Der Mann im braunen Anzug
Ihre Depeschen in Geheimschrift übertragen und Ihr Tagebuch abgetippt. Dann wollte ich noch etwas frische Luft schnappen. Der Mann schlich über den Gang, aus der Richtung Ihrer Kabine kommend, Sir. Ich sah sofort, dass etwas nicht stimmte, und folgte ihm.»
«Mein guter Pagett, warum sollte der Mann nicht an Deck gehen, wenn er nicht schlafen konnte? Kein Wunder, dass er Sie niederschlug, wenn Sie den armen Teufel belästigt haben.»
Aber Pagett behauptete steif und fest, dass der Unbekannte um meine Kabine herumgeschlichen sei oder aber sich mit Colonel Race habe treffen wollen. Auf diesem Gang waren nur unsere beiden Kabinen belegt. Schließlich gestand er zögernd, der Überzeugung zu sein, dass sein Angreifer Rayburn gewesen war.
Die ganze Sache ist in der Tat seltsam. Es stimmt, dass wir Rayburn seit unserer Ankunft in Kapstadt nicht mehr zu Gesicht bekommen haben. Im Hotel ist er nicht aufgetaucht. Aber ich werde niemals glauben, dass er vor Pagett ausgerückt ist. Für mich ist das alles sehr ärgerlich. Da habe ich nun zwei Sekretäre, doch der eine hat sich verflüchtigt, und der andere sieht aus wie ein geschlagener Preisboxer. Ich kann mich unmöglich mit Pagett zeigen, sonst werde ich die Zielscheibe des Spotts für ganz Kapstadt. Heute Nachmittag habe ich eine Verabredung, um das billet doux des alten Milray abzuliefern, aber ich kann Pagett in seinem jetzigen Zustand nicht mitnehmen. Der Teufel hole den Burschen und seine Schnüffelei.
Ich bin überhaupt schlechter Laune. Das Frühstück war widerlich, die Gesellschaft ebenso; die dicke Kellnerin ließ mich eine halbe Stunde auf meinen Fisch warten, und dann war dieser kaum genießbar.
Später am Tag
Etwas sehr Ernsthaftes hat sich zugetragen. Ich bin zu meiner Verabredung gegangen und habe den versiegelten Brief ausgehändigt. Von außen sah der Umschlag ganz unversehrt aus – innen aber lag ein leeres Blatt Papier!
Das bringt mich natürlich in eine scheußliche Lage. Der Teufel muss mich geritten haben, dass ich mich überhaupt auf diese Sache einließ.
Pagett macht mich verrückt mit seinen trostreichen Sprüchen. Dabei zeigt er eine gewisse düstere Befriedigung, die ausdrücken will: Sehen Sie, ich habe es ja immer gesagt!
«Es wäre doch denkbar, Sir Eustace, dass Rayburn damals einen Teil Ihres Gesprächs mit Mr Milray gehört hat. Und vergessen Sie nicht, er hat Ihnen nichts Schriftliches vorgewiesen, Sie haben einfach seinen Behauptungen geglaubt.»
«Demnach halten Sie also Rayburn für einen Schwindler?», fragte ich langsam.
Pagett war überzeugt davon. Ich hätte es vorgezogen, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen, doch er unternahm natürlich alle möglichen Maßnahmen, um Beweismaterial gegen Rayburn in die Hände zu bekommen. Er raste zur Polizei, er schickte unzählige Telegramme in die Welt hinaus und mobilisierte eine ganze Armee englischer und holländischer Beamter.
Die Antwort von Milray traf heute Abend ein. Er wusste gar nichts von meinem verschwundenen Sekretär!
Noch später
Pagett ist in seinem Element und sprüht wahre Geistesblitze. Jetzt ist ihm eingefallen, dass Rayburn der gesuchte «Mann im braunen Anzug» sein muss. Wahrscheinlich hat er damit Recht – wie immer. Die ganze Sache ist äußerst peinlich für mich. Je rascher ich nach Rhodesien komme, desto besser. Ich habe Pagett bereits auseinander gesetzt, dass ich ohne ihn fahren werde.
«Sehen Sie, mein Lieber», habe ich ihm erklärt, «es ist wichtig, dass Sie hier an Ort und Stelle bleiben. Wahrscheinlich wird man diesen Rayburn bald fassen, und dann müssen Sie ihn identifizieren. Außerdem habe ich meine Würde als englisches Parlamentsmitglied zu wahren. Ich kann mich nicht mit einem Sekretär sehen lassen, der so deutliche Spuren einer ordinären Prügelei aufweist.»
Daran schluckte er schwer. Dann sagte er: «Der Waggon mit Ihrem Privatabteil wird morgen, Mittwoch, an den Zug angehängt, der um elf Uhr abfährt. Ich habe alle Vorbereitungen getroffen. Wird Mrs Blair eine Zofe mitnehmen?»
«Mrs Blair?», fragte ich erstaunt.
«Sie behauptet, von Ihnen eingeladen worden zu sein.»
Jetzt erinnerte ich mich. Das war auf dem Kostümball. Aber natürlich hatte ich nie damit gerechnet, dass sie das Angebot annehmen würde.
«Habe ich sonst noch jemanden eingeladen?», fragte ich nervös.
«Mrs Blair ist der Meinung, dass Sie auch Colonel Race zum Mitfahren aufgefordert haben.»
Ich stöhnte. «Da muss ich wohl betrunken
Weitere Kostenlose Bücher