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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Schatten der Häuser. Für einen Augenblick durchfährt es ihn siedendheiß, als der Mann auf einen Taxistand zugeht. Doch er schreitet daran vorbei.
    Die Gegend, in die sie jetzt kommen, scheint Ola immer bekannter zu werden.
    Und nach einer weiteren Viertelstunde weiß er, daß er sich den Ladugard-Gärten nähert.
    Die Gegend ist jetzt so still geworden, daß es Ola vorzieht, sein Rad an einen Zaun zu lehnen und die Verfolgung zu Fuß fortzusetzen. Ein ungeheurer Jubel ist in ihm. —
    Plötzlich stockt er. Er reißt die Augen auf. Der Fremde ist verschwunden. Spurlos verschwunden, als habe ihn die Finsternis aufgesogen.
    Vorsichtig geht Ola weiter. Schritt für Schritt.
    Er lauscht in die Nacht.
    Entferntes Straßenbahnbimmeln.
    Schiffstuten.
    Geräusche von fahrenden und quietschenden Autoreifen. Keine Schritte. Nur seine eigenen hört er.
    Da sieht er zur Rechten ein Haus. Es ist ein Haus in einem großen Garten. Es ist mehr ein Park. Zwei Fenster sind erleuchtet.
    Es gibt keinen Zweifel: Der Fremde mußte in diesem Haus verschwunden sein.
    Ola schleicht sich an dem Zaun entlang, geht, bis er an ein schmiedeeisernes Tor kommt. Vorsichtig streckt er die Hand aus... Verschlossen. Er bückt sich herunter, um das Schild zu lesen.

    DOKTOR F. KRATT
    TIERARZT UND QUARANTÄNESTATION

    Für Ola gibt es nicht mehr den geringsten Zweifel:
    Doktor Kratt ist der Mann mit dem roten Zylinder.
    Jetzt endlich scheint er genug von seiner Verfolgung zu haben. So schnell ihn seine Beine tragen, rennt er zu seinem Rad zurück.
    Auch den richtigen Weg von hier aus kennt er, und laut vor sich hin pfeifend, flitzt er auf seinem Rad heimwärts. Jonas wird Augen machen.

Ein Brief voller Überraschungen

    Fredrik preßt sich in den Schatten der Toreinfahrt von Anquist. Erik Olanson steht seitlich vor ihm und beobachtet die heran- und vorbeifahrenden Autos. Er blickt auf seine Uhr. Die angegebenen drei Minuten sind längst vorüber.
    Vorsichtig schickt er einen Blick zu Fredrik hinüber und ist zufrieden, weil von seinem Gehilfen nichts zu sehen ist.
    Nur einen Augenblick lang hat er nicht aufgepaßt. Ein Wagen hat sich aus dem Strom der vorbeifahrenden Autos gelöst und ist ganz dicht an den Bordstein herangefahren.
    Es riecht leicht nach verbranntem Gummi.
    „Sind Sie Erik Olanson?“ fragt eine weibliche Stimme aus dem Wagen heraus. Als Olanson nickt und einen Schritt auf den Wagen zugehen will, sieht er etwas Weißes durch die Luft segeln. Bevor er sich danach bücken kann, ist der Wagen schon wieder angefahren.
    Fredrik eilt laut rufend herbei.
    „Ich hab’ die Nummer, Chef. Ich hab’ die Nummer!“
    Er strahlt über alle Backen, und seine Ohren führen den reinsten Volkstanz auf.
    „Es hätte nicht viel gefehlt, und die Dame wäre mir über die Zehenspitzen gefahren!“ brummt Olanson mürrisch und betrachtet neugierig den weißen rechteckigen Umschlag in seiner Hand.
    „Wie sah sie denn aus, Chef? Jung oder alt?“
    „Ich habe nicht viel von ihr gesehen. Sie trug einen Hut mit Schleier“, antwortet Olanson noch immer mißmutig.
    Entschlossen steuert er dem Eingang des Hauses zu.
    „Gehen wir nach oben.“
    Erik Olanson sucht nicht erst lange nach einem Brieföffner. Mit dem Finger schlitzt er den Umschlag auf.
    Hastig überfliegen seine Augen die maschinengeschriebenen Zeilen.
    Fredrik läßt keinen Blick von seinem Chef. Er sieht, wie dessen Backenmuskeln arbeiten, und weiß in diesem Augenblick, daß in dem Brief alles andere als eine Einladung zum Kaffeeklatsch steht.
    „Was ist denn, Chef. Ich platze ja bald vor Neugierde“, quetscht er hervor und geht einen Schritt auf Olanson zu, der den Brief zu Ende gelesen hat und ihn Fredrik hinreicht.
    „Hier, lies selbst, was uns der Mann mit dem roten Zylinder mitzuteilen hat.“
    Fredriks Kinnlade klappt nach unten.
    „Der Mann mit dem roten Zylinder?“ brabbelt er verständnislos.
    „Nun lies schon“, fährt ihn Olanson an und beginnt im Zimmer umherzugehen.
    Und Fredrik liest:

    Mein lieber Señor Olanson!
    Es tut mir leid, daß Sie durch das Angebot von Mister Rankfield gezwungen worden sind, eine für Sie aussichtslose Angelegenheit in Angriff zu nehmen. — Ich bin unentdeckbar.
    Und damit Sie sehen, wie sicher ich meiner Sache bin, will ich Ihnen etwas aus dem Programm der nächsten Tage verraten: Übermorgen — am 14. — wird in der Stockholmer Staatsoper kurz vor Ende des ersten Aktes das Licht ausgehen. In der Dunkelheit werden drei Gegenstände

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