Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
zu öffnen. Die Metallteile wiesen Kratzer von kleinen Zähnen auf. Ähnliches ließ sich auch auf den Stiefeln und den Beinen feststellen. Nach wenigen Sekunden war Ned seiner Stiefel und seiner Hose entledigt. Er lag ausgestreckt auf dem Boden, setzte ein schiefes Grinsen auf und bemühte sich, tapfer zu sein. Die Beine sahen übel aus, obwohl keine der Wunden wirklich ernst zu sein schien; es waren halt einfach zu viele. Muller schaltete den Diagnostat ein. Lampen glühten auf, und die Eingabeklappe öffnete sich.
    „Ein altes Modell“, sagte Rawlins. „Damit kenne ich mich nicht aus.“
    „Schieb einfach die Beine vor den Scanner.“
    Rawlins reckte und rührte sich. Seine Beine wurden in blaues Licht getaucht. Im Inneren des Diagnostats ratterte und klickte es. Ein Tupfer wurde auf einem Ausleger ausgefahren und fuhr zielsicher und sanft über Neds linkes Bein, bis er an einem bestimmten Punkt über dem Knie angelangt war. Die Maschine zog den blutbeschmierten Tupfer wieder ein und begann irgendwo im hinteren Teil mit einer Molekularuntersuchung des Abstrichs, während ein zweiter Arm erschien, um Neds rechtes Bein zu desinfizieren und zu reinigen. Rawlins biß sich auf die Unterlippe. Seine Wunden wurden gesäubert und gleichzeitig mit einem Gerinnungsmittel behandelt. Als der Tupfer seine Arbeit beendet hatte, war alles Blut vom Bein verschwunden und die Wunden und leichten Risse in der Haut freigelegt. Das Bein sieht immer noch übel aus, dachte Muller, wenn auch nicht mehr so schlimm wie vorhin.
    Der Diagnostat fuhr eine ultrasonische Nadel aus, die Rawlins eine goldfarbene Flüssigkeit ins Hinterteil injizierte. Nach einer zweiten Spritze, diesmal mit einer bernsteinfarbenen Lösung, die wahrscheinlich ein Breitband-Antibiotikum enthielt, um allen Infektionen vorzubeugen, löste sich Neds Anspannung sichtlich. Wenig später fuhren die vielfältigsten Arme der Anlage aus, um Neds Wunden gesondert und intensiver zu inspizieren und die notwendigen Heilmaßnahmen einzuleiten. Es summte im Diagnostat, dann klickte es dreimal. Danach begann die Anlage damit, die Bißwunden mit einer Sprühmasse zu verschließen.
    „Bleib still liegen“, erklärte Muller. „In wenigen Minuten hast du alles überstanden.“
    „Das hättest du nicht zu tun brauchen“, sagte Rawlins. „Im Camp verfügen wir über ausreichende medizinische Versorgung. Dir gehen ja die Vorräte aus. Du hättest mich von der Drohne ins Lager bringen lassen können, und …“
    „Ich lasse nicht zu, daß diese Roboter hier herumfuhrwerken. Und der Diagnostat besitzt für mindestens fünfzig Jahre Vorräte. Ich werde nur selten krank. Das meiste kann die Anlage synthetisch herstellen, zumindest das, was ich benötige. Solange ich ihr von Zeit zu Zeit Protoplasma eingebe, arbeitet sie zur vollsten Zufriedenheit.“
    „Dann laß uns dir doch wenigstens Nachschub an etwas selteneren Mitteln aus dem Lager schicken.“
    „Schönen Dank, aber kein Bedarf. Barmherzigkeit ist unerwünscht. Aha! Du hast es hinter dir. Wahrscheinlich wirst du nicht einmal Narben zurückbehalten.“
    Die Maschine schaltete sich ab. Rawlins zog die Beine an und sah zu Muller auf. Die Verwirrung war aus den Augen des Jungen gewichen. Muller lehnte lässig an einer Wand. Er rieb sich die Schulterblätter an einer Ecke, wo zwei Wände des sechseckigen Raums zusammentrafen, und sagte: „Ich hätte nicht geglaubt, daß die Tiere dich angreifen würden. Sonst hätte ich dich nicht solange allein gelassen. Hattest du denn keine Waffe dabei?“
    „Nein.“
    „Aasfresser kümmern sich eigentlich nie um lebende Beute. Warum haben sie dich angegriffen?“
    „Das muß am Käfig gelegen haben“, sagte Rawlins. „Er hat den Geruch von fauligem Fleisch ausgestrahlt. Ein Köder sozusagen. Und plötzlich kamen sie von allen Seiten. Ich fürchtete schon, sie würden mich bei lebendigem Leib zerreißen.“
    Muller lächelte. „Nicht uninteressant. Der Käfig kann also auch zur Falle werden. Wir können eine ganze Menge aus deinem kleinen schrecklichen Abenteuer lernen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mir daran gelegen ist, alles über die Käfige in Erfahrung zu bringen. Nicht nur über sie, sondern auch über alle Geräte und Anlagen in meiner Umgebung. Der Aquädukt zum Beispiel. Oder die Kalenderpfeiler. Der Straßenreinigungsmechanismus. Ich bin dir wirklich dankbar, daß du mir geholfen hast, wieder etwas Neues zu lernen.“
    „Da kenn ich noch jemanden, der mit solchen

Weitere Kostenlose Bücher