aber das war
auch die Idee. Einfach über einen runden Tisch eine lange, prachtvolle
Tischdecke legen. Damit wäre das FH unsichtbar. Manchmal kommt man nicht auf
die einfachsten Lösungen. Und eine Tischdecke ist höchstens relativ teuer,
nicht absolut. Ich verspreche Elisabeth, daß ich demnächst, wenn sie weiß, wo
es die Kunstdrucke gibt und ich hier kurz weg kann, nach München fahre, ihren
Tisch bewundere, die Kunstdrucke besorge und bei Hagen und von Müller den
idealen Stoff für die Foyer-Tischdecke.
Schon eine halbe Stunde später
habe ich den Tisch, den ich brauche, ich muß nur in meiner Planung etwas
vertauschen: der ovale Kirschbaumtisch, den ich bisher fürs Foyer vorgesehen
hatte, weil es unser bester Tisch ist, obwohl er eigentlich als Tisch an so
zentraler Stelle nicht gut genug ist, kommt nun in das große Zimmer 18, wo er
wirklich edel wirken wird, und dafür der runde aus 18 ins Foyer. Für den Preis
einer Tischdecke ist ein großes Problem optimal gelöst. Und Rufus, der den
Teppich von Frau Futura mindestens so schön wie einen Saurier findet, ist froh,
daß ihm keine Faser geknickt wird.
Am handwerkerfreien Sonntag
stellen Rufus und ich probehalber die zwei rosa Marmortische ins Foyer. Ich
imaginiere mir dazu die fehlende terrazzogemusterte Sitzgruppe und zwischen den
vorgezeichneten Linien an den Wänden rosaroten Marmor und in der Mitte des
Foyers Frau Futuras Teppich samt rundem Tisch mit, ja, blauer Tischdecke —
trotzdem, irgendwas fehlt. Das Foyer ist so hoch, daß die weiße Decke
vielleicht eine zu große sterile Fläche wird. Vielleicht wird alles anders
wirken, wenn die Wände Farbe haben? Montagfrüh sage ich dem Chef der
Malertruppe, er soll eine Partie marmorieren, damit ich weiter entscheiden
kann.
Und damit beginnt das Desaster.
Drei Tage schmieren er und seine Kollegen abwechselnd an der Wand herum.
Angeblich gibt es viele Möglichkeiten, Marmor zu malen — Tatsache ist, daß sie
keine davon beherrschen. Alle stehen herum und reden dummes Zeug. Herr
Hedderich kennt einen jungen Mann, der kann Marmor malen, daß ihn selbst
Experten nicht von echtem Marmor unterscheiden können.... dann erfahren wir,
daß der junge Mann vor vierzig Jahren, einen Tag nach seiner Verlobung, von
einem Traktor umgefahren wurde, auf der Stelle tot. Die Maler erinnern sich
ebenfalls an ebenfalls verstorbene Maler, die mit verbundenen Augen Marmor
malen konnten — alles, was sie selbst zustande bringen, sieht aus wie an die
Wand geklatschte Erdbeersahnetorte. Schließlich einigen sie sich darauf, daß
alles meine
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