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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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glaube, Sie haben da einen kritischen Punkt angesprochen. Dieser Entwurf Bill Ogdens klingt daneben, weil er die Aufgabe, eine Kampagne für psychische Gesundheit zu starten, mit deren Ausgestaltung verwechselt. Wie Sie sagen, wird mein Publikum in Atlantic City sicher nicht davon überzeugt werden müssen, dass Probleme mit der psychischen Gesundheit wichtig sind. Aber ebenso aufgesetzt wäre es, wenn ich mal schnell recherchiere und auf einem Gebiet, von dem ich rein gar nichts verstehe, mit allen möglichen Empfehlungen aufwarten würde. Gehen wir doch einmal zum ursprünglichen Zweck der Rede zurück. Ich will ja versuchen, ein Komitee zu bilden, das die Probleme mit der psychischen Gesundheit in die Öffentlichkeit trägt – von diesem Thema verstehe ich auch etwas. Ich gehe nicht nach Atlantic City, um viele Ärzte davon zu überzeugen, dass psychische Gesundheit wichtig ist, sondern um ihnen zu zeigen, dass ich weiß, dass sie wichtig ist. Ich möchte mich gern zu einem Anlaufpunkt machen, Ärzte und ein Komitee von Werbeleuten zusammenbringen. Einer muss das machen, wenn überhaupt etwas mit der psychischen Gesundheit passieren soll, und es sieht so aus, als hätte man dafür mich auserkoren. Es wird keine leichte Aufgabe, aber sie ist notwendig.«
    »Verstehe«, sagte Tom.
    »Ich kann mich also kaum hinstellen und auf Anhieb ein Komitee vorschlagen – das würde übers Ziel hinausschießen und Fehlinterpretationen Vorschub leisten. Vergessen Sie nie, dass immer tausend Zyniker bereit sind, allem, was wir tun, die schlimmsten Motive zu unterstellen. Bevor ich versuche, ein Komitee auf die Beine zu stellen, muss ich mein Interesse und meine Bereitschaft demonstrieren. Diese Rede sollte im Endeffekt aussagen, dass ich das Problem kenne und Gewehr bei Fuß stehe. Weiter nichts. Verstehen Sie?«
    »Ich glaube schon«, sagte Tom.
    »Schön. Wir sind bei dieser Rede weit vom Schuss. Wollen Sie’s noch einmal ganz von vorn probieren?«
    »Sehr gern«, sagte Tom.
    Hopkins wandte sich nun seinem Rührei zu. Das war’s also schon, dachte Tom und empfand eine merkwürdige Enttäuschung. Es ist alles so schnell gegangen, und ich weiß nicht genau, wo wir jetzt stehen. Hopkins aß seine Eier auf und schaute auf die Uhr. »Also, ich muss los – ich werde im Büro erwartet«, sagte er. »Könnten Sie etwas bis zum Wochenende fertig haben?«
    »Jedenfalls versuche ich es«, sagte Tom, und dann noch: »Ich hatte unrecht mit meinem Rat, Sie sollten spezifische Empfehlungen machen – das sehe ich ein.«
    Hopkins lächelte. »Sie haben mir geholfen, bei der Sache einen dichten Nebel zu durchschneiden«, sagte er. »Kann Ihnen gar nicht genug danken!« Fröhlich winkend rutschte er auf seinem Stuhl brüsk nach hinten, dann verließ er, in seinem forschen Gang geradezu trabend, den Raum.
    Als Tom am Abend dann nach South Bay kam, fragte Betsy sogleich: »Hast du mit Hopkins gesprochen?«
    »Ja«, antwortete Tom.
    »Vermutlich hast du ihm gesagt, seine Rede sei toll«, sagte sie bitter.
    »Nein.«
    »Nicht?«, fragte Betsy lebhaft.
    »Es ist überhaupt nicht so gelaufen, wie ich es erwartet hatte«, sagte Tom. »Ich war vollkommen aufrichtig zu ihm, und ich glaube, er auch zu mir. Und mehr noch, er hat den Zweifel beseitigt, den ich immer im Hinterkopf hatte – er hat mir gezeigt, dass er es vollkommen ehrlich damit meint, etwas gegen die Probleme der psychischen Gesundheit zu unternehmen. Dieses ganze Gerede, dass er das Komitee nur wegen der Publicity gründen will, das ist purer Unsinn – das weiß ich jetzt genau.«
    »Du wirkst erstaunt«, sagte sie und lachte. »Fast klingst du enttäuscht.«
    Tom grinste. »Ich weiß auch nicht«, sagte er. »Vielleicht habe ich mir zu viele Gedanken über Hopkins’ Ehrlichkeit und nicht genug über meine eigene gemacht. Jedenfalls werde ich von nun an ganz offen mit ihm reden, und dann sehen wir, was daraus wird. Ich freue mich richtig darauf, diese Rede hinzukriegen.«
    »Gott sei Dank!«, sagte Betsy. »Weißt du, eine Zeitlang habe ich gar nicht mehr gewusst, was für einen Mann ich da geheiratet habe.«
    Tom sah sie durchdringend an. »Lassen wir das jetzt«, sagte er. »Trinken wir erst mal was. Vielleicht mixen wir uns einen Martini?«

30
    Hopkins hatte versucht, einen Tag nachdem er mit seiner Frau gesprochen hatte, mit seiner Tochter zu Mittag zu essen, doch Susan hatte keine Zeit gehabt. Nun sollte er sie in einer halben Stunde in seiner Wohnung treffen. Um Viertel nach

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