Der Mann im Flur
und festhält, was sie verlassen hat. Sie hält es fest bis zur Grenze des Verschlingens in einer Bewegung ununterbrochenen Saugens. Er versucht nichts Neues mehr. Mit geschlossenen Augen. Allein. Ohne Gesten, schreit er.
Dort oben, der Schrei, die Klage wird greller, sie ist zuerst beinahe kindlich und klingt dann tiefer, sie wird so schmerzbewegt, dermaßen schmerzhaft, daß die Frau von ihm ablassen muß. Sie läßt es los, zieht sich zurück, führt die Schenkel näher an sich heran, spreizt sie und schaut und atmet den feuchten, lauen Geruch. Sie verweilt, das Gesicht in das, was ihm an sich selbst unbekannt ist, hineingedrückt, und atmet lange den widerwärtigen Geruch.
Ich sehe, daß er sie gewähren läßt und von neuem mit ihr schaut. Daß er ihrem Treiben zuschaut, daß er sich ihrer Begierde so sehr hingibt wie es ihm nur möglich ist. Daß er dieser Hungrigen den Mann, der er ist, hinstreckt. Im Haar der Frau schlägt es nun, immerzu kraft der Zuckungen des Herzens.
Er schreit leise eine Klage unerträglichen Glücks.
Der Himmel zieht langsam im Rechteck der offenen Tür vorbei. Er schiebt sich als Ganzes voran, sozusagen in der langsamen Geschwindigkeit der Erde. Die Wolkenmassen mit den festen Konturen werden in Richtung der Unermeßlichkeit mitgerissen.
Mit offenem Mund und geschlossenen Augen ist sie in der Höhle des Mannes geblieben, sie ist zurückgezogen in ihm, fern von ihm, allein, in der Dunkelheit des Körpers des Mannes. Sie weiß nicht mehr genau, was sie tut und was sie sagt, sie hält es immer noch für möglich, es noch anders zu tun. Sie küßt. Da, wo der widerwärtige Geruch herrscht, küßt sie, leckt sie. Sie nennt die Dinge, schimpft, ruft Wörter zu Hilfe. Und dann schweigt sie wieder, wird wütend, macht mit aller Kraft unentwegt weiter bis zu dem Moment, da die Hände des Manns sie zurückstoßen und hintenüberwerfen. Er bewegt sich zu ihr. Er legt sich lange Zeit auf sie, dringt in sie ein, bleibt noch in ihr, regungslos, während sie weint.
Sie haben es gerade genossen. Sie haben sich getrennt. Lange Zeit, am Boden, berührt sich nichts von ihnen. Die Fliesen sind kühl, erfrischend. Sie weint noch, hin und wieder aufschluchzend, Kindertränen.
Er dreht sich langsam zu ihr hin und drückt sie mit seinem Bein an sich. So verweilen sie. Er sagt ihr, daß er sie nicht mehr lieben möchte. Sie antwortet ihm nicht. Er sagt ihr, daß er sie eines Tages umbringen wird.
Nichts mehr außer der Unordnung und Bewegungslosigkeit ihrer aufgelösten Körper, es sei denn, daß er ihr noch sagt, es sei endlos.
Sie liegen im Flur wie Schlafende, während etwas anderes sich beim langsamen Wiedererwachen der Begierde anbahnt. Mit kaum merklichen Gesten sind sie im Begriff, sich einander wieder zu nähern. Die schwitzenden Hautflächen, die sich berühren, die Gesichter, ihr von ihm wiedergefundener Mund. Sie bleiben so, berührt, abwartend liegen. Und dann sagt sie, daß sie geschlagen werden möchte, sie sagt ins Gesicht, sie bittet, komm. Er tut es, er kommt, setzt sich neben sie und betrachtet sie weiter. Sie sagt: geschlagen, mit aller Kraft, wie vorhin das Herz. Sie sagt, sie möchte sterben.
Und nun ist das Rechteck der offenen Tür vom sitzenden Körper des Mannes verdeckt, der schlagen wird.
Von der unbegrenzten Unermeßlichkeit kommt ein Nebel, eine violette Farbe, die schon auf dem Wege von anderen Orten, von anderen Flüssen während der sehr fernen Regenmonsune gesehen wurde.
Die Hand des Mannes hebt sich, sinkt wieder und beginnt zu ohrfeigen. Zuerst sacht, dann hart.
Die Hand schlägt auf die Mundwinkel, und dann schlägt sie immer fester gegen die Zähne. Sie sagt, ja, so ist es richtig. Sie hebt ihr Gesicht, um es den Schlägen besser auszusetzen, sie macht, daß es sich noch mehr entspannt, daß es verfügbarer, dinglicher wird für seine Hand.
Nach etwa zehn Minuten hätten sie beide sich gemeinsam in einer parallelen Präzision aufeinander eingestellt. Er schlägt immer kräftiger.
Die Hand sinkt, schlägt auf die Brüste, den Körper. Sie sagt, ja, so ist es richtig, ja. Ihre Augen tränen. Die Hand haut zu, schlägt, immer treffsicherer werdend nimmt sie eine mechanische Geschwindigkeit an.
Das Gesicht ist nun ausdruckslos, betäubt, es widersteht nicht mehr, sich selbst überlassen, bewegt es sich willfährig um den Hals herum, wie etwas Totes.
Ich sehe, daß der Körper sich ebenso schlagen läßt, daß er aufgegeben wurde, außerhalb allen Schmerzes. Daß der Mann
Weitere Kostenlose Bücher