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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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ruhigen Moment hinter dem besten kalten Büfett, das es zur Zeit auf der Welt gab, und erklärte: »Sie kennen dieses scheußliche Zeug, das Sir Miles immer trinkt? Diesen algerischen Rotwein, den das Weinkomitee überhaupt nicht auf der Weinliste dulden dürfte. Sie haben ihn im Club nur Sir Miles zu Gefallen. Nun, er hat mir einmal erklärt, daß sie ihn bei der Marine den >Wutmacher< nannten, denn wenn man zuviel davon trank, wurde man angeblich richtig wütend. In den zehn Jahren nun, die ich das Vergnügen habe, mich Sir Miles’ anzunehmen, hat er nie mehr als eine halbe Flasche von diesem Zeug bestellt.«
    Porterfields gütige, fast priesterliche Miene nahm einen Ausdruck theatralischer Feierlichkeit an, als habe er in den Teeblättern etwas wirklich Fürchterliches gelesen.
    »Und was passiert heute?«
    Lily schloß gespannt die Hände und beugte ihren Kopf näher, damit ihr kein Wort entging.
    »Der alte Herr sagte: >Porterfield, eine Flasche Wutmacher. Verstehen Sie? Eine ganze Flasche.< Selbstverständlich sagte ich nichts, sondern ging und brachte sie ihm. Aber merken Sie sich, was ich sage, Lily, heute vormittag hat Sir Miles einen harten Schlag erlitten, darüber gibt’s gar keinen Zweifel.«
    M verlangte seine Rechnung. Wie gewöhnlich zahlte er, was immer sie ausmachte, mit einer Fünfpfundnote, wegen des Vergnügens, als Wechselgeld neue Pfundnoten, neue Silber- und Kupfermünzen zu erhalten, denn es ist im Blades üblich, den Mitgliedern nur neues Geld zu geben. Porterfield schob den Tisch zurück, und M ging schnell zur Tür, wobei er gelegentliche Grüße mit gedankenverlorenem Nicken oder kurz erhobener Hand beantwortete.
    Es war zwei Uhr.
    Der alte schwarze Phantom-Rolls brachte ihn rasch nordwärts über den Berkeley Square, über Oxford Street und Wigmore Street zum Regent’s Park. M blickte nicht hinaus. Zum hundertstenmal, seit er an diesem Vormittag das Büro verlassen hatte, fragte er sich, ob seine Entscheidung richtig war. Wenn James Bond wieder gesund werden konnte, und M war sicher, daß dieser hervorragende Nervenarzt, Sir James Molony, es zustande bringen würde, so war es lächerlich, ihm einfach wieder normale Aufträge in der Doppelnull-Abteilung zu erteilen. Das Vergangene konnte vergeben werden, aber nicht vergessen - außer im Laufe der Zeit. Für die Eingeweihten würde es schwierig sein, Bond im Hauptquartier umhergehen zu sehen, als ob nichts vorgefallen wäre. Für M würde es doppelt schwierig sein, Bond über seinen Schreibtisch hinweg anzusehen. Und James Bond war, wenn es um den Direktbeschuß ging - M bediente sich der Schlachtschiffsprache -, ein höchst wirksames Geschütz. Nun, das Zielobjekt war vorhanden und mußte zerstört werden.
    Bond hatte M vorgeworfen, er verwende ihn als Werkzeug. Selbstverständlich. Jeder Beamte im Geheimdienst war ein Werkzeug, das dem einen oder dem anderen geheimen Zweck diente. Das hier vorliegende Problem konnte nur durch Töten gelöst werden. James Bond hätte nicht die doppelte Null vor seiner Nummer, wenn er nicht als Schütze bedeutendes, oft erprobtes Talent besäße. Sei’s drum! Um für die Vorfälle des Vormittags zu büßen, mußte Bond eben seine alten Fähigkeiten beweisen. Hatte er Erfolg, so würde er damit seine frühere Stellung wiedergewinnen. Scheiterte er, nun, dann war es wenigstens ein ehrenvoller Tod.
    M stieg aus dem Wagen, fuhr mit dem Aufzug in den achten Stock und ging den Gang entlang, wobei er immer stärker den Geruch des unbekannten Desinfektionsmittels spürte, je näher er seinem Büro kam.
    Statt seinen Schlüssel zum Privateingang am Ende des Ganges zu verwenden, ging M durch Miss Moneypennys Tür.
    Sie saß an ihrem gewohnten Platz und tippte wie üblich die laufende Korrespondenz.
    »Was stinkt denn da so schauderhaft, Miss Moneypenny?«
    »Ich weiß nicht, wie es heißt, Sir. Der Sicherheitschef hat eine Gruppe von der Chemischen Kriegführung aus dem Kriegsministerium hergebracht. Er sagt, Ihr Büro sei wieder ganz in Ordnung, aber man solle noch eine Zeitlang die Fenster offenlassen. Ich habe daher die Heizung angedreht. Der Personalchef ist vom Lunch noch nicht zurück, er hat mir aber gesagt, ich solle Ihnen ausrichten, daß alles Ihrem Wunsch gemäß in Gang ist. Sir James operiert bis vier Uhr, aber nachher erwartet er Ihren Anruf. Hier ist die Akte, die Sie verlangt haben, Sir.«
    M nahm die braune Mappe mit dem roten Geheimhaltungsstern in der rechten oberen Ecke.
    »Wie geht es 007?

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