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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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hierherkamen. Geschützt in einem schönen, bewaldeten Tal gelegen, besaß Cuernavaca Weite, Stille, angenehmes Klima und vor allem saubere Luft. Hier hatten schon die Azteken-Herrscher ihre Paläste erbaut, später auch Cortez.
    Die Limousine glitt durch die vornehmen Straßen eines ruhigen Wohngebiets und hielt vor dem wuchtigen Eisentor einer Villa. Majestätische, schattenspendende Bäume überragten die hohe Steinmauer, die das weitläufige Grundstück umschloß. Der uniformierte Chauffeur stieg aus und näherte sich einem hinter dem Zaun stehenden bewaffneten Posten. Sie wechselten ein paar Worte, der Fahrer zeigte ein amtliches Schreiben vor, und die Wache rief aus einem Holzhäuschen neben der Einfahrt im Haus an. Wenig später kam der Soldat zurück, öffnete das Tor und gab der Limousine den Weg frei. Als die anderen Wagen folgen wollten, hielt er sie mit erhobener linker Hand zurück, während ein zweiter Wächter erschien und das Tor verschloß.
    Als der Wagen des Besuchers vor den Stufen des Palazzos hielt, öffnete sich eine der breiten Doppeltüren, und ein aristokratisch wirkender Herr mit Schnurrbart trat heraus – Esteban Delgado. Daß er keinen Diener zur Begrüßung seines Gastes geschickt hatte, sollte ein Ausdruck seiner Ehrerbietung sein. Er wirkte noch dünner als vor einer Woche in Acapulco. Das Adlergesicht war bleich, und er selber hätte fast den Gerüchten über seinen ernsten Gesundheitszustand geglaubt, hätte er nicht gewußt, daß er lediglich unter unerträglicher Spannung litt. Am Fuß der Freitreppe stehend, zwang er sich zu einem Lächeln, als Raymond ausstieg, der junge Amerikaner mit dem angenehmen Äußeren. Man hatte den Eindruck, daß dieser Mann gute Laune ausstrahlte, doch Delgado ließ sich nicht täuschen; denn selbst wenn er lächelte, blieb seine Miene kalt.
    Raymond übersah den Hausherrn. Er machte sich kurz ein Bild von der Sicherheit des Grundstücks, war mit wenigen Schritten am Wagen und öffnete die Tür. Ein älterer Mann mit dicken Augengläsern und dichtem weißen Haar stieg aus.
    »Professor Drummond, ich hatte keine Ahnung, daß Sie mich besuchen wollen.« Delgados Heiterkeit wirkte gezwungen. »Anderenfalls hätte ich Ihnen zu Ehren einen Empfang gegeben.«
    Drummond schüttelte Delgado fest die Hand, fixierte ihn und antwortete nach kurzem Schweigen auf spanisch. »Ich hatte geschäftlich in Mexico City zu tun und wollte etwas mit Ihnen besprechen. Von Ihrem Büro erfuhr ich, daß Sie sich hier aufhalten. Wenn Sie eine Stunde für mich Zeit hätten …«
    »Gewiß doch.« Delgado geleitete Drummond und seinen Assistenten die Treppe hinauf. »Es ist mir eine Ehre, Sie in meinem Heim begrüßen zu dürfen. Die Diener werden uns einige Erfrischungen bringen. Hätten Sie gern Rum und Coca-Cola? Oder vielleicht …«
    »Ich bin Antialkoholiker. Aber trinken Sie ruhig, wenn Sie möchten.«
    »Ich könnte selbstverständlich auch Limonade kommen lassen.«
    Sie traten in die matt erleuchtete Villa und durchquerten die kühle Marmorhalle, wo ihre Schritte widerhallten. Am Ende eines Korridors führte Delgado Drummond und Raymond in ein mahagonigetäfeltes, mit Ledermöbeln ausgestattetes Arbeitszimmer, das Jagdtrophäen, aber auch zahlreiche Gewehre in Glasvitrinen enthielt, darunter kostbare Stücke. Raymonds Augen verrieten Interesse, was selten vorkam. Schon brachten zwei Diener die Erfrischungen und verschwanden umgehend wieder. Weder Drummond noch Raymond berührten ihre Gläser.
    Drummond lehnte sich zurück, gebieterisch und kerzengerade saß er da, die langen Arme auf die Sessellehnen gestützt. »Ich vermute, Ihre Mitarbeiter haben es Ihnen bereits mitgeteilt, aber wir müssen darüber sprechen, wie wir uns verhalten wollen.«
    Delgado tat, als verstehe er nicht.
    »Die Frau, Señor. Es wird Sie nicht überraschen zu hören, daß sie verschwunden ist.«
    Delgado blieb das Herz beinahe stehen, doch er ließ sich nichts anmerken. »Ja, die Frau. Tatsächlich habe ich Informationen erhalten, daß sie verschwunden sei.«
    »Und?«
    Delgado versuchte, seiner Stimme einen harten Klang zu geben. »Was gedenken Sie zu unternehmen?«
    »Ich habe bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie aufzuspüren. Alles wird durchforscht – ihr gesamter Background, jeder nur erdenkliche Ort, jede Person, von der sie Unterschlupf oder Hilfe zu erwarten hätte.«
    »Und doch haben Sie zwei Wochen nach der Flucht noch nichts erreicht.«
    Drummond nickte zustimmend. »Ihre

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