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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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verlangt, daß er sie heiratet.
    Nur: Wie macht man das?
     
     
     

31. Kapitel
     
    Rein zufällig fiel mein Blick
am nächsten Vormittag auf das Wort »Heiratsantrag«, als ich in einer alten
Illustrierten blätterte. Es war eine Serie: »Frauen dieser Welt«, und in der
Überschrift stand: »Sie machte selbst den Heiratsantrag!«
    Darunter las ich: »Ein
jahrzehntelang streng gehütetes Geheimnis des englischen Königshauses wurde
jetzt gelüftet. Die legendäre Queen Victoria machte, als sie gerade zwanzig
Lenze zählte, ihrem späteren Gemahl Prinz Albert selbst den Heiratsantrag!
    Die junge Victoria mußte sich
zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschließen, denn als sie das heiratsfähige
Alter erreicht hatte, war sie bereits gekrönte Königin von England. Die Queen
war von Palastkreisen darauf hingewiesen worden, ihre Herzensangelegenheiten termingerecht
den Regierungsgeschäften unterzuordnen. Das britische Empire könne die
Entscheidung über den Termin der Hochzeit ihrer Herrscherin nicht dem künftigen
Prinzgemahl überlassen.
    Schweren Herzens mußte sich die
junge Königin in diese Rolle fügen, die ihrem weiblichen Naturell so
widersprach. An einem warmen Sommerabend des Jahres 1839 bat sie den eher
schüchternen deutschen Prinzen Albert von Sachsen-Coburg in den Garten des
Buckingham-Palastes. Mit einer knappen Handbewegung befahl sie ihren Hofdamen,
sich zu entfernen.
    Die Königin war ganz allein mit
Albert, als sie ihn frug: >Wollt Ihr mein Prinzgemahl werden?< Als Termin
schlug Victoria den 10. Februar 1840 vor. Der völlig mittellose Prinz, der
nichts besaß als sein blaues Blut, war so überrascht, daß er vor der Königin
auf die Knie fiel und sich einige Tage Bedenkzeit erbat, ehe er den Antrag
annahm. Trotz dieses ungewöhnlichen Heiratsantrags wurde die Ehe sehr
glücklich. Neun Kinder krönten die Liebe von Albert und Victoria.«
     
    Ich hatte keine Regierungsgeschäfte
im Terminkalender, die mich zu so einem ungewöhnlichen Schritt gezwungen
hätten. Allerdings, falls wir im Mai heiraten wollten, dann müßten wir uns bald
um einen Termin beim Standesamt kümmern. Ich hatte gehört, daß der Mai zuerst
ausgebucht ist, da wollen die meisten heiraten. Aber Ende Mai war sicher poch
was frei. Ende Mai, an meinem Geburtstag — das wäre doch ein Argument! Ich sah
sofort im Kalender nach: Leider fiel mein Geburtstag dieses Jahr auf einen
Sonntag, da ist das Standesamt geschlossen. Aber einen Tag nach meinem
Geburtstag wäre genauso gut. Nur, wie sollte ich es Benedikt sagen?
    »Möchtest du mein Mann werden?«
    »Darf ich um deine Hand
bitten?«
    Es geht nicht: Eine Frau tut so
was nicht. Wer behauptet, daß Frauen heutzutage alles machen dürfen, hat
vergessen, daß Frauen keine Heiratsanträge machen dürfen. Eigentlich ist das
blöd: Man darf zwar zu hundert falschen Männern nein sagen, aber den einzig
Richtigen nicht selbst fragen.
    Was Katharina von der Ehefrau
des Vaters von Lara-Joy erzählt hatte, waren sicher nur die Phantasien einer
verlassenen Mutter. Man kann nicht von einem Mann einfach so die Ehe fordern.
»Wie macht das eigentlich Liz Taylor immer?« fragte ich mich und durchsuchte
alle Illustrierten. Aber ich fand keine Antwort.

32. Kapitel
     
    Abends, es war schon nach fünf,
rief wieder Katharina an. »Ich bin’s, die Mutter von Lara-Joy«, sagte sie genau
wie gestern. »Kannst du mal kommen? Es ist dringend. Oder mußt du auf deinen
Typen warten?«
    Es war Freitag, da kam Benedikt
nicht vor zehn vom Volleyball-Training — das sagte ich Katharina allerdings
nicht. »Ich kann jederzeit kommen.«
    Nicht nur um Katharina zu
demonstrieren, daß ich kein allzeit bereites Heimchen am Herd bin, war es mir
sehr recht, daß sie erst so spät angerufen hatte, nein auch wegen Nora! Seit
Benedikt zum Volleyball ging, aß Nora Freitag abends bei Mercedes, aber sie kam
immer vor Benedikt zurück, als käme ihr Junge sonst in ein kaltes, leeres Nest.
Und immer wenn sie kam, fragte sie mich: »Ist Benedikt schon da?« Es wäre eine
nette Abwechslung, würde Benedikt Nora fragen, ob ich schon da bin. Katharinas
Wohnungstür stand offen.
    »Komm rein!« rief sie, »es war
dringend.« Sie saß auf dem Klo! »Lara-Joy war heute so aufgedreht, daß ich den
ganzen Tag keine Minute hatte, aufs Klo zu gehen. Als Mutter muß man seine
Bedürfnisse immer zurückstecken. Und jetzt hab ich ein Abführmittel genommen,
weil ich total verstopft bin.«
    Ich stand neben der nicht
vorhandenen

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