Der Mann vom CDT
»Ich bin sicher, Sie finden das Erlebnis ungemein anregend, sobald Sie sich daran gewöhnt haben, sich in einem Hurrikan an einen nackten Fels zu klammern und dabei hochdiplomatische Verhandlungen mit Taubstummen führen.«
»Wenigstens einen Trost habe ich«, sagte Magnan und richtete sich wieder ein wenig auf. »Als Charge bekomme ich einen Salut von siebzehn und einer halben Kanone.«
»Eindrucksvoll«, bemerkte Retief. »Ich hoffe, sie zielen nicht in unsere Richtung.«
2.
»Gütiger Himmel, Retief«, sagte Magnan über das Kreischen des Windes und spähte durch das Panzerglasfenster in der Stahlwand der kleinen Landekapsel. Es war wenige Augenblicke nach der weichen Landung auf der Oberfläche des Planeten Quahogg. »Da draußen ist nichts als verwittertes Gestein und umherfliegender Staub, wenn man die häßlichen schwarzen Wolken über uns nicht mitzählen will. Was ist mit dem Palast Seines Höchsten Schimmers?«
»Das Empfangskomitee scheint sich auch verspätet zu haben«, meinte Retief.
»Himmel – Sie glauben doch nicht, daß wir auch den Landeplatz verpaßt haben wie die andere Gruppe von Dummköpfen?«
»Wenn es so ist, haben wir ihn um die gleiche Entfernung verpaßt wie sie. Sehen Sie dort hinüber.«
Magnan schrie auf. »Aber – das ist ja eine CDT-Landekapsel genau wie unsere!«
»Außer, daß der Wind den Überzug größtenteils abgerissen hat«, bemerkte Retief. »Nun, wir wollen uns auf den Weg machen, Mr. Magnan. »Wir wollen Seine Höchste Gewalt doch nicht warten lassen.«
Magnan setzte eine entschlossene Miene auf. »Ich sehe, daß wir einigen unerwarteten Hindernissen gegenüberstehen«, sagte er fest. »Jedoch, die Haupteigenschaft eines Diplomaten ist seine Anpassungsfähigkeit.«
»Wie wahr, Mr. Magnan. Was beabsichtigen Sie zu tun?«
»Abzudanken, rückwirkend von letztem Dienstag an, Pension oder nicht. Drücken Sie bitte auf den Knopf des Interkom und sagen Sie dem Kapitän, er soll mich sofort wieder abholen!«
»Die Sprechverbindung ist einseitig, Mr. Magnan, erinnern Sie sich? Wir können die Fähre nicht mehr erreichen. Ich fürchte, wir sitzen hier fest.«
»Sie meinen …?«
Retief nickte. »Wir können also ebensogut aussteigen und feststellen, ob der Bericht über einen vierzig Fuß langen Wurm eine Übertreibung war oder nicht.«
Magnan stöhnte. »Wenn wir Glück haben, können wir vielleicht die Höhle finden. Ich hoffe, diese Vielfraße haben noch nicht alle hors d’oeuvres aufgegessen.«
Da sie ungefüge Schutzanzüge trugen, dauerte es eine Weile, bis die beiden Diplomaten die Ausstiegsluke geöffnet hatten. Sofort wurden sie von einem heftigen Windstoß erfaßt und über verwittertes Gestein geweht, bis sie gegen eine niedrige Felsmauer geschleudert wurden.
»So weit, so gut«, sagte Retief. »Wenigstens die Wetterberichte waren korrekt.«
»Ein magerer Trost, wenn man in einem Wirbelsturm ausgesetzt ist«, ertönte Magnans Stimme in Retiefs Helm.
»Immerhin brauchen Sie den Job nur dreißig Tage lang zu halten, um ein Anrecht auf volles Botschaftergehalt zu haben.«
»Wenn ich so lange lebe!«
»Als erstes sollten wir einen Markierungsstrahl anbringen, damit sie nicht noch mehr Leute abseits vom Seigebiet niedergehen lassen«, schlug Retief vor.
»Hinweise zu hinterlassen, welche die Bürde meines Nachfolgers erleichtern, interessiert mich weit weniger, als meine eigene Haut zu erhalten«, entgegnete Magnan bissig. »Botschafter Wrothwaxs Haut, meine ich«, fügte er rasch hinzu. »Himmel, ich stürze mich gern ins Verderben, wenn es nur der Korps-Politik von Nutzen ist.«
»Schon gut, mein Anzug-Recorder ist nicht eingeschaltet«, sagte Retief.
Magnan, nur undeutlich sichtbar, in drei Metern Entfernung, richtete sich mühsam auf. In diesem Augenblick war ein Pfeifen zu hören, gefolgt von einem dumpfen Aufprall.
»Das wird der Alkohol sein, den Sie mitgeschleppt haben – ich meine, Ihre medizinischen Vorräte«, sagte Retief. Er stand auf und kämpfte sich durch den Sturm zu der einige Meter entfernten Aufschlagstelle ihres Gepäcks. »Das ist aber eine Menge Medizin, Mr. Magnan«, äußerte er bewundernd. »Wie haben Sie das nur an der Vorrats-Kontrolle vorbeigeschmuggelt?«
»Himmel, ich hoffe nur, die Flaschen sind nicht zerbrochen«, sorgte sich Magnan.
»Keine Flaschen«, stellte Retief fest. »Stahlbehälter, fünfundfünfzig-Gallonen-Größe. Eine ganze Anzahl davon.«
Unterstützt von den Servo-Düsen seines Raumanzugs
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