Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
nicht so schlecht hingekriegt, und auch heute werden nicht viele gute Stücke gleich nach der Premiere wieder abgesetzt. Wenn du wissen willst, was das Publikum will, dann sage ich es dir: Große Kunst bei den extrem seltenen Gelegenheiten, wenn sie geboten wird, aber keine aufgesetzte – dann ist ihnen der gute ehrliche Mord und Totschlag lieber. Das Publikum mag keine Schwindler, und ich auch nicht. Wenn du Dramatiker kennenlernen willst, dann sag’s, und ich mache dich hier mit ein paar guten bekannt.«
Eine kurze Stille entstand, in der er aufstand und sich noch ein Glas einschenkte. Als er ihr dabei den Rücken zudrehte, sagte sie heftig: »Ich will vom Leben auch ein bisschen Glück! Ich will nicht wie du und Mutter werden. Ich will es schön haben. Und egal was du sagst, daran ist nichts Schlimmes!«
Langsam drehte er sich zu ihr um. »Natürlich nicht«, sagte er. »Ich möchte doch nur, dass du es richtig anpackst.«
»Ich brauche keine Hilfe. Jedenfalls nicht von dir. Gerade du solltest keine Vorträge halten!«
»Ich will dir doch keine Vorträge halten«, sagte er. »Ich finde, wir kommen ein wenig vom Thema ab. Ich rede davon, mit Verpflichtungen umzugehen.«
»Ich will nicht mit Verpflichtungen umgehen. Ich will Spaß am Leben haben. Es wird Zeit, dass wenigstens einer in der Familie das hat!«
»Wie sähe es denn für dich aus, Spaß am Leben zu haben?«
»Ich würde Partys geben. Schöne Partys. Ich würde nicht versuchen wollen, die Welt zu verändern. Ich habe keinen Gottkomplex. Ich will einfach nur Spaß haben!«
»Du würdest die Partys sattbekommen«, sagte er.
»Kann sein. Aber dann hätte ich auch Spaß gehabt!«
Sie atmete schwer, und er sah, dass sie aufgewühlt war. »Glaub mir, ich möchte doch, dass du Spaß hast«, sagte er sanft, »aber diejenigen, die vor allem das im Sinn haben, schaffen es nur selten.«
»Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Es muss doch einen Grund geben, dass du mich allein hergebeten hast. So etwas hast du doch noch nie gemacht!«
»Schau mal, Susan«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass du mir und deiner Mutter weiter Vorwürfe machst. Ich gebe gern zu, dass ich eine ganze Menge Fehler gemacht habe und dass eine ganze Menge mit mir im Argen liegt. Ich entschuldige mich nicht bei dir – das wäre sinnlos. Aber auch endlose Vorwürfe sind sinnlos. Das Wesentliche ist, dass wir zusehen, ob wir die Probleme, die doch alltäglich sind, nicht gemeinsam angehen können. Ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, aber ich werde versuchen, dir künftig eine größere Hilfe zu sein.«
»Wie denn?«
»Das weiß ich noch nicht. Wir müssen mal überlegen. Ich habe da einige Ideen. Wenn du möchtest, fände ich es schön, wenn du eine Zeitlang hier wohntest – wir könnten uns dann abends sehen. Vielleicht wäre es ja nett, wenn deine Mutter, du und ich irgendwohin fahren würden. Eines Tages wäre es dann vielleicht möglich, dass ich dir eine Arbeit ganz in meiner Nähe verschaffe, falls du das magst. Wir sollten beide über diese ganze Geschichte nachdenken.«
»Ich will aber nicht mit dir arbeiten!«
»Das musst du auch nicht. Ich überlege einfach nur, wie du an eine Ausbildung kommen könntest, wenn du nicht aufs College willst, und wie wir einander näher kommen könnten.«
»Lass mich einfach in Ruhe. Das hast du doch immer getan!«
»Susan«, sagte er leise, »als ich in deinem Alter war, hatte ich nicht viel Geld, und niemand hat sich weiter um mich gekümmert. Ich hatte gute Möglichkeiten, erwachsen zu werden. Jetzt habe ich viel Geld verdient – ich habe in der Form noch nie darüber nachgedacht, aber ich nehme an, dass es, sollte heute alles, was ich habe, liquidiert werden, wohl über fünf Millionen Dollar wären. Ich weiß, dass es dich schockiert, so über Geld zu reden – bestimmt findest du es ordinär. Aber ich glaube, es ist an der Zeit, Klartext zu reden. So oder so, du bist reich. Das ist nichts, wofür du dich schämen müsstest, auch kein Grund, stolz zu sein oder dir Sorgen zu machen – es ist einfach so. Nun gibt es zwei Arten von reich – töricht reich und verantwortlich reich. Die töricht Reichen habe ich mein ganzes Leben lang gehasst, und ich bin noch keinem begegnet, der längere Zeit töricht reich und glücklich war. Ich habe den Eindruck, dass du auf dem besten Weg bist, töricht reich zu werden. Wenn du so weitermachst, wie deine Mutter es sieht, wirst du dich unglücklich machen. Du wirst eine
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