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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Knöchel gekreuzte Riemchen und sahen
wahnsinnig sexy aus, und das Wildleder war fein wie Samt.
    »Ich helfe Ihnen«, rief Rufus
und folgte ihr.
    Ich starrte den beiden
hinterher. Ich wußte sofort, welches von den parkenden Autos ihres war:
Richtig, es war der silberweiße Morgan, das gleiche Modell wie Harald, nur
hatte sie es eben in Silberweiß.
    Sie baute routiniert die
Scheinwerfer auf, leuchtete den Klumpen aus, daß man noch mehr Angst bekam, er
würde einem sofort das Hirn zerschmettern. Sie fotografierte konzentriert,
stellte mehrmals die Scheinwerfer um: in der wechselnden Beleuchtung schien der
Klumpen mal mit der vorderen spitzen Kante zuerst auf den Betrachter zu
knallen, mal schien er einen mit der Seitenkante zu erschlagen.
    »Sie machen das toll«, sagte
Rufus, der bewundernd im Weg stand.
    Selbstverständlich macht sie es
toll, dachte ich, sie ist ein Profi, der für einen Profi arbeitet. Wäre sie
kein Profi, hätte sie Harald nicht zum Fotografieren erwählt.
    »Es gehört zu meinem Beruf,
Gemälde zu fotografieren«, sagte sie bescheiden lächelnd.
    »Ich habe gehört, Sie arbeiten
bei Sotheby’s«, sagte Rufus.
    - Von wem hatte er das gehört,
von mir? Soweit ich mich erinnerte, hatte ich es nur Tanja erzählt.
    »Ja«, lächelte sie, »mein
Spezialgebiet ist Malerei des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Ich
betreue auch Kunden, wenn sie zu unseren Auktionen kommen oder uns zur Beratung
aufsuchen. Und ich glaube, wir könnten unsere auswärtigen Besucher sehr schön
bei Ihnen unterbringen.«
    »Das wäre super«, sagte Rufus
eifrig. »Meinen Sie, Harald wird trotzdem seine Bilder hier aufhängen? Wenn der
Keil weg ist?«
    »Ich bestehe darauf«, sagte sie
mit ihrer Schlagsahnenstimme, »ich habe zur Bedingung gemacht, daß Harald seine
Bilder nicht im Atelier ausstellt, sonst bleiben wir getrennte Leute. Ich will
ihn keineswegs dominieren, es ist in seinem eigenen Interesse, Harald weiß
selbst, wieviel Zeit ihm Auftraggeber stehlen. Und noch mehr Zeit stehlen all
die Kunstkenner, die meinen, sie müßten wissen, wie der Künstler aussieht, um
sein Werk einordnen zu können. Harald darf sich nicht dauernd stören lassen.
Hier die Bilder auszustellen, ist die optimale Lösung.«
    »Warum malt er immer diese
Meteoritenkeile?«
    »Nun, da Sie näher mit seinem
Werk beschäftigt sind, kann ich Ihnen ein sehr privates Motiv verraten, über
das Harald aber nie spricht — man deutet den Keil als Auflehnung gegen seinen
Vater.«
    »Wieso denn das?«
    »Kennen Sie seinen Vater nicht?
Professor Sommerhalter?«
    »Nein.«
    »Professor Sommerhalter ist ein
international bekannter Schönheitschirurg. Harald macht seinem Vater zum
Vorwurf, er hätte Schönheit zum Klischee gemacht, und damit ist Schönheit kein
Thema mehr für die Kunst.«
    »Ach.« Mehr brachte ich nicht
raus.
    »Im Grunde möchte Harald
Schönheit malen, aber die meisten Menschen würden Haralds Werk nur als
zwanghafte Wiederholung des Schaffens seines Vaters sehen. Das ist das
psychologische Denken unserer Zeit — man möchte Harald durch seinen Vater
definieren, nicht durch sein eigenes Werk. Das ist lähmend.«
    »Lähmend«, Rufus nickte ihr in
tiefem Verständnis zu. »Harald muß das Werk seines Vaters negieren, um selbst
schöpferisch sein zu können. Sie wissen selbst, nur was man selbst erschafft,
macht glücklich. Harald als einziges Kind hat es besonders schwer, vom Reichtum
seines Vaters unbeeinflußt zu bleiben. Es ist nicht gut für einen Künstler,
nicht kämpfen
    zu müssen, das macht kraftlos.«
    Ich staunte Waltraud an — alles
an ihr erschien mir vollkommen. Wie hatte ich es wagen können zu glauben, gegen
eine vollkommene Person konkurrieren zu können? Ich murmelte: »Ich fürchte,
Harald ist stocksauer auf mich.«
    »Aber nein«, sagte sie, »er
beginnt heute nachmittag mit der Übermalung. Und die Bilder werden in der Woche
vor der Eröffnung aufgehängt. Ich lasse das durch unsere Experten machen, die
hängen die Bilder ohne die geringste Beschädigung Ihrer Wände auf. Die machen
das perfekt.«
    Ich hatte keinen Zweifel daran.
    Sie machte sechsunddreißig
Aufnahmen von dem Monsterkeil. Dann durfte ihr Rufus helfen, die Scheinwerfer
abzubauen, und durfte sie zum Auto tragen. Zusätzlich gewährte sie Rufus das
große Vergnügen, ein Täßchen Kaffee mit uns zu trinken. »Falls Sie irgendwann irgendwelche
Probleme mit den Bildern haben, rufen Sie mich sofort in meinem Büro an, ich
stehe jederzeit zu Ihrer

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