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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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hellgrauen Augen glänzten darin wie Kristalle in taubem Gestein. »Ich heiße Jipsy. Das Schott hast du selbst geschlossen, Söhnchen.«
Jason ignorierte die Worte. Das war der Gipfel. Er würde Raquil den Krempel auf den Tisch schleudern. Mochte doch dieser zerknitterte Zwerg fliegen. Er kannte sich ja offensichtlich hier aus. »Laß mich ‘raus«, verlangte er. »Ihr könnt mich nicht einsperren und zwingen schon gar nicht. Überlegt euch was anderes. Ich denke nicht daran, zu warten, bis mir dieser Trümmerhaufen unterm Hintern zusammenbricht.«
Jipsy seufzte ergeben. »Wie du willst.« Er drehte sich auf seinem Stuhl um neunzig Grad, hob ein Bein und ließ den Fuß auf das Ventil fallen. Das Fauchen verstummte. Nach einigen Sekunden ertönte dasselbe widerliche Geräusch, das Jason beim Schließen des Schotts vernommen hatte. Mühsam bewegte sich die Stahlwand zurück in die Füllung. Kalte Nachtluft drang erfrischend in den Schleusenraum.
»Gute Nacht«, sagte Jason im Hinausgehen. Er trat auf die schwankende Plattform und wartete darauf, daß sie sich in Bewegung setzte. Doch es geschah nichts.
Aus der Schleuse vernahm er Jipsy: »Nun, Söhnchen, willst also nicht mit dem Trümmerhaufen fliegen?«
»Nein!« schrie Jason zurück. »Sucht euch einen Dümmeren.« Er sprang einige Male kräftig auf die Plattform, um das verklemmte Gefährt wieder in Betrieb zu setzen.
»Geht dir gegen den Strich, wie?« schrie Jipsy.
»Ja.«
»Bist schließlich Viersternchenpilot, wie?«
»Ja!«
»Da faßt man so einen alten Eimer nicht mehr an, wie?« »Nein!« brüllte Jason und versetzte dem Fahrstuhl einen Tritt.
»Seid was Besseres gewöhnt, wie? Knöpfchen drücken, und husch – schon fliegt man.«
Jason hielt sich den schmerzenden Fuß. Er fühlte sich überirdischen Gewalten ausgeliefert. Alle Mächte der Ober- und Unterwelt schienen sich gegen ihn verschworen zu haben, der Alte schien ein Abgesandter Luzifers zu sein und der Transporter das offene Tor zur Hölle. Die Welt war ungerecht. Er steckte seinen Kopf in die Luftschleuse. Jipsy saß noch genau so da, wie er ihn verlassen hatte.
»Was willst du überhaupt?« fragte Jason. »Bist du hergekommen, um mir Moralpredigten zu halten?«
»Ich«, sagte Jipsy, »soll dich einweisen.«
»Du?« Spaßvogel, dachte Jason.
»Von euch jungen Dachsen weiß doch keiner mehr, wie man mit ‘nem richtigen Raumschiff umgeht«, fuhr Jipsy fort. »Kannst beruhigt sein, Söhnchen, ich hab’ hier alles überprüft und repariert.«
Jason trat, um nicht weiter gebückt stehen zu müssen, wieder in die Luftschleuse. »Und was ist mit dem Schott?« fragte er scharf.
»Nichts weiter, nichts, Söhnchen.«
»Hör endlich auf mit deinem Söhnchen!« schrie Jason. Er hielt erschrocken inne, weil seine Stimme lauter als beabsichtigt war.
»Das Ventil ist ein wenig undicht«, fuhr Jipsy ruhig fort. »Da geht die Tür hin und wieder von allein zu. Man muß es ein Weilchen zuhalten und dann schnell hinausspringen. Wenn man sich beeilt, schafft man es gut. Es gab keine Ersatzteile, weißt du. Aber im All brauchst du es sowieso nicht. Da kannst du das Schott ohnehin nur mit dem Handrad bedienen. Handbetrieb ist immer noch das sicherste.«
»Es ist ungeheuer beruhigend, das zu wissen«, sagte Jason.
»Na, siehst du Söhnchen«, rief Jipsy aufgeräumt. Er nahm den Fuß vom Ventil und erhob sich. »Ich habe für deine Sicherheit gesorgt, mehr als du denkst. Du kannst ganz beruhigt sein. Deine Sachen hat jemand herübergebracht, für alles andere habe ich gesorgt.«
Während sich das äußere Schott quietschend schloß, verschwand Jipsy durch das innere. Jason zögerte, doch das Zurück war ihm versperrt. Der Alte hatte ihn mit wenigen Schlägen in die Seile getrieben. Dabei hatte er sie kaum gespürt.
»Nun komm schon«, rief Jipsy, »ich zeig’ dir mein Museum! Wirst schon merken, es ist gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussieht.«
Jason kroch durch die Öffnung und folgte Jipsy, der wenige Schritte vor ihm ging. Der Gang war eng und schmutzig.
»Wirst dich schon dran gewöhnen«, begann der Alte wieder. Er klopfte mit dem Fingerknöchel gegen die Wand. »Man kann es richtig liebgewinnen. Du wirst sehen, es hat sogar Charakter. Was haben schon diese modernen Schiffe! Da funktioniert alles, kein Fehler. Wo soll da ein Charakter herkommen.«
Jason verstand nicht recht, worauf Jipsy hinauswollte, aber plötzlich empfand er auf unerklärbare Weise Sympathie für den sonderbaren Alten. Er

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