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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Haar hing offen herunter. Ich stützte mein Kinn in die Hand und fühlte, wie Harry mich anblickte.
    «Sie sehen aus wie eine kleine Hexe, Anne», sagte er schließlich, und in seiner Stimme klang ein Ton mit, den ich noch nie gehört hatte.
    Er streckte die Hand aus und berührte mein Haar. Plötzlich sprang er auf. «Morgen müssen Sie von hier fort, Anne», rief er. «Sie wissen schließlich selbst, dass dies nicht ewig so weitergehen kann.»
    «Nein, wahrscheinlich nicht», sagte ich langsam. «Wenn Sie wollen, dass ich gehe, gehe ich morgen. Doch wenn Sie möchten, dass ich bleibe, dann bleibe ich!»
    «Führen Sie mich nicht in Versuchung, Anne!», rief er. «Wissen Sie denn, wer ich bin? Ein Verbrecher, der von der Polizei gehetzt wird – ein Verfolgter. Man kennt mich hier als Harry Parker, und die Leute glauben, ich hätte einen weiten Treck durch das Land gemacht. Aber eines Tages zählen sie vielleicht zwei und zwei zusammen – und dann ist es mit einem Schlag aus. Anne, Sie sind so jung und schön. Die ganze Welt steht Ihnen offen – Liebe, Leben, alles. Mein Leben liegt hinter mir, versengt, zerstört…»
    «Wenn Sie mich nicht brauchen…»
    «Sie wissen, wie sehr ich Sie brauche! Sie wissen, dass ich mein Seelenheil dahingäbe, um Sie für immer hierzubehalten. Aber ich muss Sie retten – vor sich selbst und vor mir. Sie werden noch heute fortgehen. Sie werden nach Beira fahren…»
    «Ich gehe niemals nach Beira», unterbrach ich ihn.
    «Sie werden! Und wenn ich Sie selbst hinschleppen müsste. Glauben Sie, ich will jede Nacht mit der fürchterlichen Angst erwachen, dass man Sie vielleicht wieder erwischt hat? Sie müssen nach England zurückkehren, Anne – und heiraten und glücklich sein.»
    «Und was geschieht mit Ihnen?»
    Sein Gesicht wurde hart.
    «Ich habe mein Werk zu vollenden. Fragen Sie mich nicht danach; wahrscheinlich können Sie es erraten. Eines kann ich Ihnen sagen: Ich will meinen Namen reinwaschen oder daran sterben. Und ich werde den Mann umbringen, der versuchte, Sie zu ermorden.»
    «Wir müssen gerecht sein, er hat mich eigentlich nicht in den Abgrund gestoßen.»
    «Das hatte er gar nicht nötig. Ich bin später dem Pfad gefolgt. Alles sah ganz harmlos aus, doch ich konnte an den Zeichen deutlich sehen, dass die Markierungssteine und versetzt worden waren, so dass sie direkt zum Abgrund hinführten.»
    Er hielt inne und fuhr dann in völlig verändertem Ton fort: «Wir haben nie davon gesprochen, Anne, aber jetzt ist die Zeit gekommen, da Sie meine ganze Lebensgeschichte hören sollen – von Anfang bis Ende.»
    «Wenn es Ihnen wehtut, von der Vergangenheit zu sprechen, dann lassen Sie es», sagte ich leise.
    «Ich möchte, dass Sie alles wissen.»
    Einige Zeit saß er schweigend da. Die Sonne war untergegangen, und der samtene Mantel der afrikanischen Nacht hüllte uns ein.
    «Einiges weiß ich bereits», sagte ich zaghaft.
    «Und was?»
    «Ihr wirklicher Name ist Harry Lucas.»

26
     
    «Sie haben Recht», begann er, «mein Name ist Harry Lucas. Mein Vater übernahm als ehemaliger Offizier eine Farm in Rhodesien. Er starb, als ich mein zweites Jahr in Cambridge verbrachte.»
    «Haben Sie ihn sehr geliebt?», wollte ich wissen.
    «Warum fragen Sie das, Anne? Natürlich liebte ich meinen Vater. Wir sagten uns bittere Dinge, als wir uns zum letztenmal sahen, und wir hatten oft Streit wegen meines ausgelassenen Lebens und meiner Schulden, aber ich hing sehr an dem alten Mann.
    Wie sehr, das weiß ich erst jetzt, da es zu spät ist», fuhr er ruhiger fort. «In Cambridge habe ich auch meinen Freund kennen gelernt…»
    «Den jungen Eardsley?»
    «Ja, Eardsley. Sein Vater war einer der prominentesten Männer in Südafrika. Wir verstanden uns von Anfang an sehr gut, mein Freund und ich. Unsere Liebe zu Rhodesien brachte uns zusammen, und beide hatten wir eine Vorliebe für unbetretene Landstriche. Nachdem er Cambridge verlassen hatte, entzweite er sich endgültig mit seinem Vater. Mehrmals hatte dieser seine Schulden beglichen, doch diesmal weigerte er sich energisch. Es kam zu einem bösen Streit zwischen ihnen. Sir Laurence erklärte, er sei am Ende seiner Geduld und würde keinen Finger mehr für seinen Sohn rühren.
    Er solle ihm jetzt beweisen, dass er auf eigenen Füßen stehen könne. Das Ergebnis war, dass wir gemeinsam nach Südamerika fuhren, um dort nach Diamanten zu suchen. Ich will mich nicht über Einzelheiten auslassen, aber wir hatten eine herrliche Zeit. Viel

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