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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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was?‹
    Ich hielt inne.
    ›Passen Sie auf sich auf‹, sagte ich schließlich.
    ›Ja. Sie auch. Also, adieu.‹
    Sie ging in die Frühlingsnacht.
    Ich rauchte meine Zigarette und sah in den sternenklaren Himmel.
    Ich hatte nicht gefragt, was sie jetzt machte. Nicht, wo sie arbeitete. Nicht, warum sie umgezogen war. Nicht, ob sie verheiratet war und vielleicht wieder ein Kind hatte. Und nicht mehr Fräulein Bengtsson hieß. Ich hatte es nicht geschafft, obwohl ich es gewollt hatte.
    Sie hatte nichts von dem Versprechen erwähnt, das ich ihr nach Ingrids Beerdigung draußen in Sundbyberg gegeben hatte. Als sie mich gefragt hatte, ob ich Hass verspürte. Als ich ihr versprach, dass wir ihn fassen würden. Vor fast dreizehn Jahren.
    Ich weiß nicht, wie lange ich noch auf der Bank zwischen den Grabsteinen sitzen blieb. Zwischen den Gräbern von Menschen, die ich nie gekannt hatte.
    Ich weiß nicht, wie viele Zigaretten ich geraucht habe.«

81
    Der Landjäger Henrik Linnell ließ seinen Blick über das dunkle Wasser schweifen. Seit er vor fünf Jahren in die Gemeinde Bråd gekommen war, hatte es noch nie einen Selbstmord gegeben. Bis jetzt.
    Jemand hatte behauptet – er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wer und in welchem Zusammenhang –, dass Ertrinken eine der friedlichsten Formen des Sterbens sei. Ihm war klar, das war eine Lüge, es konnte kaum schlimmer sein, weil es so lange dauerte. Die Panik, das Gefühl, eingesperrt zu sein. Und dann das eiskalte Wasser im Mai.
    Er trat ein paar Schritte an den Felsrand heran und schaute auf das Wasser, das unter ihm lag.
    Das große Ruderboot mit vier Mann Besatzung war unter ihm zu erkennen. Da saßen der Ruderführer, der Ruderer, der Mann, der die Rettungsleine führte, und ein kleiner, drahtiger Mann, der die Pumpe bediente.
    Der Taucher kam wieder nach oben, die Suchleine in der rechten Hand, während er mühsam achtern die Leiter hochkletterte. Der klobige Metallhelm glänzte im Tageslicht. Der Schlauch, der von der Pumpe zum Helm führte, war mattschwarz.
    Dem Taucher wurde geholfen, den Helm abzunehmen.
    »Landjäger«, rief der Taucher, »sind Sie noch da?«
    Linnell trat noch dichter an den Felsrand.
    »Ich bin da«, sagte er. »Habt ihr ihn gefunden?«
    »Nein, noch nicht. Ist er von da oben gesprungen? Von da, wo Sie jetzt stehen?«
    »Das wurde mir so gesagt«, antwortete Linnell.
    »Dann müssten wir ihn hier finden.«
    »Schon möglich«, erwiderte Linnell. »Aber der Bråden ist reißend und unberechenbar.«
    Der Taucher sagte nichts. Einer der Männer setzte ihm wieder den Helm auf, dann ging es erneut hinunter ins Wasser.
    Linnell konnte die Säge von seinem Standpunkt aus erkennen, vielleicht hundert Meter rechts von den Klippen. Das Sägewerk von Ramberg. Dort hatte Lars Cederin gearbeitet. An diesem Morgen, Donnerstag, den 17. Mai 1941, war er nicht zur Arbeit gegangen. Warum gerade an diesem Morgen, das wusste niemand. Vielleicht würden sie nie eine Antwort auf diese Frage finden. Vielleicht gab es auch gar keine Antwort.
    Der Felsen, von dem Cederin gesprungen war, auf dem Linnell jetzt stand, hatte keinen Namen. Doch das Wasser darunter hatte einen, Bråddjupet, die Tiefe von Bråd. Fast fünfzehn Meter ging es steil nach unten, von der Wasseroberfläche bis zum Meeresgrund. Kein Strand davor. Kein begehbares Ufer, bevor das Meer tiefer wurde. Nur fünfzehn Meter fast senkrecht nach unten. Aus irgendeinem Grund hatte die Natur den See gerade hier so geformt.
    Landjäger Linnell überlegte, welche Informationen er bisher hatte. Lars Cederin, achtunddreißig Jahre alt, vier Kinder und Ehefrau. Er wohnte in Borgnäs, ein paar Kilometer von hier entfernt. War in der Gemeinde Bråd registriert, denn Borgnäs mit seinen wenigen Höfen gehörte dazu. Dieser Mann hatte sich heute Morgen das Leben genommen.
    Cederin hatte unten im Ramberger Sägewerk gearbeitet. Jeden Morgen war er zielstrebig dorthin gegangen, bis auf sonntags, seit über zwanzig Jahren.
    Auch an diesem Morgen hatte er sich wie üblich auf den Weg gemacht, doch kurz vor seinem Ziel war Cederin abgebogen, hatte seinen Weg zum Sägewerk nicht beendet, sich stattdessen an den Rand der Klippen gestellt.
    Ein idealer Platz, wenn man sich das Leben nehmen will, dachte Linnell. Dennoch konnte er es nicht verstehen. Es war kurz nach acht Uhr morgens gewesen, als Cederin sich die Ketten und die Bleigewichte umgehängt hatte. Die hatte er auf einer alten Holzkarre mitgebracht, die er in einem

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