Der Mann im braunen Anzug
ich dies sagte, begann Pagett die ganze Geschichte noch einmal von vorne. Seine Redeweise ist sehr unklar, und es dauerte eine Weile, ehe ich begriff.
Bis zur Essenszeit sah ich ihn nicht mehr. Dann aber stürzte er ganz aufgeregt auf mich zu. Das Ergebnis seines Gestammels war, dass er Rayburn gesehen hatte.
«Was?», rief ich überrascht.
Jawohl, er hatte ihn auf der Straße sofort erkannt. Und natürlich war er ihm gefolgt, das war von Pagett nicht anders zu erwarten.
«Und können Sie sich vorstellen, mit wem er gesprochen hat, Sir? Mit Miss Pettigrew!»
«Was?», rief ich wiederum.
«Ja, Sir. Und dann ist er mit Miss Pettigrew in das Antiquitätengeschäft an der Ecke gegangen…»
Ohne es zu wollen, stieß ich einen Ausruf der Überraschung aus. Pagett sah mich fragend an.
«Es ist nichts», sagte ich. «Fahren Sie fort!»
«Ich blieb draußen stehen und habe eine ganze Ewigkeit gewartet, aber sie kamen nicht mehr heraus. Schließlich ging ich ebenfalls in das Geschäft. Sir Eustace, kein Mensch war dort! Es muss einen zweiten Ausgang auf der Rückseite haben.»
Ich starrte ihn ungläubig an.
«Dann kehrte ich zum Hotel zurück und zog ein paar Erkundigungen über Miss Pettigrew ein.» Pagett senkte seine Stimme wie immer, wenn er vertraulich wird. «Sir Eustace, letzte Nacht sah man einen Mann aus ihrem Zimmer herauskommen!»
Ich hob erstaunt die Brauen. «Und dabei habe ich sie für eine höchst anständige Dame gehalten.»
Pagett fuhr fort, ohne meinen Einwurf zu beachten. «Ich bin hinaufgegangen und habe ihr Zimmer durchsucht. Und was, glauben Sie, habe ich gefunden?»
Ich schüttelte nur den Kopf.
«Dies hier!»
Pagett hielt mir einen Rasierapparat unter die Nase.
«Was tut eine Frau mit einem Rasierapparat?»
Wahrscheinlich liest Pagett die Anzeigen in den Frauenzeitschriften nicht. Ich aber lese sie: Doch ich hatte keine Lust, mich mit Pagett in einen Streit über Miss Pettigrews Geschlecht einzulassen, sondern antwortete nur, der Besitz eines Rasierapparates beweise nicht das Geringste. Pagett ist so entsetzlich rückständig! Es hätte mich keineswegs erstaunt, wenn er auch ein Zigarettenetui als verdächtiges Indiz ausgegraben hätte.
«Ich habe noch mehr Beweise, Sir, was sagen Sie hierzu?» Er zog triumphierend eine Perücke aus der Tasche. «Glauben Sie nun endlich, dass Miss Pettigrew ein verkleideter Mann ist?»
«Mag sein, dass Sie Recht haben, Pagett. Wenn ich an ihre großen Füße denke…»
Da er mich nun überzeugt zu haben schien, schnitt er unvermittelt ein neues Thema an.
«Und jetzt, Sir Eustace, möchte ich mit Ihnen über eine Privatangelegenheit reden. Alle Ihre spitzen Bemerkungen beweisen mir, dass Sie mein Geheimnis entdeckt haben; jawohl, ich war nicht in Florenz! Doch ich hatte immer gehofft, ich sei von Ihnen nicht bemerkt worden.»
«Wo sollte ich Sie bemerkt haben, Pagett?»
«Natürlich in Marlow, Sir!»
«In Marlow? Was zum Teufel haben Sie denn dort zu suchen gehabt?»
«Ich hoffte, dass Sie es verstehen würden…»
«Ich verstehe immer weniger. Können Sie sich nicht etwas klarer ausdrücken? Sie waren also gar nicht in Florenz – und weshalb nicht? Und wo haben Sie die ganze Zeit gesteckt?»
«Sie wussten es also wirklich nicht – und Sie haben mich doch nicht erkannt?»
«Ihr schlechtes Gewissen hat Ihnen offenbar einen Streich gespielt. Mehr weiß ich vorläufig nicht. Also wo waren Sie, wenn nicht in Florenz?»
«Ich fuhr heim – nach Marlow. Ich wollte meine Frau besuchen…»
«Ihre Frau? Ich wusste gar nicht, dass Sie verheiratet sind!»
«Nein, Sir Eustace. Deshalb erzähle ich Ihnen ja die ganze Sache. Ich habe Sie getäuscht! Ich konnte es mir nicht leisten, meinen Posten zu verlieren. Und ich wusste, dass Sie einen ledigen Sekretär vorziehen würden…»
«Das verschlägt mir den Atem. Wo hat denn Ihre Frau all die Jahre gelebt?»
«Wir hatten ein kleines Häuschen am Fluss bei Marlow, ganz in der Nähe Ihres Hauses.»
«Du meine Güte», murmelte ich. «Haben Sie Kinder?»
«Vier Kinder, Sir Eustace.»
Ich starrte ihn an. Das war echt Guy Pagett – heimlich eine Frau und vier Kinder zu haben.
«Wem haben Sie sonst noch von diesem Besuch erzählt?», fragte ich endlich, als ich mich etwas erholt hatte.
«Nur Miss Beddingfeld. Sie stand in Kimberley am Bahnhof, um mich auszufragen.»
32
Annes Bericht
Suzanne widersetzte sich anfangs meinem Plan. Als ich jedoch darauf beharrte, versprach sie, meine Anweisungen
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