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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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zwölf sagte er zu dem Filmproduzenten, mit dem er den Vormittag verbracht hatte: »Leider muss ich jetzt weg. Können wir uns morgen sehen?«
    »Ich muss zurück an die Küste«, sagte der Produzent. »Wie wär’s mit Lunch?«
    »Das geht heute leider nicht«, sagte Hopkins. »Ich rufe Sie wieder an.«
    Der Produzent war in der Branche ein wichtiger Mann, und er wirkte verletzt. Hopkins schüttelte ihm die Hand, entschuldigte sich überschwänglich und sauste zum Fahrstuhl. Miss MacDonald hatte ihm ein Taxi gerufen. Er nannte dem Fahrer die Adresse seiner Wohnung und sagte ihm, er solle sich beeilen.
    Als er zu seiner Wohnung kam, schloss er auf und schaute sich rasch in dem großen Wohnraum um. Niemand war da. Er ging durchs Esszimmer und steckte den Kopf in die Küche, wo die Köchin gerade das Mittagessen für zwei machte und die Serviererin einen silbernen Eimer mit Eiswürfeln füllte. »Hat sich Miss Hopkins gemeldet?«, fragte er.
    »Nein, Sir«, sagte die Serviererin. »Den ganzen Vormittag war niemand da.«
    Er ging zurück ins Wohnzimmer und setzte sich. Nachdem die Serviererin das Eis hereingebracht hatte, mixte er sich ein Glas und schaute auf die Uhr. Es war Viertel vor eins. Zwei Tage davor hatte er mit Susan telefoniert, und sie hatte gesagt, sie wolle um halb eins da sein. Nun, jeder konnte sich eine Viertelstunde verspäten. Er schaute aus dem Fenster und bekam es plötzlich mit der Angst, dass sie überhaupt nicht erschien. Ungeduldig stand er auf, ging zu seinem Schreibtisch und nahm den Entwurf einer Werbebroschüre heraus. Er zog einen Bleistift aus der Tasche, setzte sich hin und machte sich daran, sie zu redigieren.
    Nach einer halben Stunde klopfte es zaghaft an die Tür. Er sprang von seinem Stuhl auf, hastete durchs Zimmer und öffnete. Susan stand da. »Hallo«, sagte sie. »Entschuldige die Verspätung. Der Verkehr …«
    »Schon gut!«, sagte er. »Komm rein! Komm rein und setz dich!«
    Zögernd trat sie ins Zimmer, das sie erst ein Mal, vor langer Zeit, gesehen hatte, nachdem ihr Vater mit ihr und ihrer Mutter im Theater gewesen war. Sie war ein zierliches, dunkelhaariges Mädchen mit einer guten Figur, und sie hielt sich beim Gehen merkwürdig ältlich vorgebeugt. Ihr Gesicht war schön, aber weniger wegen einer ungewöhnlichen Symmetrie der Züge als einer hohen Intensität. Sie setzte sich und zündete sich nervös eine Zigarette an. »Du wolltest mit mir sprechen?«, fragte sie.
    »Ja«, antwortete er. »Trink doch etwas. Ein Ginger-Ale? Coca-Cola? Oder etwas anderes? Vermutlich bist du jetzt alt genug, um Alkohol zu trinken, oder?«
    »Sieht ganz so aus«, sagte sie und lächelte. »Ich nehme einen Scotch on the rocks.«
    Er mixte den Drink, fummelte vielleicht ein wenig zu lange mit der silbernen Eiszange und dem kleinen Tablett, auf das er das Glas dann stellte. Nachdem er es ihr gegeben und auch einen Teller mit Kanapees gereicht hatte, kehrte er zu seinem Sessel zurück. Sie blickte geistesabwesend in ihr Glas, als wäre es eine Kristallkugel, in der sie die Zukunft sehen könnte. Sie ist schön, dachte er, und sie ist kein Kind mehr. Ich muss die Sache vorsichtig angehen.
    »Vermutlich hat Mutter dir gesagt, dass ich nicht aufs College will, und jetzt versuchst du, mich zu überreden«, sagte sie plötzlich, ohne aufzublicken.
    »Natürlich nicht!«, sagte Hopkins, ohne zu zögern. »Ich möchte nicht, dass du aufs College gehst, wenn du es nicht möchtest!«
    Er hatte automatisch geantwortet, aus Instinkt und durch lange Übung im Umgang mit Menschen, obwohl er natürlich vorgehabt hatte, sie überreden zu wollen. Überrascht schaute sie ihn an. »Weswegen möchtest du mich dann sprechen?«
    Die Argumente, die er im Sinn gehabt hatte, konnten jetzt also nicht mehr Anwendung finden. »Ich möchte einfach nur allgemein über deine Zukunft sprechen«, sagte er. »Es hat offensichtlich keinen Sinn, dass wir dich aufs College schicken, wenn du nicht willst, aber was willst du dann?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie, anscheinend ein wenig verwirrt. »Ich will heiraten. Vielleicht schon bald.«
    »Jemanden Bestimmtes?«
    »Ich weiß noch nicht recht.«
    »Und nach der Heirat, was dann?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich würde gern reisen«, sagte sie.
    Langsam trank er von seinem Glas. »Ich habe ein Problem, das ich nie mit dir besprochen habe«, sagte er. »Es ist ein ziemlich schwieriges, aber vielleicht sollten wir doch darüber sprechen.«
    »Was denn für ein Problem?«
    »Es ist

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