Der Mann im braunen Anzug
wahrscheinlich seit vielen Jahren.»
Früher oder später würde sich hoffentlich herausstellen, worüber Pagett eigentlich sprach. Vorläufig begriff ich keine Silbe davon.
«Ein Mensch wie Sir Eustace kann sich natürlich nur schwer in meine Lage versetzen. Ich weiß, dass ich Unrecht tat, aber die Täuschung schien so harmlos. Es wäre weniger peinlich für mich gewesen, wenn er mich direkt gestellt hätte, als dass er mich ständig mit Andeutungen quälte…»
Eine Pfeife schrillte, die Reisenden begaben sich auf ihre Plätze zurück.
«Ja, ja, Mr Pagett. Sie haben sicherlich Recht», unterbrach ich ihn. «Aber Sie haben mir noch immer nicht gesagt, weshalb Sie damals in Marlow waren.»
«Es war unrecht von mir, zugegeben, aber ich dachte, dass unter diesen Umständen…»
«Was für Umstände, Mr Pagett?», rief ich verzweifelt.
Endlich schien Pagett zu merken, dass ich ihm eine klare Frage stellte.
«Entschuldigen Sie, Miss Beddingfeld», sagte er steif, «aber ich sehe nicht ein, was Sie das angeht.»
Er bestieg hastig den Zug. Ich war verzweifelt; was konnte man mit einem solchen Menschen anfangen?
«Natürlich – wenn Ihr Geheimnis so schmachvoll ist, dass Sie sich schämen, darüber zu sprechen», rief ich ihm nach.
Endlich hatte ich den richtigen Ton gefunden. Pagett kam zurück.
«Schmachvoll? Ich verstehe Sie nicht!»
«Dann reden Sie! Reden Sie doch endlich!»
In drei kurzen Sätzen klärte er alles auf. Jetzt kannte ich sein Geheimnis, doch es war nicht das, was ich erwartet hatte.
Langsam ging ich zum Hotel zurück. Dort wurde mir ein Telegramm ausgehändigt; es enthielt genaue Anweisungen, wie ich sogleich nach Johannesburg fahren sollte, oder vielmehr bis zu einer Station in der Nähe der Stadt, wo ich mit einem Wagen abgeholt würde. Doch das Telegramm war nicht mit Andy unterzeichnet, sondern mit Harry.
Ich setzte mich in einen Sessel, um sehr ernsthaft nachzudenken.
31
Aus dem Tagebuch von Sir Eustace Pedler
Johannesburg, den 7. März
Pagett ist eingetroffen, natürlich in Todesängsten. Schlug mir sofort vor, wir sollten so schnell wie möglich nach Pretoria fahren. Ich unterbrach sein Geschwätz mit dem Befehl, die große Schreibmaschine auszupacken. Es war anzunehmen, dass sie auf der langen Reise gelitten hatte, und ich hoffte, dass ihre Instandsetzung ihn einige Zeit beschäftigen würde. Aber ich hatte Pagett wieder einmal verkannt.
«Die Kisten sind bereits ausgepackt, Sir, und die Maschine ist kontrolliert. Alles in bester Ordnung.»
«Von welchen Kisten sprechen Sie?»
«Ich habe die beiden kleinen Holzkisten geöffnet.»
«Zum Teufel, wenn Sie doch bloß nicht so übereifrig wären! Diese beiden Kisten gehen Sie gar nichts an, sie gehören Mrs Blair.»
Pagett schien sehr niedergeschlagen; er hasst es, Fehler zu machen.
«Packen Sie sie also wieder ein», fuhr ich fort. «Danach können Sie ausgehen und sich ein wenig umsehen. Morgen wird Johannesburg wahrscheinlich nur noch eine rauchende Trümmerstätte sein; es ist also Ihre letzte Gelegenheit.» Auf diese Weise hoffte ich, ihn loszuwerden.
«Ich möchte Ihnen noch etwas mitteilen, Sir, wenn Sie die Geduld haben, mir zuzuhören…»
«Nicht jetzt», unterbrach ich ihn hastig. «Im Augenblick verspüre ich nicht die leiseste Lust dazu.»
Pagett zog sich zurück.
«Übrigens», rief ich hinter ihm her, «was befindet sich eigentlich in diesen Kisten von Mrs Blair?»
«Ein paar Felldecken und Pelzhüte, glaube ich.»
«Das hat sie alles unterwegs gekauft. Sonst nichts?»
«Oh, einige Filme und ein paar Kleinigkeiten wie Handschuhe und Schleier und solches Zeug.»
«Wenn Sie kein ausgemachter Dummkopf wären, Pagett, hätten Sie doch sofort merken müssen, dass diese Sachen nicht mir gehören.»
«Ich nahm an, einiges davon stamme aus dem Besitz von Miss Pettigrew.»
«Apropos Miss Pettigrew, was fiel Ihnen eigentlich ein, mir eine derart verdächtige Person als Sekretärin anzuschleppen?»
Ich erzählte ihm von dem Kreuzverhör, das ich gestern durchzustehen hatte. Allerdings bereute ich dies sogleich, denn damit hatte ich Pagetts Schleusen geöffnet. Er witterte schon wieder eine Spur und ließ es sich nicht nehmen, mich mit einer langatmigen Geschichte über eine Begebenheit auf der Kilmorden anzuöden. Es handelte sich um einen Rollfilm und um eine Wette. Der Film sei von einem Steward mitten in der Nacht durch den Ventilator auf ein Bett geworfen worden. Ich hasse jede Art von Wetten, und als
Weitere Kostenlose Bücher