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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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Kriminaldirektor Gustaf Berner bat die Bevölkerung, sich zu melden, falls man etwas im und um den Vasapark, Sankt Eriksplan und in Djurgården beobachtet hatte, und zwar am Abend und in der Nacht zwischen dem zweiten und dritten September.
    Er spürte keine Unruhe.
    *
    Es war nicht weit bis zum Tor. Er registrierte, dass die Nächte kalt wurden. Offenbar war der Sommer endgültig vorbei.
    Eigentlich mochte er die Kälte.
    In dem Haus, in dem er aufgewachsen war, war es fast immer kalt gewesen.

13
    Die Leichenkammer.
    La Morgue.
    Die städtische Leichenhalle in der Hantverkargatan 3 hatte zwei Spitznamen. Fast alle Stockholmer kannten sie. Stierna gefielen sie beide nicht.
    Schweigend gingen sie durch den Park, Maria Bengtsson und er. Wind war aufgekommen, und die Bäume schwankten im Wind.
    Die Tür zur Leichenhalle war geschlossen, aber Stierna wusste auch so, was ihn drinnen erwarten würde. Es kam vor, dass Leichen an den Wänden auf ihren Holzpritschen aufgebahrt lagen, dass aufgequollene Körper von Ertrunkenen neben gerade gestorbenen Säuglingen und Landstreichern auf den Tischen im Obduktionssaal lagen.
    Er hatte sie vorgewarnt, ihr das alles erklärt, aber Maria Bengtsson hatte dennoch niemand an ihrer Seite haben wollen. Niemanden außer denen, die dabei sein mussten.
    Stierna musste dabei sein. Da er auch dieses Mal keinen anderen geschickt hatte, war er derjenige, der die Tür zu dem dunklen Steingebäude öffnete. Er war schon oft hier gewesen, viel zu oft.
    Der Hausmeister saß im Eingang hinter einem Holztisch. Als sie eintraten, schaute er auf.
    »Wen suchen Sie?«
    »Den Amtsarzt Karlström«, antwortete Stierna kurz.
    Der Hausmeister drehte sich zu einer offenen Tür hin um.
    »Er muss irgendwo da drinnen sein. Es geht um das Mädchen, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Stierna.
    »Sie liegt im Obduktionssaal. Die Tür geradeaus.«
    Stierna kannte den Weg.
    Der Obduktionssaal sah genauso aus, wie er ihn in Erinnerung hatte. Mit hoher Decke und großen Fenstern, die zum Norr Mälarstrand zeigten und viel Licht hereinließen.
    Auf einer Bahre lag ein Mann mit Bart, in seinem Anzug, die Wandermütze ordentlich neben sich liegend. Er schien dem Tod auf eine friedliche Art und Weise begegnet zu sein. Auf einer anderen Bahre, unter einem weißen Laken, konnte Stierna einen kahlen Schädel erkennen.
    Sonst war es leer. Keine toten Säuglinge, keine Wasserleichen.
    Fast am Ende des Saals, im Hintergrund, stand Doktor Karlström über eine Holzbahre gebeugt. Er sah älter aus als das letzte Mal, als Stierna ihn auf der Djurgårdswerft getroffen hatte, vor nicht viel mehr als einem Tag. Vielleicht lag es an dem Licht aus den großen Fenstern, das die Dinge scharf hervortreten ließ.
    Der Arzt begrüßte sie förmlich. Zuerst Stierna, dann Maria Bengtsson.
    An den Konturen unter dem weißen Laken konnte der Kommissar erkennen, dass ein Kind darunterlag.
    »Ist es das Mädchen?«, fragte Stierna.
    »Ja.«
    Der Arzt zog langsam das Laken herunter.
    Der Gesichtsausdruck, den Stierna gesehen hatte, als er sie auf dem Werftgelände das erste Mal angeschaut hatte, war verblasst. Trotzdem meinte Stierna die Angst in dem Gesicht des Mädchens noch erkennen zu können. Der Mund war nicht mehr weit geöffnet, die Augenlider geschlossen. Sie hatten das meiste Blut von den Schlägen auf die linke Schläfe weggewaschen und ihr einen Stoffstreifen um den Kopf gewickelt, damit das Schlimmste nicht zu sehen war.
    Maria Bengtsson machte ein paar Schritte rückwärts, es schien, als würde sie nach Luft schnappen. Stierna wartete ab. Es vergingen ein paar Minuten.
    »Das ist sie«, sagte Maria Bengtsson schließlich. »Das ist Ingrid.«
    Stierna ging ein paar Schritte auf und ab. Karlström klopfte ihm auf die Schulter.
    »Die Sachen des Mädchens?«, fragte er. »Was wir bei ihr gefunden haben. Was soll ich damit machen?«
    »Seien Sie so gut und holen Sie sie her. Damit die Mutter sie anschauen kann.«
    Maria Bengtsson stand reglos an der Bahre. Sie murmelte etwas, das Stierna nicht verstand.
    »Wie bitte?«
    »Ist sie vergewaltigt worden? Hat er etwas mit ihr gemacht … als sie noch gelebt hat?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Stierna schließlich. »Wir wissen es noch nicht.«
    Das stimmte. Er wusste es noch nicht. Aber er wusste, was er vor gut einem Tag auf der Djurgårdswerft gesehen hatte. Erinnerte sich an die heruntergezogene Unterhose, die am linken Fuß baumelte.
    Karlström kam mit einem braunen Holzkasten

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