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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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mich beunruhigt. Warum haben Sie nicht einfach zum Telefon gegriffen und mich angerufen? Es ist effizienter und persönlicher.«
    »Ich habe mehrmals versucht, mit Ihnen darüber zu sprechen«, beteuerte Guerrero. »Sie waren nicht zu erreichen. Ich habe Mitteilungen hinterlassen. Sie haben nicht darauf geantwortet.«
    Delgados Mißbilligung dieser Kritik war nicht zu übersehen. »Es gab einige wichtige Vorgänge, die meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchten. Sobald es meine Zeit erlaubte, wollte ich Ihre Anrufe beantworten. Sie müssen Geduld haben.«
    »Ich habe versucht, Geduld zu üben.« Der Professor wischte sich aufgeregt über die Stirn. »Was an diesem neuen Ausgrabungsort in Yucatán vor sich geht, ist unverzeihlich. Das muß aufhören.«
    »Professor Drummond hat mir versichert …«
    »Er ist kein Professor. Sein Doktortitel ist ehrenhalber, und er hat nie an einer Universität gelehrt«, unterbrach Guerrero den Minister. »Abgesehen davon begreife ich nicht, warum Sie es gestattet haben, daß ein archäologischer Fund von solcher Bedeutung ausschließlich von Amerikanern erforscht wird. Es handelt sich um unser Erbe, nicht das ihre! Und ich verstehe diese Heimlichtuerei nicht. Zwei meiner Mitarbeiter wollten sich dort umsehen, durften aber den Ort nicht betreten.«
    Delgado beugte sich schroff vor. »Professor Drummond hat keine Ausgaben gescheut, die besten Archäologen einzustellen, die es gibt.«
    »Die besten Experten auf dem Gebiet der Maya-Kultur sind Bürger unseres Landes und arbeiten in meinem Institut.«
    »Sie haben selber erwähnt, daß Sie gern größere Mittel hätten«, antwortete Delgado mit schneidender Stimme. »Betrachten Sie es doch so: Durch die großzügige finanzielle Hilfe von Seiten Professor Drummonds reichen Ihre Gelder etwas länger. Das Gebiet ist gesperrt, damit Diebe aus den neuentdeckten Ruinen nicht unersetzliche Kunstgegenstände entwenden können. Es läßt sich alles leicht erklären. Es gibt keine Heimlichtuerei.«
    Guerrero wurde noch erregter. »Mein Institut …«
    Delgado hob die Hand. » Ihr Institut?«
    Rasch korrigierte sich Guerrero. »Das Nationalinstitut für Archäologie und Geschichte sollte allein darüber entscheiden dürfen, wie die Ausgrabungen vorgenommen werden und wer die Erlaubnis dazu erhält. Ich verstehe einfach nicht, warum Vorschriften und Verfahrensweisen verletzt wurden.«
    »Professor, Ihre Naivität ärgert mich. Alistair Drummond war ein großzügiger Förderer der mexikanischen Kunst. Er hat Millionen von Dollar für den Bau von Museen und für Stipendien von hoffnungsvollen Künstlern gespendet. Muß ich Sie daran erinnern, daß Drummond Industries gerade die Ausstellung der bisher umfangreichsten Sammlung mexikanischer Kunst gesponsert hat, die in der ganzen Welt gezeigt wurde? Muß ich Sie daran erinnern, daß die internationale Anerkennung für diese Ausstellung unseren Public Relations einen erfreulichen Auftrieb gegeben hat? Touristen kommen jetzt in noch größerer Zahl, nicht nur, um unsere Urlaubsorte zu besuchen, sondern um unser Erbe zu bewundern. Touristen«, dozierte Delgado, »sorgen für öffentliche Einnahmen, Arbeit und die gesamte Entwicklung einer ansonsten ungenutzten Region von Yucatán.«
    »Ungenutzte Region?« wiederholte Professor Guerrero aufgebracht. »Bedeutet Ihnen unser Erbe nicht mehr als Touristen und Geld?«
    Delgado seufzte. »Ich bitte Sie. Der Nachmittag ist doch viel zu angenehm für einen spitzfindigen Streit. Ich muß einige Telefonate erledigen. Warum gehen Sie nicht hinunter zum Pool und genießen die Aussicht auf die Bucht? Machen Sie sich mit ein paar jungen Damen bekannt. Später, beim Dinner, können wir unsere Unterhaltung fortsetzen, bis dahin haben wir uns beruhigt.«
    »Ich sehe nicht ein, warum die schöne Aussicht mich veranlassen sollte, meine Meinung zu ändern …«
    Delgado unterbrach ihn. »Wir setzen diese Unterhaltung später fort.« Er begleitete ihn zur Tür und befahl einem der Wachtposten: »Zeigen Sie Professor Guerrero den Besitz. Führen Sie ihn durch den Garten. Zum Pool. Sorgen Sie dafür, daß man alle seine Wünsche erfüllt. Professor, ich bin in einer Stunde wieder bei Ihnen.«
    Bevor Guerrero Gelegenheit zu einer Antwort hatte, schob Delgado ihn sanft aus dem Zimmer und schloß die Tür.
    Delgados Lächeln verschwand, als er nach dem Telefon auf der Bar griff. Er hatte sein Bestes getan, das Problem auf sanfte, diplomatische Weise zu lösen. Ohne Erfolg. Nun waren

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