Der Mann von Anti
hintergründig, wie ihm schien. Aber sie nahm sein Angebot an.
Sie verließen den Turm und spazierten durch den Park, der ihn umgab. Wieder war es ein herrlicher Abend. In den Büschen schlugen die Nachtigallen, und am verdunkelnden Himmel blitzten die Sterne.
Ihr Gespräch plätscherte nicht gerade munter. Immerhin erfuhr er, daß sie Peri hieß und mit ihrer Mutter im 140. Turmring wohnte. Das überraschte ihn. Es gab also da noch eine alte Nixe. Vielleicht ist sie eher bereit, über Peris Herkunft zu sprechen, bedachte er.
Auf einer Bank machten sie kurze Rast. Peri war jetzt gänzlich verstummt. Sinnend betrachtete sie das Firmament. Er hatte nur Augen für sie.
»Lieben Sie die Sterne?« fragte er leise. Sein Blick hing an ihren Lippen, als erwarte er einen Schicksalsspruch.
»Ja, sehr!« antwortete sie.
Behutsam legte er den Arm um ihre Schulter. »Man sollte hinfliegen können, nicht wahr? Bis zu den fernsten…«
Seufzend drückte sie sich in seinen Arm. Er spürte, daß sie zitterte. Lag es an der Abendkühle? Nein, sicherlich war es Heimweh.
Und er ließ nicht locker. »Am besten zur… Bellatrix, wie?«
»Bellatrix!« hauchte sie. »Zweihundertfünfzig Lichtjahre weit!«
»Sie wissen es so genau?«
»O ja!«
Er nickte. Das hatte er erwartet.
Fortan holte er Peri jeden Abend ab. Sie gingen spazieren oder saßen in seinem Garten und blickten zu den Sternen. Mittlerweile standen sie auf du und du. Wer sie aber wirklich war, hatte sie noch mit keinem Wort verraten. Er konnte es nur ahnen.
Inzwischen war es Sommer geworden. Orion blieb unter dem Horizont. Dennoch sprach Adam unablässig von der Bellatrix. Daß Peri jetzt öfter ganz anderen Gedanken nachhing, merkte er nicht.
Als er wieder einmal sanft drängte: »Ich glaube, du weißt von dieser fernen Welt mehr, als du sagen willst«, sah sie ihn lange an und lächelte so geheimnisvoll, wie es wohl nur eine Nixe vermag.
Er faßte ihre Hände. Seine Stirn brannte. »Sprich, Peri! Bitte, sprich dich endlich aus!«
Da sagte sie: »Wir bekommen morgen frische Blutwurst herein. Magst du eine?«
Adam sah sich in unermeßliche Tiefe stürzen. Die Ärmste, so weit war sie von ihrer märchenhaften Heimat entfernt, so weit im Geiste schon!
Dann aber kam der Tag, an dem sie ihm eröffnete, was sie bewegte. »Du, wir kriegen ein Kind!«
Zuerst war er wie betäubt. Ein Kind! Von Peri, seiner Außerirdischen! Konnte es möglich sein? Er erinnerte sich einiger netter Stunden mit Peri. Da gab er ihr einen Kuß und sagte, wie er sich freue, daß sie eine Familie sein würden. Die Familie sei doch nun mal die Grundzelle jeder gesitteten Gesellschaft. Gewiß auch auf der Bellatrix!
Sie gingen zu Peris Mutter. Die alte Nixe sah der Tochter sehr ähnlich. Sie hatte die gleichen meergrünen Augen. Nur ihr Haar war weiß. Es schimmerte wie Sternnebel, was Adam mit Genugtuung feststellte.
Nachdem sie die Mutter über den baldigen Zuwachs unterrichtet hatten, konnte Adam nicht länger an sich halten. Er fiel einfach mit der Tür ins Haus und fragte: »Wer ist eigentlich Peris Vater, Alte?« Die Anrede »Alte« galt damals als ehrfürchtig.
Die Mutter war keineswegs um eine Antwort verlegen, wie Adam vermutet hatte. »Mein lieber Junge«, sagte sie, »wenn ich das noch wüßte! Es ist schon viel zu lange her.«
Aha, dachte Adam, sicherlich könnte die Alte reden, sie will aber nicht.
Er fragte nun auch nie mehr, weder Peri noch die Mutter. Ihm war der Gedanke gekommen, daß Peris Geheimnis sich mit dem Kinde offenbaren werde. Irgendwie würde es Merkmale seiner Herkunft aufweisen. An Peri selbst hatte Adam freilich trotz eifrigen Suchens nichts dergleichen gefunden. Das besagte jedoch wenig. Bestimmte Eigentümlichkeiten zeigten sich oft erst in der zweiten oder dritten Generation wieder.
Dennoch lud sich Adams Spannung immer stärker auf, je näher das sichtlich zu erwartende Ereignis kam. Zum Glück gab es bis dahin noch viel zu tun, was ihn von seinen Grübeleien ablenkte.
Er brauchte eine neue Wohnung. Sein Appartement war zu klein für die künftige Familie. Der Mann vom Turmwohnungsamt hatte volles Verständnis dafür. Er sah seinen ganzen Ehrgeiz darin, die jungen Leute zufriedenzustellen, und bot ihnen eine Reihe Wohnungen zur Auswahl an.
Sie entschlossen sich zu einer im 305. Ring. Beste Mittellage, rund 850 Meter hoch. Adam meinte, die Höhe werde für das Kind am zuträglichsten sein. Und es sei dort auch den Sternen näher!
Was Adam in den letzten Wochen vor der Geburt
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