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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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interessiert aber Colonel Race nicht als Heiratskandidat», sagte ich fest. «Ich möchte nur wissen, was er in meiner Geschichte für eine Rolle spielt.»
    «Sie glauben also nicht, dass es sich nur um einen Zufall handelt?»
    «Ganz bestimmt nicht. Er hat uns alle sehr aufmerksam beobachtet, als er sagte, ein Teil der gestohlenen Diamanten sei bei John Eardsley gefunden worden – ein Teil nur, nicht alle. Vielleicht sind das hier die anderen. Oder…»
    «Oder was?»
    Ich gab keine direkte Antwort.
    «Was ist wohl aus dem zweiten jungen Mann geworden?», fragte ich nachdenklich. «Wie war doch sein Name? – Lucas!»
    «Jedenfalls haben wir bereits einiges Licht in die Angelegenheit gebracht: Es sind diese Diamanten, hinter denen man her ist, das ist klar. Und sie sind auch der Grund, warum der Mann im braunen Anzug› die Tänzerin Nadina umgebracht hat.»
    «Er hat sie nicht ermordet!», sagte ich scharf.
    «Natürlich muss er es gewesen sein! Wer denn sonst?»
    «Das weiß ich noch nicht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass er es nicht war.»
    «Bedenken Sie doch: Er ging drei Minuten nach ihr ins Haus, und dann kam er kreidebleich zurück.»
    «Weil er sie tot aufgefunden hat.»
    «Kein Mensch außer ihm war dort.»
    «Entweder war der Mörder bereits im Haus, oder er gelangte auf einem anderen Weg hinein. Er musste ja nicht unbedingt am Pförtnerhaus vorbei; er konnte auch über den Zaun klettern.»
    Suzanne warf mir einen erstaunten Blick zu. «Wer war dieser ‹Mann im braunen Anzug› in Wirklichkeit?», grübelte sie. «Auf jeden Fall ist er identisch mit dem vermeintlichen Arzt an der U-Bahn-Station. Er hat genügend Zeit gehabt, seine Verkleidung abzulegen und der Frau nach Marlow zu folgen. Diese Frau und Carton, Ihr ‹Mottenpulver-Mann›, haben alle möglichen Vorsichtsmaßregeln ergriffen, um sich unbeobachtet in Marlow zu treffen. Sie müssen also Angst vor einer Verfolgung gehabt haben. Und Carton hat den Verfolger erkannt und ist darüber so erschrocken, dass er rückwärts auf die Schienen stolperte. Soweit scheint es doch klar, Anne?»
    Ich gab keine Antwort.
    «Dann fand er als ‹Arzt› bei dem Toten diesen Zettel, aber bei seiner Flucht verlor er ihn wieder. Er folgte der Frau nach Marlow, doch was unternahm er danach? Nachdem er sie umgebracht oder, nach Ihrer Ansicht, tot aufgefunden hatte? Er hat sich doch nicht in Luft aufgelöst!»
    Ich schwieg noch immer.
    «Könnte es wohl möglich sein», überlegte Suzanne laut weiter, «dass er sich auf irgendeine Weise bei Sir Eustace Pedler als zweiter Sekretär eingeschmuggelt hat? Das wäre natürlich eine einmalige Gelegenheit für ihn, ungeschoren aus England hinauszukommen. Aber auf welche Weise hat er Sir Eustace bestochen? Er sieht ganz danach aus, als ob er ihn irgendwie in der Hand hätte.»
    «Ihn oder Pagett?», sagte ich gegen meinen Willen.
    «Sie mögen Pagett nicht, Anne. Sir Eustace behauptet aber, dass er ein sehr tüchtiger und fleißiger Mensch sei. Und wir wissen wirklich nichts Nachteiliges über ihn. Doch weiter mit meiner Vermutung, dass Rayburn, der zweite Sekretär, der ‹Mann im braunen Anzug› ist. Er hatte den Zettel bereits gelesen, als er ihn fallen ließ, und genau wie Sie ist er durch den Fleck im Papier getäuscht worden. Er suchte also am Zweiundzwanzigsten um ein Uhr nachts in Kabine 17 einzudringen, nachdem es ihm nicht geglückt war, sie sich schon vorher – durch Pagett – zu sichern. Auf dem Weg dorthin erhält er einen Dolchstich…»
    «Von wem?», warf ich ein.
    «Von Chichester. Ja, das fügt sich alles ineinander. Schicken Sie ein Kabel an Lord Nasby, Anne, dass Sie den ‹Mann im braunen Anzug› entdeckt haben, und Ihr Glück ist gemacht.»
    «Sie haben Verschiedenes übersehen, Suzanne.»
    «Was denn? Rayburn hat eine Narbe, ich weiß. Aber eine solche Narbe kann auch geschminkt sein. Er besitzt die richtige Größe und Figur. Wie war doch gleich der Ausdruck für seine Kopfform?»
    Suzanne war eine gebildete und belesene Frau, aber ich betete, dass sie in den technischen Ausdrücken der Anthropologie nicht bewandert sei.
    «Dolichozephal», sagte ich leichthin.
    Suzanne blickte mich zweifelnd an. «Sagten Sie wirklich so?»
    «Ja. Es bedeutet langköpfig – ein Schädel, dessen Breite höchstens drei Viertel seiner Länge beträgt», erklärte ich geläufig.
    «Und wie heißt das Gegenteil? Wie heißt ein Schädel, dessen Breite mehr als drei Viertel seiner Länge

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