Der Mann mit der dunklen Maske
sicher willst du auch nicht die Reinheit deiner Seele aufs Spiel setzen, die du gestern erlangt hast. Unser Erscheinen dort wird einfach erwartet.”
„Aber …“
Zu spät. Sie hörte, wie die Tür zum Flur geöffnet und wieder geschlossen wurde, dann Evelyns Stimme im Korridor. Blitzschnell sprang Camille auf und suchte hastig ihre Kleider zusammen. Ihr Haar wieder zu ordnen kostete einige Mühe. Schließlich verließ sie mit hämmerndem Herzen Brians Gemächer. Niemand war zu sehen.
Sie eilte den Flur hinunter zu Alex’ Zimmer und warf einen Blick hinein. Alex lag wieder im Bett. Tristan und Ralph saßen vor ihrem Schachbrett am Feuer, flüsterten miteinander und sahen sich hin und wieder nach Alex um.
Sie wollte sich gerade bemerkbar machen, als Tristan sagte: „Es ist kein Wahnsinn. Nicht mit einem Toten auf der Straße und dem Earl of Carlyle, der uns gefolgt ist … auch wenn er als Arboc verkleidet war.“
Camille erstarrte.
„Ich sage dir, es ist Zeit, dass wir und Camie hier verschwinden, Tristan.“
„Er ist mit ihr verlobt!“
Traurig sah Ralph Tristan an. „Ist er das? Er setzt sein Leben aufs Spiel. Und jetzt auch ihrs.“
„Im Museum hat er doch auch auf sie aufgepasst, verkleidet als alter Mann“, erwiderte Tristan.
Arboc!
Camille gefror das Blut in den Adern. Brian war Arboc, und er hatte es ihr nie gesagt. Er war gestern Morgen im Museum gewesen, als jemand Sir John die Wunde am Kopf zugefügt hatte.
Brian Stirling war Jim Arboc. Sie schloss die Tür, rannte in ihr Zimmer und lehnte sich zitternd an den Kaminsims. Alex hatte, während noch das Gift in seinem Körper war, gesagt:
Er will Rache. Er will uns alle töten.
Obwohl ihr Herz sich dagegen wehrte, musste sie doch einsehen, dass der Earl of Carlyle immer maskiert war – auf die eine oder andere Weise.
17. KAPITEL
G lücklicherweise war der Ausflug zur Kirche nur kurz. Zurück im Schloss verbrachte Camille den Rest des Nachmittags damit, ihre Gedanken und Gefühle zu sortieren. Punkt eins: Brian Stirling war Jim Arboc. Und je länger sie darüber nachdachte, desto mehr beunruhigte es sie. Arboc rückwärts gelesen hieß Cobra. Der Name war ein Anagramm.
Punkt zwei: Tristan war irgendwie in die ganze Sache verwickelt und hatte ihr nichts davon erzählt. Das bedeutete, dass sie heute Abend oder gleich morgen früh ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatte.
Punkt drei: Sie war während des Übersetzens auf die Erwähnung einer goldenen, mit Edelsteinen besetzten Kobra gestoßen. Die Kisten von der Expedition befanden sich an zwei Orten, dem Museum und dem Schloss.
Punkt vier: Alle Männer der Abteilung für Ägyptische Altertümer waren dort gewesen, als Lord und Lady Stirling starben.
Aber was war ihre eigene Rolle in diesem Spiel? Ihr war klar, dass Brian sie für seine Zwecke benutzte, was er ja von Anfang an kundgetan hatte. Trotzdem, konnte sie ihm trauen? Er horchte sie gnadenlos aus, ohne etwas über sich selbst preiszugeben. Er trug eine Maske, die er nicht brauchte. Und viele glaubten, dass er wirklich verrückt war. Zumindest war er weiß Gott verbittert genug.
Camille lief in ihrem Zimmer auf und ab. Sie wollte unbedingt wieder ins Museum. Hethre war die Konkubine gewesen, die machtvolle Geliebte. Mit ihrem Namen sollten mögliche Grabräuber in Angst und Schrecken versetzt werden. Camille blieb stehen, denn plötzlich glaubte sie zu wissen, wo die goldene, mit Edelsteinen besetzte Kobra zu finden war.
Sie hätte ihre Theorie am liebsten sofort überprüft. Aber heute Abend konnte sie das Schloss auf keinen Fall mehr verlassen. Sie musste warten. Also vertiefte sie sich wieder in ihre Notizen.
Wenn die Stirlings tatsächlich ermordet worden waren, dann wegen der goldenen Kobra. Sie dachte noch immer darüber nach, als sie die Treppe hinunterlief.
Im Salon wurde Champagner serviert. Evelyn hatte die Rolle der Gastgeberin übernommen und reichte ihr ein Glas. Brian, der wieder sehr elegant gekleidet war, begrüßte sie freudig und rief sie zu sich, um mit ihr einen Mann zu begrüßen, der gerade zur Tür hereingekommen war.
Brian legte einen Arm um ihre Schultern. Es war eine natürliche, respektvolle Geste, als sei sie tatsächlich die Frau, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte. Welch ein wunderbares Gefühl. Davon abgesehen, dass ihr … ein wenig übel war. Sie liebte ihn und hatte zugleich in vielerlei Hinsicht Angst vor ihm.
„Mein Liebes, ich möchte dir Monsieur Lacroisse vorstellen. Er
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