Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
legte die Arme um sie und erinnerte sich an das andere Mädchen in jener Nacht vor so langer Zeit in Kalifornien. Er dachte wieder an den wilden Ansturm von Macht, der über ihn gekommen war, als er sich von den strahlenden Sternen abgewandt und dem warmen, willigen Fleisch der geöffneten Schenkel unter sich gewidmet hatte. Muller drückte Marta fest an sich. Sie sah ihn erschrocken an. Er küßte sie auf die Nasenspitze und das linke Ohrläppchen. Sie fuhr vor ihm zurück, stolperte dabei und wäre beinahe Boardman in den Schoß gefallen. Boardman fing sie auf und ließ sie nicht mehr los. Muller sagte: „Du weißt, wie meine Antwort ausfallen muß.“
     
     
    An diesem Nachmittag erreichte ein Sondierungsroboter die Zone F. Sie hatten immer noch ein gutes Stück vor sich. Aber Muller wußte, daß es nicht mehr lange dauern konnte, bis sie das Herz des Labyrinths erreicht hatten.

 
Vier
     
     
     
    „Da ist er ja“, sagte Rawlins. „Endlich!“
    Durch die Augen der Drohne sah er auf den Mann in der Stadt. Mit verschränkten Armen lehnte Muller lässig an einer Mauer, ein großer, wettergebräunter Mann mit einem brutalen Kinn und einer keilförmigen Nase. Er schien durch die Anwesenheit des Roboters nicht aus der Ruhe gebracht worden zu sein.
    Rawlins schaltete die Akustik der Drohne ein und hörte, wie Muller sagte: „Hallo, Robot. Warum störst du mich?“
    Die Drohne konnte natürlich von sich aus keine Antwort geben. Auch Rawlins schwieg, obwohl er über den Roboter eine Botschaft hätte durchgeben können. Er stand nur etwas gebeugt vor dem Terminal, um besser sehen zu können. Die Lider seiner erschöpften Augen zuckten. Sie hatten neun Tage Planetenzeit gebraucht, um eine Drohne durch das ganze Labyrinth ins Zentrum zu bringen. Dieser Erfolg hatte sie fast hundert Drohnen gekostet. Beim Auffinden der sicheren Route war etwa alle zwanzig Meter ein Roboter auf der Strecke geblieben. Aber dieses Ergebnis war gar nicht einmal so schlecht, wenn man daran dachte, daß die Wahrscheinlichkeit, in diesem Irrgarten Fehlentscheidungen zu treffen, sehr hoch war. Aber mit viel Glück, dem sorgfältigen Gebrauch des Schiffscomputers und dem Einsatz einer ganzen Batterie von Sensorgeräten war es ihnen gelungen, den offensichtlichen Fallen und auch denen, die etwas raffinierter angelegt waren, aus dem Weg zu gehen. Und jetzt hatten sie es geschafft, sie waren im Zentrum.
    Rawlins fühlte sich erschöpft. Er hatte die ganze Nacht am Terminal zugebracht und in dieser kritischen Phase, dem Eindringen in Zone A, die Steuerung übernommen. Hosteen war schon vor einiger Zeit zu Bett gegangen. Boardman schließlich auch. Einige wenige Mannschaftsmitglieder hatten immer noch außerhalb des Schiffes Dienst. Rawlins war als einziger Zivilist noch wach.
    Er fragte sich, ob es vorgesehen gewesen war, daß Muller in seiner Schicht aufgespürt wurde. Wahrscheinlich nicht. Boardman würde nicht riskieren wollen, daß ein Unerfahrener in solch einem wichtigen Moment alles vermasselte. Nun, das war ihr Pech. Boardman und Hosteen hatten ihn bei seinem Dienst allein gelassen, und er hatte seine Drohne die letzten Meter hineingeführt. Und jetzt sah er direkt auf Muller.
    Er suchte nach Anzeichen der inneren Qualen, die der Mann durchzustehen hatte.
    Aber sie ließen sich nicht so leicht an seinem Äußeren ausmachen. Muller lebte hier schon seit so vielen Jahren allein, sollte ihm das etwa nicht aufs Gemüt, auf die Seele geschlagen sein? Und diese andere Sache, mit der die Hydrier ihm so übel mitgespielt hatten … das mußte doch noch an seinen Zügen abzulesen sein. Aber so weit Rawlins das erkennen konnte, war nichts zu bemerken.
    Sicher, seine Augen wirkten traurig, und die Lippen waren zu dünnen, schmalen Strichen zusammengepreßt. Aber Ned hatte eigentlich etwas Dramatischeres erwartet, etwas Phantastischeres, eine Widerspiegelung von Agonie in seinem Gesicht. Statt dessen sah er in die runzeligen, indifferenten und irgendwie doch ausdrucksstark wirkenden Züge eines harten, belastbaren Mannes in der zweiten Hälfte der mittleren Jahre. Mullers Haar war ergraut, seine Kleidung sah recht abgewetzt aus. Er selbst wirkte etwas verbraucht und abgenutzt. Aber das war bei einem Mann, der neun Jahre in diesem Exil zugebracht hatte, auch nicht anders zu erwarten. Rawlins vermißte etwas Pittoreskeres, ein abgemagertes, verhärmtes Gesicht vielleicht oder dunkle Augen, hinter denen ein dunkles Geheimnis steckte.
    „Was willst du

Weitere Kostenlose Bücher