Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
Vom Netzwerk:
in Bordeaux zur Weinprobe. Medi
liebt Frankreich, sie ist ganz und gar der schöngeistig-intellektuelle Typ.«
    Ich überlegte: »Ich bin
vielleicht der praktisch-schöngeistige Typ.«
    Nora klappte das Album zu. »Die
Fotos von Mercedes scheinen dich nicht sehr zu interessieren. Na ja, hier sind
auch neuere Fotos von Benedikt.«
    Oh ja. Nächstes Fotoalbum. Auf
der ersten Seite ein Gruppenbild vom Abschlußball der Tanzstunde. In der Mitte
der Gruppe, strahlend, Benedikt. Nora zeigte auf eine dunkelhaarige Schönheit
im kurzen Partykleid: »Das war Benedikts Tanzstundenfreundin, sie ist die
Tochter vom Bürgermeister!«
    »Sie sieht gut aus«, sagte ich neidlos.
Benedikt hatte mal geschworen, daß er Frauen mit dunklen Haaren an den Beinen
nicht ausstehen kann.
    »Die Tochter des Bürgermeisters
war verrückt nach ihm. Chancen hat der Junge schon gehabt«, seufzte Nora.
    Dann Fotos vom Abiausflug. Ach,
damals hatte er den orangeblauen Acrylpullover getragen. Nora zeigte auf ein
blondes Mädchen hinter Benedikt: »Das ist die Erbin eines Modehauses in der
Innenstadt. Ganz eng war er mit ihr befreundet.«
    Ich sah mir die blonde Erbin an
— Benedikt hatte mir nie von ihr erzählt—, ich dachte, er macht sich nichts aus
Blondinen. Ich sah die Fingerabdrücke auf dem Foto — man hatte schon häufiger
auf die Erbin des Modehauses gezeigt.
    »Medi nimmt es Benedikt noch
heute übel, daß er die nicht geheiratet hat. Die wär eine Superpartie gewesen.«
    Mir wurde leicht mulmig. War
ich etwa eine schlechte Partie? Freilich, Tochter des Bürgermeisters war ich
nicht gerade. Und kein Modehaus als Erbschaft in Aussicht. Aber immerhin besaß
mein Onkel das renommierte Architektenbüro. Und durch meine Bekanntschaft hatte
Benedikt seinen Job bekommen. Das war schließlich auch was! Außerdem: Mich
liebte er!
    Nora sah entsetzt auf die Uhr:
»Gleich kommt er nach Hause, und ich hab nichts zum Abendessen eingekauft! Und
ich wollte soviel putzen und aufräumen, ehe er kommt!«
    »Ich geh einkaufen«, sagte ich,
»ich weiß schon, wo der Lebensmittelmarkt ist.« Ich ging gern: Ich hatte
furchtbar Hunger. Benedikts Mutter hatte gesagt, ich solle nur ein paar
Kleinigkeiten besorgen, bei der Hitze wolle Benedikt kein warmes Abendessen,
also kaufte ich Salami, Lachsschinken, Käse, Butter, Brot, Bier, Eier und
sonstige Kleinigkeiten.
     
    Kurz nach sechs kam ich zurück,
und Benedikt war schon da. Ich fiel ihm um den Hals.
    »Wie war’s?«
    »Schön war’s. Ich glaub, ich
geh morgen wieder hin.« Benedikt konnte kaum essen, soviel mußte er erzählen.
Mein Onkel — Benedikt nannte ihn »den Faber« — hatte ihn sehr nett den Kollegen
vorgestellt. Und er hatte ihn gleich mitgenommen auf zwei Großbaustellen: ein
Klinikcenter und ein Einkaufscenter. »Alles ganz großes Geld«, schwärmte
Benedikt. Und die bauleitenden Architekten und die anderen Leute auf den
Baustellen waren alle sehr nett zu Benedikt gewesen. Benedikt würde zunächst im
Büro arbeiten, zusammen mit einem älteren Kollegen, Herrn Wöltje, der in der
Hierarchie direkt nach meinem Onkel kam, und einem etwa gleichaltrigen
Kollegen, Detlef Jacobi. Und demnächst würde er an einem Wettbewerb arbeiten,
die Stadt plante ein Altersheim. Es gab noch einen jungen Kollegen: Gerhard
Krift, der hatte derzeit sein Büro auf der Baustelle. Und mit Detlef Jacobi war
er Mittagessen in einem kleinen Lokal gleich neben dem Büro.
    Und das allerbeste: Mein Onkel
fuhr den größten und neuesten BMW!
    Dann mußte Benedikt von meiner
Cousine Angela erzählen. Angela, das verwöhnte Einzelkind von Onkel Georg und
Tante Susi. Benedikt fand, ihm gegenüber sei Angela nicht so affektiert
gewesen. Und eingebildet eigentlich auch nicht. Und sie arbeite nicht als
Sekretärin im Büro, mehr als Dame für alles. Was die Tochter des Chefs eben so
macht. Und Fräulein Faber hätte eine komplizierte Frisur, die Haare irgendwie
geflochten, und sei leicht zu dick, vor allem um die Hüften. Und sie würde an
jedem Finger einen Ring tragen und drei Halsketten übereinander. Und den
Minilederrock, den sie heute getragen hatte, fand er teuer, aber geschmacklos.
An die Bluse oder den Pulli von Fräulein Faber konnte er sich nicht erinnern.
Und, ja, Angela würde als »Fräulein Faber« tituliert.
    »Fräulein Faber! Ich will nicht
mit Fräulein angeredet werden. Ich bin Frau Faber, wenn ich bei euch arbeite.
Auch wenn ich dreieinhalb Jahre jünger bin als Angela.«
    »Da müssen wir aufpassen,

Weitere Kostenlose Bücher