Der Mann von Anti
Kopf, daß die kupfernen Locken über ihren Busen tanzten. »Mich schickt der große Commander, mein Junge.«
»Ach… der Fliegende Holländer?«
»Du bringst ja alles durcheinander, was du gelesen hast! Der große Commander, das ist doch der, der damals…«
»Entschuldigung, nun weiß ich’s wieder. Wo ist er eigentlich? Es heißt, er komme stets aus dem Orion. Etwa von der Bellatrix?«
»Das ist dummes Gerede. Dort waren wir bloß zur Inspektion, vorige Woche. Jetzt kreuzt er im hiesigen Gebiet der Galaxis, um die hier lebenden Hominiden zu überprüfen.«
Adam erschrak. »Nanu, ist da was nicht in Ordnung?«
»Und ob!« sagte die Schöne. »Es sind seinerzeit Fehler in der Programmierung gemacht worden, auch auf der Erde. Schon beim alten Adam zeigte es sich, er war eine Niete. Erinnere dich: Mit dem Apfeldiebstahl fing es an, dann die Sache mit Kain, und so ist es weitergegangen. Das muß geändert werden.«
»Haben wir selber doch längst getan«, erwiderte Adam. »Unsertwegen braucht sich der große Commander nicht mehr zu bemühen. Ja, wäre er früher zu Hilfe gekommen, dann hätte er uns viel Ärger erspart.«
»Sei nicht so überheblich! Es gibt noch Kannibalen unter euch.« Ihr Blick ruhte schwer auf ihm.
Er versuchte sich ins rechte Licht zu stellen. »Ich jedenfalls bin Vegetarier, Nichtraucher und Antialkoholiker.«
»So, so… Vegetarier. Und das Kotelett gestern abend?«
»Es waren doch nur ein paar Bissen. Die Nixe war schuld daran. Sie ist ja so schön – wie du!«
»Was soll diese Anspielung? Das zieht nicht bei mir!« sagte die Schöne streng. »Ich sehe schon, in euch Erdmännern steckt immer noch zuviel vom alten Adam. Höchste Zeit, daß der große Commander eingreift. Und bei dir werden wir gleich beginnen.«
»Warum ausgerechnet bei mir? Muß das sein?«
»Unbedingt! Du bist ein Schwächling, läßt dich von Nixen einfangen. Wir werden eine Transplantation vornehmen.«
»Wo? Wie?« forschte Adam ängstlich. »Mein Magen ist wieder intakt. Es waren doch nur ein paar…«
»Vom Magen ist gar nicht die Rede. Ein neues Gehirn bekommst du. Das ist die Hauptsache. Im übrigen kannst du bleiben, wie du bist.« Sie zog ein blitzendes Beil aus ihrem Gewand und schwang es über seinem Kopf.
»Um Himmels willen!« ächzte Adam. »Nicht so! Das macht man heute mit dem Laserstrahl.«
»Du bist doch nicht so dumm, wie ich dachte!« Die Schöne lachte. Es dröhnte wie hallender Donner. Dabei wuchs sie und wuchs zu phantastischer Größe. Als ihr Haupt an die Magellanschen Wolken stieß, verschwand sie mit einem Knall, der Adam bis ins Mark erschütterte. Zugleich gewahrte er in weiter Ferne eine lichte Gestalt: die Nixe vom Fleischerladen. Sie streckte ihm flehend die Arme entgegen und rief seinen Namen. Er öffnete den Mund, ihr zu antworten, brachte jedoch keinen Laut heraus. Der Kopf war ihm so seltsam leer, ihm wurde schwarz vor Augen.
Am Morgen fühlte sich Adam zum Verzweifeln elend. Die nächtliche Szene beschäftigte ihn unentwegt. Er kam zu spät in die Filmothek, machte seine Arbeit schlecht, hatte Verdruß und eine Menge Scherereien.
Auch dieser gräßliche Tag ging vorüber. Adam nahm sich nicht die Zeit für das Abendessen, sondern fuhr sogleich zum 137. Ring hinunter. Er war sehr aufgeregt. Für ihn gab es keinen Zweifel mehr, daß das Mädchen in der Fleischerei ein außerirdisches Wesen sein mußte und, wahrscheinlich Hilfe suchend, mit ihm Verbindung aufnehmen wollte.
Vielleicht war sie von den Bellatrixern auf der Erde zurückgelassen worden. Aus welchem Grund auch immer, es könnte so gewesen sein, überlegte Adam. Und vielleicht war sie dann in Wirklichkeit uralt. Nach irdischer Rechnung. Was bedeutete das schon angesichts ihrer berückenden Schönheit? Und nun lebte sie unter den Menschen, mit dieser verabscheuungswürdigen Tätigkeit ihr Dasein fristend.
Erschüttert stand Adam vor dem Laden und beobachtete durch das Schaufenster seine Nixe, die emsig mit Wurstmesser und Beil hantierte. Natürlich bemerkte sie ihn. Mehrmals warf sie ihm ihren meergrünen Blick zu, der von Mal zu Mal verschleierter wurde.
Dann war Ladenschluß. Sauber und adrett trat sie heraus. Er faßte sich ein Herz und fragte sie, ob sie mit ihm ein wenig an die frische Luft gehen wolle.
Das mit der frischen Luft war nur so eine Redensart aus alter Zeit, denn im Wohnturm war die Luft dank dem hervorragenden Ventilationssystem natürlich genausogut und rein wie draußen.
Das Mädchen lächelte ein bißchen
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