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Der Mann mit der Ledertasche.

Der Mann mit der Ledertasche.

Titel: Der Mann mit der Ledertasche. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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zuschulden kommen lassen?«
    fragte ich.
»Wir vermuten, daß sie zuviel getrunken hat. Ich wollte
sie nur hinausbegleiten.«
»Hinaus auf die Rennbahn?«
Er lachte. »Nein, nein. Aus dem Stadion hinaus.«
»Überlassen Sie das jetzt mir, Herr Wachtmeister.« »Aber bitte. Sehen Sie aber zu, daß sie nichts mehr
trinkt.«
Ich gab ihm keine Antwort. Ich nahm sie am Arm und
führte sie wieder zurück.
»Gott sei Dank, Sie haben mir das Leben gerettet«, sagte
sie.
Ihre Hüfte stieß gegen mich.
»Ist schon gut. Ich heiße Hank.«
»Ich heiße Mary Lou«, sagte sie.
»Mary Lou«, sagte ich, »ich liebe Sie.«
Sie lachte.
»übrigens, verstecken Sie sich vielleicht gern hinter Säu- len in der Oper?«
»Ich verstecke mich nirgends«, sagte sie und drückte die
Brüste nach vorne.
»Möchten Sie noch was trinken?«
»Klar, aber der gibt mir nichts mehr.«
»Es gibt hier mehr als nur eine Bar, Mary Lou. Gehen wir
doch nach oben. Und verhalten Sie sich still. Bleiben Sie
hier, und ich bringe Ihnen Ihren Drink. Was trinken Sie
denn?«
»Alles«, sagte sie.
»Scotch mit Wasser okay?«
»Sicher.«
Wir tranken weiter bis zum letzten Rennen. Sie brachte
mir Glück. Ich gewann zwei von den letzten drei.
»Sind Sie mit dem Auto gekommen?« fragte ich sie. »Ich bin mit irgendeinem verdammten Idioten gekom- men«, sagte sie. »Den können wir vergessen.«
»Wenn Sie's können, kann ich's auch«, sagte ich ihr. Im Auto fielen wir übereinander her, und ihre Zunge
schnellte immer wieder in meinen Mund, wie eine kleine
Schlange, die sich verirrt hat. Wir lösten uns wieder, und
ich fuhr die Küste hinunter. Ich hatte Glück an dem Abend.
Ich bekam einen Tisch mit Blick über den Ozean, und wir bestellten Drinks und warteten auf die Steaks. Sie wurde vom ganzen Lokal gemustert. Ich beugte mich vor und zün- dete ihre Zigarette an und dachte mir dabei, da hab ich mir was ganz Besonderes aufgegabelt. Jeder im Lokal wußte, was ich dachte, und Mary Lou wußte, was ich dachte, und ich
lächelte ihr über dem Streichholz zu.
»Der Ozean«, sagte ich, »sieh ihn dir nur an da draußen,
wie er stampft, wie er ans Ufer kriecht und wieder zurück- weicht. Und unter ihm all die Fische, die armen Fische, die
sich bekämpfen und sich auffressen. Wir sind wie diese
Fische, nur daß wir hier oben sind. Eine falsche Bewegung,
und du bist erledigt. Es tut gut, überlegen zu sein. Es tut
gut, oben zu schwimmen.«
Ich holte eine Zigarre heraus und zündete sie an.
»Noch'n Drink, Mary Lou?«
»Gut, Hank.«
    Und dann dieses Hotel. Es erstreckte sich über das Meer, es war über das Meer hinausgebaut. Ein altes Gebäude, aber mit einer gewissen Vornehmheit. Wir bekamen ein Zimmer im Erdgeschoß. Man konnte die Brandung unter sich hören, man konnte die Wellen hören, man konnte den Ozean riechen, man konnte spüren, wie die Flut anrollte und zu- rückwich, anrollte und zurückwich.
    Ich ließ mir Zeit mit ihr, während wir uns unterhielten und tranken. Dann ging ich hinüber und setzte mich zu ihr auf die Couch. Wir kamen langsam in Fahrt und lachten und redeten und hörten dem Ozean zu. Ich zog mich aus, sorgte aber dafür, daß sie ihre Kleider anbehielt. Dann trug ich sie zum Bett hinüber und kroch und krabbelte auf ihr herum und zog sie dabei nach und nach aus und dann war ich drin. Es war schwer reinzukommen. Doch schließlich gab sie nach.
    So gut war es lange nicht mehr gewesen. Ich hörte das Wasser, ich hörte die Brandung. Es war, als komme es mir mit dem ganzen Ozean. Es schien gar nicht mehr aufzuhören. Dann rollte ich herunter.
»Ach du großer Gott«, sagte ich, »oh Gott im Himmel!« Ich möchte bloß wissen, wieso in solchen Momenten Gott immer auftaucht.
    Am nächsten Tag holten wir einige ihrer Sachen von ihrem Motel ab. Dort war dieser kleine finstere Typ mit einer Warze an der Seite seiner Nase. Er sah gefährlich aus.
    »Gehst du mit dem da?« fragte er Mary Lou.
»Ja.«
»Bitte. Viel Glück.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Danke, Hektor.«
Hektor? Was war denn das für ein beschissener Name? »Lust auf ein Bier?« fragte er mich.
»Warum nicht«, sagte ich.
Hektor saß auf dem Bett. Er ging in die Küche und holte
    drei Flaschen Bier. Es war gutes Bier, aus Deutschland importiert. Er öffnete Mary Lous Flasche und füllte ein Glas für sie. Dann fragte er mich:
    »Ein Glas?«
»Nein, danke.«
Ich stand auf und tauschte die Flasche mit ihm.
Wir saßen schweigend da und tranken unser Bier.
Dann sagte er: »Sind Sie Manns

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