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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wurde hörbar. Ich fuhr herum und sah, dass Mr Chichester seine Kaffeetasse hatte fallen lassen.
    Unsere Gesellschaft brach bald auf. Mrs Blair zog sich zu einem Schläfchen zurück, und ich ging an Deck. Colonel Race folgte mir.
    «Sie sind sehr schwer zu fassen, Miss Beddingfeld. Ich habe Sie gestern Abend beim Tanz überall gesucht.»
    «Ich bin sehr früh zu Bett gegangen», erwiderte ich.
    «Werden Sie heute erneut ausreißen? Oder darf ich Sie um einen Tanz bitten?»
    «Ich würde sehr gerne mit Ihnen tanzen», antwortete ich schüchtern. «Aber Mrs Blair…»
    «Unserer Freundin Mrs Blair liegt nichts am Tanzen.»
    «Und Ihnen?»
    «Mir liegt sehr viel an einem Tanz mit Ihnen.»
    «Oh…!» Es war nur ein nervöses Flüstern. Ich hatte Hemmungen, und trotzdem freute ich mich. Das war jedenfalls etwas anderes, als über fossile Schädelfunde mit alten Professoren zu sprechen. Colonel Race mochte etwa vierzig sein und war genau der Typ von Mann, wie er mir vorschwebte.
    Am Abend tanzte ich mehrmals mit ihm, und als ich mich zurückziehen wollte, schlug er mir einen kleinen Spaziergang auf Deck vor. Wir machten dreimal die Runde und ließen uns dann in zwei Liegestühlen nieder. Kein Mensch war in Sicht.
    Wir unterhielten uns über belanglose Themen.
    «Wissen Sie, dass ich einmal Ihrem Vater begegnet bin, Miss Beddingfeld? Ein sehr interessanter Mann – auf seinem Spezialgebiet. Und für mich hat dieses Gebiet etwas Faszinierendes; ich habe mich, in ganz bescheidenem Umfang natürlich, selbst ein wenig damit befasst. Als ich in der Dordogne-Region war…»
    Und damit bewegte sich unser Gespräch auf vertrauten Bahnen. Colonel Race hatte keine leere Behauptung aufgestellt; er wusste wirklich einiges. Nur einmal beging er einen Fehler, der einem Kenner der Materie niemals hätte unterlaufen dürfen. Er sagte nämlich, der Homo Mousteriensis sei ein Nachkomme des Aurignacmenschen, was kompletter Unsinn ist.
    Es war bereits Mitternacht, als ich mich in meine Kabine zurückzog. Noch lange grübelte ich über den Irrtum von Colonel Race nach. Sollten seine ganzen «Kenntnisse», nur ein gut aufgebauter Schwindel sein, um mich abzulenken? Verstand er in Wirklichkeit gar nichts von Archäologie? Ich schüttelte den Kopf; das erschien mir dann doch unwahrscheinlich.
    Als ich bereits am Einschlafen war, fuhr ich plötzlich wieder auf. Ein neuer Gedanke hatte sich meiner bemächtigt. Hatte er etwa mich auszuhorchen versucht? Waren seine Bemerkungen nur Prüfsteine, um herauszufinden, ob ich mich wirklich auf dem Gebiet auskannte? Mit anderen Worten: Verdächtigte er mich, nicht die echte Anne Beddingfeld zu sein?
    Und wenn ja, weshalb?

12
     
    Aus dem Tagebuch von Sir Eustace Pedler
    Das Leben an Bord hat seine Vorteile; es ist geruhsam und friedlich. Zum Glück bin ich seetüchtig – im Gegensatz zu dem armen Pagett. Er wurde schon grün, als wir noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen hatten. Ich nehme an, mein zweiter so genannter Sekretär ist ebenfalls seekrank. Jedenfalls habe ich ihn überhaupt noch nicht zu Gesicht bekommen. Das kann natürlich auch bloße Taktik von ihm sein. Hauptsache, dass er mich nicht belästigt!
    Die Leute an Bord sind eine fade Gesellschaft. Nur zwei anständige Bridgespieler und eine einzige gut aussehende Frau. Mrs Suzanne Blair. Mit ihr könnte man sich unterhalten, wenn nicht dieser wortkarge, langbeinige Esel ständig an ihren Fersen kleben würde. Colonel Race sieht ganz gut aus, aber er ist unsagbar langweilig.
    Als wir Madeira verlassen hatten, stolperte Guy Pagett wieder an Deck und begann natürlich sofort mit hohler Stimme über Arbeit zu schwatzen. Warum, zum Teufel, soll ich hier arbeiten? Es stimmt schon, dass ich dem Verleger meine Erinnerungen für den Frühsommer versprochen habe, aber warum eigentlich? Wer liest denn solche Bücher!
    Ich versuchte ihn abzulenken.
    «Sie gleichen einem perfekten Wrack, mein Lieber. Sie müssen sich in einem Liegestuhl an der Sonne erholen. Nein, kein Wort mehr darüber, die Arbeit hat eben zu warten.»
    Er ging überhaupt nicht darauf ein, sondern forderte eine Extrakabine zum Arbeiten. Am nächsten Tag erschien er mit grimmigem Gesicht. Der Zahlmeister hatte ihm Kabine siebzehn als Arbeitsraum zugewiesen, aber Pagett hatte die betreffende Kabine nicht beziehen können und war darüber höchst aufgebracht. Er erzählte eine lange Geschichte, wie er und ein Mr Chichester und eine Miss Beddingfeld sich beinahe in die Haare geraten waren.

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