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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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diese Geste.
    Grönwall gab dem Kellner ein Zeichen. Er bestellte einen Kaffee, Stierna verzichtete.
    »Sie haben da etwas gesagt«, griff Grönwall das Gespräch wieder auf, »bevor Sie auf Ihr Zimmer gegangen sind. Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, aber haben Sie wirklich gesagt, dass Sie in Erfahrung gebracht haben, wer Ingrid Bengtsson ermordet hat?«
    »Ja.«
    »Aber Sie haben ihn doch nie gefasst.«
    Stierna dachte nach, dann fasste er spontan einen Entschluss, wie er es so oft während seiner Dienstjahre getan hatte. Er beschloss fortzufahren, auch wenn er das anfangs nicht geplant hatte. Er würde keine Namen nennen, keine Orte, aber er würde weitergehen.
    »Wir haben ihn nie gefasst. Aber ich weiß, wer er war. Ich habe ihn gefunden.«

1941
    80
    »Eines Nachts stand ich ihr Aug in Aug gegenüber. Wie so oft saß ich auf der Bank auf dem Katarina-Friedhof. Die meisten Fenster mir gegenüber, in der Högbergsgatan, waren dunkel. Es war fast ein Uhr nachts, und es war still. An einem Grabstein lief raschelnd ein Igel entlang. Ich zündete mir eine Zigarette an und lehnte mich zurück.
    Da hörte ich leise Schritte hinter mir. Ich drehte mich um.
    Die Frau ging vorsichtig zwischen den Gräbern entlang. Als wollte sie jene, die darunter ruhten und so tief schliefen, nicht wecken.
    ›Entschuldigung, der Herr … Sie haben nicht zufällig eine Zigarette übrig?‹
    Zuerst konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen, wie sie aussah.
    ›Ja, natürlich‹, sagte ich und schnippte eine Zigarette aus der Packung.
    Sie kam noch etwas näher auf mich zu, und der Schein der Laterne erhellte ihr Gesicht.
    Zuerst erkannte ich sie nicht wieder. Sie war älter geworden, genau wie ich. Ich gab ihr die Zigarette und eine Schachtel Streichhölzer, während ich sie musterte. Dann erkannte ich sie wieder. Sie trug keinen hellblauen Rock und keine weiße Bluse, keine beigefarbene Strickjacke. Nicht wie damals, als ich ihr zum ersten Mal begegnet war.
    Damals war es nicht leicht gewesen, ihr Alter zu schätzen, an jenem Tag Anfang September 1928. Jetzt sah ich, dass sie mittleren Alters war, mit schwachen Augenrändern und Stirnfalten. Die Art, wie sie ging, es war etwas an ihrem Gang, was ich nicht in Worte fassen konnte.
    Jetzt trug sie einen langen, dunklen Mantel, einen Wintermantel. Obwohl der Schnee bereits schmolz, aber die Kälte hing noch in der Luft.
    ›Sind Sie nicht Fräulein Bengtsson?‹
    Sie schien nicht verwundert darüber zu sein, dass ich ihren Namen kannte.
    Sie sah mich unverwandt an.
    ›Kommissar Stierna?‹
    ›Ja‹, antwortete ich. ›Guten Abend.‹
    Sie nickte.
    ›Eine schöne Nacht heute. Die Frühlingsnächte in Stockholm sind schön.‹
    ›Ja.‹
    ›Ich war in der Nähe‹, fuhr sie fast entschuldigend fort, ›ich wohne jetzt hier. In der Högbergsgatan, Nummer zwölf. Ich komme manchmal hierher.‹
    Ich nickte versonnen, wusste, Ingrid lag nicht hier auf diesem Friedhof.
    ›Warum kommen Sie hierher?‹, fragte sie.
    Ich zog an meiner Zigarette.
    ›Ich weiß es nicht‹, antwortete ich.
    ›Aber es gibt niemanden, den Sie hier besuchen?‹
    ›Nein. Meine Verwandten liegen auf anderen Friedhöfen, nicht hier.‹
    Sie schwieg.
    ›Und was machen Sie hier?‹, erwiderte ich die Frage.
    ›Es ist so friedlich hier. Es ist einfach so friedlich. Ich besuche auch kein bestimmtes Grab. Aber gelegentlich fahre ich zum Skogskyrkogården, zum Waldfriedhof. Zu Ingrid.‹
    Ich drückte die Zigarette aus und zündete eine neue an. Reichte Maria Bengtsson nicht die Packung, die Glut ihrer Zigarette zeigte, dass sie erst halb geraucht war.
    ›Waren Sie noch mal dort?‹, fragte sie. ›Auf dem Waldfriedhof?‹
    ›Seit der Beerdigung nicht mehr‹, antwortete ich.
    Mehr konnte ich nicht dazu sagen. Ich wusste, ich würde nicht dort hinausfahren, wenn ich nicht dazu gezwungen wäre. Ich wollte diese Scham nicht spüren.
    Sie setzte sich neben mich, trat die Zigarette aus. Ich gab ihr eine neue, zündete sie ihr an.
    Schweigend saßen wir nebeneinander, es herrschte eine entspannte Stille zwischen uns. Ich weiß nicht, wie lange wir dort saßen. Ich schaute auch nicht auf die Taschenuhr, machte mir nicht die Mühe, nach der Kirchenuhr zu sehen.
    Sie war ganz förmlich, als sie sich verabschiedete.
    ›Adieu, Herr Kommissar.‹
    ›Adieu, Fräulein Bengtsson.‹
    Sie wandte sich zum Gehen, ich rief ihr hinterher.
    ›Fräulein Bengtsson …‹
    Sie drehte sich um.
    ›Ja? Ist noch

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