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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Rankfield.“
    „Was willst du denn bei dem?“
    „Ganz einfach: Wir fragen, ob wir die Belohnung auch bekommen.“
    „Hm“, macht Jonas überlegend. Weil ihm keine bessere Lösung einfällt, stimmt er zu.
    „Ja, das machen wir. Dann wissen wir wenigstens, woran wir sind.“
    Ola ist schon dabei, sich auszuziehen. Schwungvoll knallt er seine Sachen auf einen Stuhl.
    „Wir werden schon sehen, wie alles wird“, beschließt er gähnend den nächtlichen Dialog. „Gute Nacht, Jonas!“
    „Gute Nacht, Ola!“

Mister Rankfield erhält Besuch

    Ein neuer Tag.
    Neue Ereignisse.
    Neue Überraschungen.
    Im Appartement 22 des Hotels „Esplanade“ ist John Appleford dabei, eine Hose über einen Bügel zu legen.
    John ist Mister Rankfields Kammerdiener, und seine Bewegungen sind von ruhiger, gemessener Gelassenheit. Genauso, wie es sich für einen Kammerdiener geziemt. Außerdem sind Johns Haare schneeweiß, und sein Gesicht ist von Hunderten kleiner Fältchen durchzogen.
    „John!“ dröhnt es in diesem Augenblick aus dem Nebenzimmer.
    „Ja, Sir?“ antwortet John leise, ohne sich bei seiner Beschäftigung stören zu lassen.
    „Wie spät ist es?“ fragt die gewaltige Baßstimme wieder.
    „Ein Uhr vorbei, Sir!“ gibt John nach einem kurzen Blick auf seine goldene Sprungdeckeluhr zur Antwort.
    Schritte nähern sich. Und wenig später steht Mister Rankfield in seiner ganzen Größe im Türrahmen. Und während seine Hand mechanisch einen kleinen Kamm durch seinen Vollbart zieht, fordert er John freundlich auf:
    „Laß die Hose, John. Geh mal hinunter und hole mir alle erreichbaren Morgen- und Mittagszeitungen.“
    John legt die Hose samt Bügel behutsam auf einen Stuhl, schüttelt tadelnd den Kopf und spricht:
    „Diese Zylindergeschichte bringt Sie noch ins Grab, Sir. Ich weiß nicht, ob Sie diesmal richtig handeln.“ Rankfield nimmt die leise Zurechtweisung keineswegs übel. Im Gegenteil, sanft klopft er dem alten John auf die Schulter und fragt:
    „Wie lange bist du schon bei der Familie Rankfield, John?“
    „Zweiundvierzig Jahre, Sir“, antwortet John, und verschmitzt blinzelnd setzt er hinzu: „Das sollten Sie nun eigentlich bald wissen.“
    „Lieber John. Du hast mich auf den Knien geschaukelt, behauptest du immer. Du behauptest auch, meine Schularbeiten gemacht zu haben. Jetzt frage ich dich. Wie viele Fehler habe ich schon gemacht, seit ich die Firma leite, he?“
    Bedächtig wiegt der alte John sein Haupt.
    „Wenige, Sir. Aber irgendeinmal beginnt man auch damit. Ich hoffe sehr, daß es nicht dieses Mal ist.“ Rankfields Gesicht ist ernst. Und doch ist in seiner Stimme eine unerwartete Behutsamkeit, als er John seinen Arm auf die Schulter legt.
    „Du weißt, daß ich gern auf deinen Rat höre. Und du weißt auch, daß ich zugebe, wenn ich Fehler mache. Aber diesmal irrst du dich bestimmt. Ich kenne die Menschen besser als mancher andere. Und weil ich sie so genau kenne, weiß ich auch, was ich ihnen zumuten darf. So, und nun geh und hole mir die Zeitungen, John. Später können wir gern noch mal über die ganze Geschichte reden.“
    John nickt kurz, bevor er gemächlich das Zimmer verläßt.
    Mister Rankfield will gerade nach dem Telefonhörer greifen, als das Telefon klingelt.
    „Ja, Rankfield hier!“ meldet er sich mit seinem brummigen Baß.
    „Hier ist der Portier, Mister Rankfield. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe. Aber hier unten sind zwei Jungen, die Sie gern sprechen möchten.“
    Rankfield runzelt ärgerlich die Stirn.
    „Ich habe niemanden bestellt, und ich will auch nicht gestört werden“, bellt er ins Telefon.
    „Bitte, wie Sie wünschen“, stottert der Portier erschrocken in die Muschel. „Die Jungen behaupten, vom Büro Olanson geschickt zu sein.“
    „Das ist etwas anderes“, spricht Rankfield schnell in den Apparat. „Schicken Sie mir die Burschen hoch!“
    „Sofort, Mister Rankfield“, flötet der Portier erleichtert, da er sich im Geiste schon einen Rüffel des Geschäftsführers vereinnahmen sah.
    Es dauert genau drei Minuten, bis es zaghaft an die Tür des Appartements 22 klopft.
    „Herein“, schallt es durch den Raum, und Rankfield mustert erwartungsvoll die Eintretenden. Zuerst blinzelt er verdutzt die beiden Gestalten an, die dicht nebeneinander stehen und zu ihm aufsehen.
    Zwei Paar gleich ungeputzte Schuhe.
    Zwei Paar gleich zerschrammte Knie.
    Zwei gleiche blaue kurze Hosen.
    Zwei gleiche buntgewürfelte Hemden.
    Zwei Paar Hände, die gleich

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