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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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wenn Tom etwas zu ihr sagte, antwortete sie mit übertriebener Höflichkeit, was fast schlimmer war als die Kälte, die Ogden an den Tag legte. Die beiden Stenotypistinnen ließen den Blick immerzu zwischen Miss MacDonald und Tom schweifen, als erwarteten sie, dass zwischen ihnen Streit ausbrach. Tom vermisste sein Büro und seine Sekretärin. Von außen betrachtet erschien die Veränderung eher wie eine Herabstufung als eine Beförderung.
    Eine halbe Stunde nachdem Tom an seinem neuen Schreibtisch eingetroffen war, kam Hopkins aus seinem Büro heraus. »Guten Morgen, Tom!«, sagte er aufgeräumt. »Schön, dass Sie jetzt hier sind!«
    »Schön, hier zu sein!«, sagte Tom. Er hatte erst gezögert, ob er Hopkins mit Vornamen anreden sollte. »Mr Hopkins« klang nun unhöflich und förmlich, »Ralph« dagegen dreist. Er vermied, wann immer möglich, beide Namen.
    »Ich habe hier einiges an Korrespondenz, die Sie bitte für mich beantworten wollen«, sagte Hopkins. »Miss MacDonald, Sie können Mr Rath die Morgenpost geben, nachdem ich sie durchgesehen habe, er macht dann die Entwürfe der Antworten.«
    »Ja, Sir«, sagte Miss MacDonald.
    Hopkins verschwand wieder in seinem Büro. Eine Stunde später brachte Miss MacDonald Tom einen Drahtkorb mit ungefähr dreißig Briefen darin. Manche waren Bitten um Spenden, andere schlugen diverse neue Projekte für United Broadcasting vor, wieder andere betrafen komplexe Geschäftstransaktionen, die schon am Laufen waren. Auf Letztere hatte Hopkins in seiner kleinen, sauberen Handschrift »Besprechen« geschrieben. Auf einige der einfachen Bitten hatte er »Ablehnen«, auf andere »Zusagen« geschrieben. Auf noch anderen stand »Vielleicht – keine Verpflichtung eingehen«.
    Tom war von alldem nicht überrascht – er wusste, dass auf die Stufe mit einer Frau, die das Diktat aufnahm, die mit einer folgte, die das Diktieren besorgte. In der Schanenhauser-Stiftung hatte er häufig Briefe für Dick Haver geschrieben. Er rief eine der Stenografinnen zu sich an den Schreibtisch und begann mit den Briefen, die Hopkins dann zur Unterschrift vorgelegt wurden. Den Brief eines neu gegründeten Wohlfahrtsverbands, den Hopkins mit »Ablehnen« beschieden hatte, beantwortete er so: »Die Informationen, die Sie mir geschickt haben, fand ich äußerst interessant, und ich stimme durchaus mit Ihnen überein, dass es sich um ein wichtiges und wertvolles Unterfangen handelt, allerdings ist es nötig, dass wir bei derlei Dingen vorausplanen, und bedauerlicherweise haben wir uns schon so stark bei ähnlichen Projekten verpflichtet, dass wir uns außerstande sehen, das Ihre momentan auf unsere Liste zu setzen. Ich hoffe jedoch sehr, dass Ihr Projekt erfolgreich ist, und zu einem anderen Zeitpunkt würden wir Ihre Bedürfnisse sehr gern in Erwägung ziehen. Mit freundlichen Grüßen, Ralph Hopkins, Vorstandsvorsitzender, United Broadcasting Corporation.«
    Nachdem er mehrere ähnliche Briefe hatte schreiben lassen, schickte er sie in Hopkins’ Büro. Zu seiner Überraschung kamen sie fast postwendend mit sorgfältig verfassten Korrekturen zurück. Die meisten Briefe waren ein wenig freundlicher geworden, ein wenig informeller, aber auf den Brief, der den Wohlfahrtsverband abschlägig beschied, hatte Hopkins an Tom geschrieben: »Nicht mit ihnen übereinstimmen, dass das Projekt wichtig ist, und keinen Erfolg wünschen. Von dem Verein habe ich noch nie gehört. Die könnten meinen Brief als Empfehlung benutzen, und es könnten Schwindler sein.«
    Tom blickte auf und erkannte an dem süffisanten Blick, den Miss MacDonald ihm zuwarf, dass sie die Briefe bis dahin beantwortet hatte und sich darüber freute, dass seine Arbeit der Verbesserung bedurfte. Er rief die Stenografin wieder zu sich und diktierte die Neufassung der Briefe.
    Einige Momente später meldete sich Hopkins bei ihm über die Sprechanlage. »Kommen Sie und bringen Sie den Rest der Post mit«, sagte er. Tom nahm die Briefe, auf die Hopkins »Besprechen« geschrieben hatte, und trat in sein Büro. Hopkins lief auf und ab und wirkte unruhig. »Ich betraue Sie deshalb mit dieser Post, damit Sie lernen, wie ich arbeite, und eine Vorstellung von einigen der Projekte bekommen, die bei uns laufen«, sagte er. »Nehmen wir zum Beispiel diesen Brief von Richardson von der Henkel Manufacturing Corporation. Das ist eine lange Geschichte. Sie stellen Fernsehgeräte her, die unter verschiedenen Markennamen rausgehen. Seit einiger Zeit versuchen wir,

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