Der Mann von Anti
doch Zeit? Ich muß nur noch das Fleisch dem Servo geben« – er wies auf ein Paket, das er unter dem Arm trug –, »sonst wird der Bursche damit bis zum Abendessen wieder nicht fertig.«
»Sie und Fleisch? Ich denke, Sie sind Vegetarier.«
»Völlig umgekrempelt, wie? Na, Sie werden ja hören.«
Wir fuhren zum 305. Ring.
Und dann hörte ich von Adam, wie seine Wandlung sich vollzogen hatte.
Eines Abends mußte er im 137. Ring etwas erledigen. Hier war er noch nie gewesen. Auf dem Rückweg verfehlte er die Richtung zum Lift und verlief sich in abgelegene Gänge.
Plötzlich erblickte er einen Laden. Eine Fleischerei! Kein Anreiz für ihn, den Pflanzenköstler. Wenn er trotzdem stehenblieb, dann wegen der Fleischermamsell hinter dem Ladentisch.
Es war ein junges Mädchen, so schön, wie er noch nie eines gesehen hatte. Unsagbar zart und graziös, einem Traumwesen gleich, bewegte sie sich fast schwerelos zwischen Kalbshaxen und Würsten. Ihr Antlitz umrahmte kupferfarbenes Haar. Es funkelte wie Sternenlicht in klaren Winternächten und legte sich um einen Marmorhals vom Schimmer des bleichen Neptuns. So sah es Adam.
Gewiß, das schreckliche Fleischerhandwerk mußte Menschen überlassen bleiben, bedachte er. Roboter dürften es wohl nicht ausüben, es hätte ihnen die Achtung vor dem Lebenden genommen, sie sozusagen demoralisiert. Wie aber kam dieses Geschöpf dazu?
Einem unerklärlichen Zwange folgend, betrat er den Laden. Es waren nur wenige Leute darin. Er beachtete sie nicht, starrte das Mädchen an.
Als er schließlich an der Reihe war, sah sie zu ihm auf. Welche Augen! Meergrün, unergründlich und lockend. Oder bloß fragend, seinen Kaufwunsch erwartend? Nein, sie blickte wie eine… natürlich, wie eine Nixe! Es gab solche männerbetörenden Wesen, sie lebten irgendwo in der Tiefe des Alls, erinnerte sich Adam. Er hatte es gelesen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Sollte dieses Mädchen…?
Er zwang sich zur Ruhe und konnte doch nur stammeln: »Bitte, ein Stück von… dem da.«
Die Nixe nickte, griff zum Beil und hieb ein Kotelett herunter. Wie die blitzende Schneide in den Knochen fuhr, war es Adam, als spüre er einen heftigen Schlag im Genick.
»Darf’s etwas mehr sein?« fragte sie, auf das Beil gestützt.
Er vernahm nur verführerischen Gesang aus weiter Ferne, unwiderstehlichen Nixengesang.
Geduldig wartete sie, bis er aus dem Meergrün wieder aufgetaucht war. Zustimmend senkte er den Kopf. Das Päckchen mit dem schauderhaften Inhalt in der Hand, verließ er benommen den Laden.
In seiner Wohnung dachte er über das Erlebnis nach, Nixe mit einem Hackebeil – unfaßbar, unmöglich! War alles Halluzination gewesen, das Mädchen, der Laden? Aber nein, da lag das Päckchen.
Mit spitzen Fingern öffnete er es und rief nach dem diensttuenden Haushaltsroboter. Der sollte ihm das Fleisch herrichten, nur der Nixe zuliebe. Der Kerl hatte jedoch keine Ahnung, wie man das macht. Er war darauf nicht programmiert.
Adam bestellte das erforderliche Rezept per Funk bei der Filmothek. Es war eine Sache von Sekunden. Und bald servierte der Robot das gebratene Kotelett, das Adam gedankenversunken zu verzehren begann.
Als er sich bewußt wurde, was er tat, warf er den Rest samt dem Teller in den Müllschlucker und betrat seinen Garten, um dem widerlichen Bratenduft zu entgehen, der mit teuflischer Hartnäckigkeit die Wohnung durchzog.
Tief atmend genoß Adam die reine, würzige Luft des klaren Abends und spann wehmütige Gedanken um die schöne Unbekannte aus der Fleischerei. Er hob den Blick zum Himmel. Orion war aufgegangen. Das Sternbild stand dicht über dem Horizont. Wie hell darin die Bellatrix strahlte!
Lange schaute Adam zu dem fernen Stern hinauf.
In dieser Nacht fand er keine Ruhe. Vielleicht lag ihm die ungewohnte Fleischmahlzeit schwer im Magen. Er versuchte es mit einem verdauungsfordernden Pulver – ohne Erfolg.
Nach Mitternacht erst schlief er ein. Es war jedoch kein rechter Schlaf. Er spürte einen leichten Druck im Genick. Das Zimmer schien plötzlich von mildem Glanz erfüllt. Und da sah er eine wunderschöne junge Frau, die sich über ihn beugte und seinen Kopf stützte. Sie hatte kupferfarbenes Haar und meergrüne Augen. Merkwürdig, dachte Adam, wo habe ich sie bereits gesehen?
Sie war so schön, daß sie unmöglich von dieser Welt sein konnte. Adam wurde es recht feierlich zumute. Mit leiser Stimme fragte er: »Wer sind Sie, meine Dame?«
»Dame! Was für ein Unsinn!« Sie schüttelte den
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