Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
Zeit.«
»Ich begreife das nicht!«, sagte Tom. »So war sie gar nicht. So etwas hätte sie nie gemacht, ohne mir davon zu erzählen!«
»Das Gericht wird beide Dokumente prüfen müssen und dann eine Entscheidung fällen.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Das hängt von vielerlei Dingen ab. Es könnte notwendig sein, viele Informationen zu sammeln. Es könnte eine Sache von Monaten sein, vielleicht mehr.«
»Inzwischen wohne ich schon im Haus meiner Großmutter. Was würde passieren, wenn das Gericht es ihm zuerkennt?«
»Er könnte Sie enteignen und vermutlich auch noch rückwirkend Miete von Ihnen verlangen.«
»Ist es legal, dass ich jetzt darin wohne?«
»Wenn eine Immobilie umstritten ist, ist es schwer zu sagen, was man damit machen darf. Ich glaube nicht, dass Mr Schultz versucht, Sie zu enteignen, bevor das Gericht eine Entscheidung trifft.«
»Wie nett von ihm«, sagte Tom bitter. Nach einer kleinen Pause setzte er hinzu: »Dann sollte ich vielleicht Mr Sims bitten, mich zu vertreten – ich brauche ja wohl einen Anwalt, nicht?«
»Das wäre ratsam.«
»Sie würden mich nicht vertreten?«
»Wohl kaum. Ich bin der Richter.«
»Hat Edward, ich meine Mr Schultz, einen Anwalt?«
»Ja. Er wird von einer großen Kanzlei in New York vertreten. Offen gesagt glaube ich nicht, dass er die für diesen Fall bekommen hätte, wenn er ihrer Ansicht nach nicht einen legitimen Anspruch hätte.«
»Na prima«, sagte Tom.
»Sie können die Angelegenheit jetzt nur Ihrem Anwalt übergeben und abwarten«, sagte Bernstein.
Tom sah ihn einen Augenblick hilflos an und stand dann unvermittelt auf. »Dann kann ich jetzt wohl nichts mehr tun«, sagte er. »Ich nehme an, es hat wenig Sinn, Sie jetzt noch nach den Bauvorschriften zu fragen.«
»Sie sind in einer Vier-Hektar-Zone«, sagte Bernstein. »Wollten Sie dort eine Wohnsiedlung bauen, hätten Sie einen ziemlichen Kampf vor der Brust. Damit würde ich nicht beginnen, bis der Nachlass geregelt ist.«
»Danke«, sagte Tom, und ein unvernünftiger Groll gegen Bernstein wallte in ihm auf. »Danke jedenfalls.« Er verließ das Zimmer.
Kaum war er gegangen, trat Bernstein ans Fenster seines Büros und schaute auf die Straße hinab, wo Betsy und die Kinder in dem geparkten Wagen warteten. Er bekam jetzt schon Bauchschmerzen.
»Also, diese Schule ist schrecklich !«, sagte Betsy, kaum dass Tom eingestiegen war und noch bevor er etwas sagen konnte. »Sie ist schmuddelig und überfüllt, und ich finde sie auch nicht sicher. Ich finde es schlimm , die Kinder da hinzuschicken! Wenn es bei uns losgeht, schicke ich sie auf eine Privatschule!«
»Betsy«, sagte Tom, »ich muss dir was Unangenehmes sagen.«
»Was denn?«
»Edward erhebt Anspruch auf den ganzen Besitz, und er sagt, er habe ein Testament, das Großmutter später als das, das wir haben, unterschrieben hat. Er hat eine große Anwaltskanzlei beauftragt.«
»O nein! Aber sie hat dir doch gesagt …«
»Eben.«
»Was wird denn jetzt?«
»Wir müssen es einfach Sims übergeben und das Gericht entscheiden lassen.«
Betsy sagte nichts. »Was ist los?«, fragte Janey.
»Alles in Ordnung, Liebes«, sagte Betsy.
»Was hat Daddy gesagt?«
»Nichts Wichtiges«, sagte Tom. »Wir fahren jetzt heim.«
Er ließ den Wagen an. Auf der Fahrt den Berg hinauf zu dem alten Haus waren alle still. Als sie an die Felsnase kamen, gegen die sein Vater in dem alten Packard geprallt war, schaute Tom bewusst hin – es war lächerlich, wegzusehen. Der Fels war massiv und schrundig, an manchen Stellen dunkelrot getönt, was wahrscheinlich Eisenerz war.
»Entweder hat Edward gelogen oder deine Großmutter!«, sagte Betsy auf einmal, als Tom vor dem Haus anhielt. »Ich weiß, dass es Edward war! Das wird alles gut werden.«
»Verlass dich nicht darauf, Liebes«, sagte er.
Aus irgendeinem Grund wollte er nicht in das düstere alte Haus. Stattdessen ging er allein durch das hohe Gras nach hinten zu der Kiefernreihe. In der Ferne schimmerte die glatte Fläche des Sunds. Die Kinder liefen ihm nach, bis Betsy sie zurückrief. »Lasst euren Vater allein«, sagte sie.
Komisch, dachte er. Ich bin mir immer sicher, dass alles schlecht wird, und verdammt, meistens kommt es auch so.
»Es wird schon alles gut werden!«, sagte Betsy immer.
Klar, dachte er, wir werden hier ein Jahr oder so wohnen, während dieser Fall verhandelt wird, und dann kriegt Edward das Haus und knallt uns eine Rechnung über die Miete dafür hin. Und dann müssen
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