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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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ist? Vor allem, weil er praktisch an nichts anderes als an die Arbeit denkt, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr. Alle Genies sind so – daran ist nichts Rätselhaftes. Die großen Maler, die großen Komponisten, die großen Wissenschaftler und die großen Geschäftsleute – sie alle haben die gleiche Fähigkeit, total in ihrer Arbeit aufzugehen. Ich mag Hopkins – ich bewundere ihn. Aber selbst wenn ich könnte, wollte ich nicht so sein wie er. Ich will nicht immer nur das Fernsehgeschäft im Kopf haben, sodass mir nichts anderes mehr wichtig ist. Und ich habe Angst, dass er versucht mich so zu machen, wie er ist, wenn er mir anbietet, sein persönlicher Assistent zu werden, und ich weiß, dass das unklug ist. Das könnte ich nie, und ich wollte es auch nicht.«
    »Machst du das alles nicht schrecklich kompliziert?«, fragte Betsy. »Er hat dir eine bessere Stelle angeboten. Vielleicht gibt’s dazu auch noch mehr Geld.«
    »Kann sein. Aber es ist eben kompliziert! Was wollen wir letzten Endes? Das hat er mich heute Abend gefragt: Was ich will. Ich wollte ihm eigentlich eine klare Antwort geben, aber ich war zu durcheinander, um nachzudenken. Er hat mich gefragt, ob mir Geld wichtig ist, und ich habe ja gesagt, aber vergessen zu sagen, warum. Ich will Geld, damit wir das Leben genießen können, aber einer wie Hopkins will das nicht. Geld interessiert ihn nicht mehr als einen guten Geiger. Er ist völlig versunken in seiner Arbeit – nichts anderes ist ihm wichtig. Man könnte ihn mit Orden oder Bohnen bezahlen, man könnte ihn mitten in die Sahara setzen, er würde trotzdem einen Weg finden, Tag und Nacht zu arbeiten. Etwas an seinem Verhalten heute Abend hat mir Angst gemacht. Es klingt verrückt, aber ich glaube, er will sein eigenes Bild in mir schaffen, und daran habe ich kein Interesse.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Stell’s dir doch mal vor. Hopkins braucht gar keinen persönlichen Assistenten – er hat drei Sekretärinnen, und Ogden und Walker unterstützen ihn schon jetzt, und er hat immer darauf geachtet, sein Verhältnis zu diesen Leuten möglichst unpersönlich zu halten. Die ganze Zeit, die ich ihn nun kenne, hat er sich nicht im mindesten persönlich für mich interessiert. Und jetzt will er mich plötzlich als persönlichen Assistenten haben. Warum?«
    »Weil ihm die Rede gefällt, die du ihm geschrieben hast«, sagte Betsy.
    »Das glaube ich nicht. Wenn er merkt, dass ich nicht so wie er werden würde, hat er mich vielleicht satt – überhaupt könnte er mich ziemlich schnell satthaben. Man weiß nie. Mit so einem zu spielen ist wie einen Tiger streicheln – wenn er einen angreifen will, kann er das jederzeit tun. Und in einer solchen Position möchte ich nicht sein.«
    »Was willst du dann machen – ablehnen?«
    »Nein – das könnte ihn verletzen. Wie gesagt, es ist, als würde man einen Tiger streicheln – man muss ungeheuer vorsichtig sein. Und das Komische ist, ich wäre aus drei Gründen gern sein persönlicher Assistent: Ich könnte etwas lernen, es wäre für alles, was ich später machen wollte, eine gute Empfehlung, und ich mag ihn einfach. Ich glaube, ich nehme sein Angebot an, aber ich muss mir dabei die Daumen drücken – niemand weiß, was einmal daraus wird. Wenn er merkt, dass ich keinerlei Lust habe, so wie er zu werden, könnte er sauer sein – und dann könnte er mich gleich feuern.«

34
    Am nächsten Morgen kam Betsy um Viertel vor sieben ins Badezimmer, als Tom sich gerade rasierte, und sagte: »Ich weiß nicht, was ich machen soll. Janey sagt, sie will nicht zur Schule.«
    »Hat sie auch gesagt, warum?«
    »Nein. Sie ist einfach aufgewacht und hat verkündet, dass sie nicht will. Ich habe ihr gesagt, sie muss, und darauf hat sie einfach gesagt, sie will nicht.«
    »Dann lass sie doch ein, zwei Tage hier«, sagte Tom. »In ihrem Alter wäre das noch nicht so schlimm.«
    »Wenn ich sie zu Hause lasse, wird Barbara auch hierbleiben wollen – sie geht ja auch nicht so besonders gern hin. Eigentlich wäre ich nicht überrascht, wenn sie noch weniger gern hingeht als Janey, aber sie ist eben anders. Sie tut das, was sie ihrer Meinung nach tun muss.«
    »Ich rede mal mit Janey«, sagte Tom.
    »Das Dumme ist, ich kann es dem Kind eigentlich nicht verdenken«, sagte Betsy. »Die Schule sieht so schrecklich aus!«
    Tom wischte sich den Schaum vom Gesicht und ging in das Zimmer, das seine beiden Töchter teilten. Janey saß auf dem

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