Der Mann mit den hundert Namen
grünes Seidenhemd. Der andere war jünger, in den Vierzigern, nicht so groß und weniger teuer gekleidet, aber muskulöser. Die Frau, blond und in den Dreißigern, sah prächtig aus. Sie hatte einen kurzen blauen Bademantel an, der offenstand und einen umwerfenden Bikini enthüllte, dessen leuchtende Farbe zu ihrem Lippenstift paßte.
Der große Mann, offenbar der Boß, fragte: »Kommen Sie von …?«
»Bon Voyage, Incorporated«, antwortete Buchanan. Er nahm die Sonnenbrille und die Mütze mit dem Emblem der Miami Delphins ab, so daß sie ihn besser erkennen konnten. »Ich bringe die bestellte Ausrüstung.«
»Bringen Sie das Zeug an Bord«, sagte der Große. Er gab dem jungen, muskulösen Mann – er war anscheinend sein Leibwächter – ein Zeichen, Buchanan zu helfen.
Buchanan warf Leinen von Bug und Heck hinauf, damit man sein Motorboot festmachte, wobei ein dicker Gummifender dafür sorgte, daß die Wand der Jacht nicht zerkratzt wurde. Dann reichte er dem Leibwächter die Kisten hinauf, darauf bedacht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, da das Boot leicht schaukelte. Der Leibwächter warf ihm eine Strickleiter zu. Buchanan stieg an Deck und versuchte, die Frau nicht anzusehen.
»Wohin soll ich die Sachen bringen?«
»Hier hinein.« Der Leibwächter deutete auf eine Kabine am Heck, diesmal ohne Buchanan zu helfen.
In der Kabine, mit mahagonigetäfelten Wänden, antiken Einrichtungsgegenständen und einem Stutzflügel ausgestattet, stapelte Buchanan die Kisten. Der muskulöse Mann schloß die Tür, die Vorhänge waren bereits zugezogen. Buchanan wartete. Er wußte nicht, wie sie es sich vorgestellt hatten.
»Willkommen, Captain Buchanan«, sagte der Boß.
Es ging also formell zu.
»Colonel.« Buchanan grüßte.
»Das ist Major Putnam.« Der Große deutete auf den angeblichen Leibwächter. »Und das Captain Weller.« Er stellte die Frau vor, die den Bademantel geschlossen hatte, sobald sie nicht mehr die Blicke möglicher Beobachter auf sich zog.
»Major. Captain.« Buchanan grüßte beide.
»Zum Teufel, was ist los?« fragte der Colonel nachdrücklich. »Die letzten Tage waren ein Alptraum für die Behörde, eine politische Zeitbombe. In Langley drehen sie durch, weil in Cancún etwas schiefgelaufen ist. Die Enthüllung Ihrer Identität bei den mexikanischen Behörden und unserer Botschaft hätte alles gefährden können.«
»Sir, ich dachte, Sie sind über die Ereignisse in Mexiko informiert worden. Als ich im Krankenhaus lag, wurde ich über den Einsatz befragt.«
»Von der Agency. Ich ziehe es vor, nicht von Zivilisten, sondern von meinen eigenen Leuten informiert zu werden.«
Es dauerte anderthalb Stunden. Gelegentlich wurde Buchanan unterbrochen und um ausführlichere Darstellungen gebeten. Je aktueller sein Bericht wurde, desto ernster reagierten seine Befrager.
»Einhunderttausend Dollar?« wiederholte der Colonel.
»Damit wäre er nach meiner Auffassung aber nicht zufrieden«, sagte Buchanan. »Sobald ich das Geld hingeblättert und damit klein beigegeben habe, wird er immer mehr fordern.«
»Dieser Bailey schnüffelt nur so herum«, sagte Major Putnam. »Er hat nichts in der Hand.« Der Colonel sah Buchanan prüfend an. »Glauben Sie das auch, Captain?«
»Bailey ist primitiv, aber er ist kein Idiot, Sir. Er hat mich unter drei verschiedenen Decknamen kennengelernt. Er weiß genau, irgendwas stimmt bei mir nicht, bloß kann er es nicht beweisen. Also testet er mich, um zu sehen, ob ich in Panik gerate und mich verrate, indem ich zahle.«
»Na, offensichtlich geraten Sie nicht in Panik«, sagte Major Putnam. »Er vertut bloß seine Zeit.«
Captain Weller, die hinreißende Frau, kam schließlich auch zu Wort. »Bailey kann sehr wohl die ganze Operation ins Schleudern bringen, wenn er seine Drohung wahrmacht und die Polizei informiert.«
»Korrekt. Die Polizei hat hier im Land genügend Probleme und muß sich nicht um Mordfälle in Mexiko kümmern. Aber eine mehrfache Identität könnte heiß genug sein, um sie aufmerksam zu machen. Wenn sie zu der Meinung gelangt, daß ich ein Drogenhändler bin, wenn sie die DEA und den FBI hinzuzieht …«
»Ihre Tarnpapiere sind perfekt«, sagte der Colonel. »Verdammt, Ihr Reisepaß kam direkt vom State Department. Die anderen Dokumente auch. Und jede Datei wird gelöscht, sobald Sie die entsprechende Identität ablegen. Die DEA und der FBI erfahren nichts. Aufgrund der Unterlagen gibt es keine Möglichkeit, Jim Crawford und Ed Potter mit
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