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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Beobachtung von Beta Hydri IV war von oberhalb der Wolkendecke durchgeführt worden. Ausgeklügelte Geräte hatten die Aktivitäten unter der störenden grauen Maske gemessen. Die hydrische Energieproduktion war bis auf eine Fehlermarge von einigen wenigen Millionen Kilowatt bekannt. Ansiedlungen und Städte auf dem Planeten waren kartographiert und die Bevölkerungszahl daraus geschätzt worden. Der Stand der hydrischen industriellen Entwicklung war auf Grund von Messungen der thermischen Ausstrahlung errechnet worden. Eine tatkräftige, ständig wachsende und leistungsfähige Zivilisation befand sich unter der Wolkendecke, deren technischer Entwicklungsstand dem der Erde am Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts ähnlich war. Es gab nur einen deutlichen Unterschied: Die Hydrier hatten nie damit begonnen, ins All vorzustoßen. Das lag an der alles verdeckenden Wolkenschicht. Eine Rasse, die nie am Himmel die Sterne sehen konnte, entwickelte kaum den Wunsch, zu ihnen zu reisen.
    Muller war Zeuge der hitzigen Debatten gewesen, die der Entdeckung der Hydrier gefolgt waren. Er kannte die Gründe, warum ihre Welt unter Quarantäne gelegt worden war. Er begriff nun, daß außerordentlich wichtige Gründe vorliegen mußten, diese Sperre aufzuheben. Da die Erde sich nicht ganz im klaren darüber war, wie und ob sie die Aufnahme von Beziehungen zu Fremdwesen meistern könne, hatte man beschlossen, die Hydrier einstweilen noch in Ruhe zu lassen. Aber nun war dieses Vorhaben umgestürzt worden.
    „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ fragte Muller. „Wird eine Expedition ausgesandt?“
    „Jawohl.“
    „Und wie bald?“
    „Innerhalb des nächsten Jahres, schätze ich.“
    In Muller zog sich alles zusammen. „Unter wessen Führung?“
    „Vielleicht unter Ihrer, Dick.“
    „Warum vielleicht’?“
    „Vielleicht haben Sie kein Interesse daran.“
    „Als ich achtzehn war“, erklärte Muller, „lag ich einmal mit einem Mädchen in einem Wald – auf der Erde, in einer Schonung. Wir haben uns dort geliebt. Es war für mich nicht das erste Mal, aber erst dort hat es in jeder Beziehung hundertprozentig geklappt. Danach lagen wir auf dem Rücken und sahen zu den Sternen hinauf. Und ich sagte ihr, ich wollte zu ihnen und sie besuchen. Sie sagte ‚Oh, wie wunderbar, Dick’. Aber im Grunde hatte ich gar nichts Besonderes gesagt. Jeder Junge in diesem Alter sagt so etwas, wenn er zu den Sternen hinaufsieht. Ich erklärte ihr weiter, daß ich das All erforschen wollte und spätere Generationen sich an mich erinnern würden, wie an Kolumbus, Magellan oder die ersten Astronauten. Ich sagte, ich würde immer in der ersten Reihe stehen, ganz gleich, um was es ging. Und daß ich mich wie ein Gott zwischen den Sternen bewegen wollte. Ich redete unaufhörlich. Etwa zehn Minuten lang sprudelte es aus mir heraus, bis wir beide ganz vom Zauber dieser Vorstellung gefangen waren. Ich drehte mich zu ihr, und sie zog mich auf ihren Körper. Und ich streckte den Sternen meinen nackten Hintern entgegen und beschäftigte mich damit, sie am Erdboden festzunageln. Dies war die Nacht, in der meine Pläne und Ambitionen erwachten.“ Muller lachte auf. „Mit achtzehn kann man Dinge sagen, die später unmöglich sind.“
    „Man kann mit achtzehn auch Dinge tun, die man später nicht mehr vollbringen kann“, sagte Boardman. „Nun, Dick? Sie haben mittlerweile die Fünfzig überschritten, nicht wahr? Und Sie haben die Sterne besucht. Fühlen Sie sich wie ein Gott?“
    „Manchmal.“
    „Wollen Sie nach Beta Hydri IV gehen?“
    „Sie wissen genau, daß ich das will.“
    „Allein?“
    Muller dachte, der Erdboden würde sich unter ihm auf tun.
    Und plötzlich stand in seinem Bewußtsein die Erinnerung an seinen ersten Ausflug in den freien Raum, wo er auch ungehemmt durch das Universum gefallen war.
    „Allein?“
    „Wir haben die ganze Angelegenheit durchgecheckt und sind zu dem Schluß gekommen, daß es zu diesem Zeitpunkt ein Fehler wäre, ein ganzes Rudel Menschen hinabzuschicken. Die Hydrier haben eindeutig und unmißverständlich auf unsere Spionaugen reagiert. Das konnten Sie selbst feststellen: Sie haben sie aufgehoben und zerstört. Uns ist es im Augenblick nicht möglich, ihre Psyche auszuloten, weil wir es noch nie zuvor mit Außerirdischen zu tun gehabt haben. Daher halten wir es für das Sicherste – sowohl was die möglichen Ausfälle an Menschen betrifft als auch was die möglichen Auswirkungen auf ihre Gesellschaft angeht –,

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