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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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Und irgendwo verreckt dann eine Besatzung, weil ein Katastrophenflieger fehlt. Wenn es ginge, müßte für den Herrn Kommandanten noch der liebe Gott einspringen, wie?«
»Der Teufel wäre angebrachter«, knurrte Jason verlegen.
»Wo hast du das nur gelernt, Söhnchen«, sagte kummervoll Jipsy. »Da haben sich Legionen von Lehrern abgeplagt, um aus dir einen Menschen zu machen, und was ist draus geworden? Die haben sämtlich in die Wüste gepinkelt. Wo nichts wächst, wächst eben nichts.«
Jason saß Jipsys Stimme wie der Teufel im Genick. Er versuchte die unbequeme Last abzuschütteln, aber sie hatte sich katzenhaft zäh festgebissen. Er schüttelte sich wie ein Pferd, das eingeritten werden soll, und spürte bereits, daß er sich doch fügen würde. Seine Auflehnung war mehr eine Formsache. Unter seinen Füßen vibrierte das startklare Schiff, Staub flimmerte in der Luft, Öldunst zog durch die Ventilatoren, und die gewohnte Unruhe breitete sich über seinen Körper aus, aber er wollte sich hier noch nicht zu Hause fühlen.
Jason blickte den Alten an. Der kniff überrascht die Augen zusammen. Sie lachten. Sie brachen in ein unbändiges Gelächter aus, das jäh durch ein dumpfes Poltern unterbrochen wurde. Jasons Züge erstarrten. Es war ein eigenartiges Geräusch, vermischt mit anderen, nicht definierbaren.
»Was ist das?« flüsterte er.
»Es wird Johanna sein«, antwortete Jipsy ungerührt. Er ging dem Geräusch nach und öffnete eine Lüftungsklappe. Aus der Öffnung fiel Johanna. Staubbedeckt purzelte er Jipsy vor die Füße, fing sich jedoch schnell und begann sich zu putzen. Ehe Jason seinem Befremden Ausdruck geben konnte, bemerkte Jipsy: »Er heißt nun mal Johanna.« Seine Verlegenheit verbarg er hinter einem Grinsen. »Weißt du, meine Frau wollte es so. Da war nichts zu machen. Ist ja auch einerlei.«
Jason starrte wie hypnotisiert auf den Kater.
»Laß dir nicht einfallen, ihn Johann zu rufen, Söhnchen. Da hört er nicht, und du kannst lange warten.«
»Was soll das heißen?« In Jason stieg ein schlimmer Verdacht auf. Sollte dieser Kater etwa mitfliegen? Zu allem, was ihm hier entgegenstand, noch dieses Vieh, das da frech glotzend, groß wie ein junger Tiger, gelbfellig und grünäugig in der Ecke hockte. O nein, hier sollte Schluß sein, endgültig. Wenn er sich dieses Monstrums von Rakete annahm, dann war das immerhin mit seiner Leidenschaft für den Beruf zu erklären. Doch dieses Katzenvieh – dafür konnte niemand Verständnis von ihm verlangen, beim besten Willen nicht. »Du nimmst ihn hoffentlich nachher wieder mit«, sagte Jason bestimmt.
»Sieh mal«, Jipsys Stimme klang milde wie die eines Predigers, »er wohnt hier, hier ist sein Zuhause. Er ist diese Umgebung gewöhnt. Es wäre unmenschlich, ihn hinauszuwerfen.«
»An mich denkst du wohl überhaupt nicht«, begehrte Jason auf. »Ich werde Mühe haben, diesen lächerlichen Brummtriesel zur Venus zu befördern. Und dann noch auf ein wildes Tier achtgeben?«
»Er ist zahm wie ein Lamm«, behauptete Jipsy, »und er gibt Pfötchen.« Er rief nach dem Kater. Johanna fauchte unwillig.
»Ein frisch gefangener Vandalukkenkrebs könnte nicht wilder sein«, rief Jason. »Du nimmst ihn besser mit. Es wäre doch unangenehm, wenn nur meine abgenagten Knochen auf der Venus ankämen. Ich vermute, du würdest dir Vorwürfe machen.«
Johanna sprang mit einem gewaltigen Satz auf das Steuerpult und betrachtete Jason interessiert.
»Was frißt er überhaupt?« fragte Jason, der Katzen nur vom Zoo her kannte, und schob seinen Sessel ein wenig zurück, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
»Du brauchst dich darum überhaupt nicht zu kümmern. Er versorgt sich selbst und erspart dir das Aufstellen von Mausefallen. Außerdem ist er stubenrein.«
Damit hatte Jipsy Jasons letzten verzweifelten Einwand im Keim erstickt. Zweifel rissen ihn hin und her. Wenn der Kater tatsächlich Mäuse fing, gegen die er eine unüberwindliche Abneigung empfand, und er im übrigen Jipsy vertrauen durfte, war es vielleicht doch von Vorteil, Johanna mitzunehmen. Er rieb sich unsicher das Kinn und dachte angestrengt nach. »Du wirst dich schnell an ihn gewöhnen«, sagte Jipsy, der Jasons Zwiespalt bemerkte. »Außerdem ist er ein glänzender Gesellschafter. Du wirst dich niemals langweilen.« An diese Worte sollte Jason einige Zeit später mit Bitternis zurückdenken. »Er ist ein anhänglicher Freund, ein unentbehrlicher Gehilfe in schwierigen Situationen.« Jipsy grinste

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