Der Mann von Oros - Teil 2
durfte. Man hatte Mittel und Wege gefunden, um die radioaktiven Abgase der Raketentriebwerke in Bodennähe unschädlich zu machen, aber das änderte nichts an der Tatsache, daß die Aggregate der in den Raum rasenden Schiffe auch noch über dem Erdboden verseuchte Gase ausstießen. Die Halbwertszeiten der strahlenden Partikel waren so geringfügig, daß praktisch keine ernstzunehmende Gefahrenquelle entstehen konnte; aber die Sicherheitsbestimmungen waren trotzdem sehr streng.
Die Soldaten der Raumgarde verschwanden in dem strahlungssicheren Plastikschlauch, der direkt vor dem Lift endete, mit dem man zu der zwanzig Meter über dem Boden liegenden Luftschleuse gelangen konnte.
Der junge Offizier verließ als letzter Mann die durchsichtige Kuppel, die unbedingt vor „heißgewordenen“ Luftschichten schützte.
Sehr höflich und sehr respektvoll salutierte er vor der schlanken, hochgewachsenen Frau, die ihn etwas fahrig anlächelte.
„Viel Glück“, meinte sie mit wohlklingender Altstimme. „Sie sind doch für den ‚Raumteufel’ bestimmt, nicht wahr?“
„Genau für den, Madam“, lachte er unbekümmert. „Wir werden es den Hinterwäldlern auf Venus schon zeigen. Wir starten mit vierzig Fernschiffen. In drei Wochen ist der Fall erledigt, Madam! Garantiert erledigt.“
Nochmals salutierend, verschwand er in dem Schlauch und eilte hinter seinen Leuten her, die bereits die Liftplattform bestiegen.
In dem schmalen, feinmodellierten Gesicht der jungen Frau zuckte kein Muskel. Aus tiefdunklen, klugen Augen sah sie den Männern nach, die in einer halben Stunde im leeren Raum auf das Fernschiff ‚Raumteufel’ umsteigen sollten.
Altry Eltron war eine bemerkenswert schöne Frau mit herben Lippen und kurzgeschnittenen, blauschwarzen Haaren. Obwohl schon 32 Jahre alt, hatte sie bisher auf die Hilfsmittel der biochemischen Schönheitssalons verzichten können.
Sehr ruhig stand sie in der strahlungssicheren Plastikkuppel. Ihre dunklen Augen schienen sich zu umnachten, als hundert Meter entfernt das Triebwerk des Kreisbahn-Transporters zu brüllen begann.
Auf ihren Ohren lastete das wütende Orgeln expandierender Gase, die weißflammend aus der Heckdüse rasten. Das machtvolle Geräusch steigerte sich zu einem infernalischen Heulen, mit dem der schlanke Transporter hart anruckend aus dem Startgerüst schoß.
Als das Grollen verstummte, war die kernchemische Rakete verschwunden. Mit enormen Beschleunigungswerten raste sie in den leeren Raum, wo man sie ferngelenkt auf die Parkbahn des Fernschiffes „Raumteufel“ bringen würde.
Es war nur ein einziges von vielen Schiffen, die im Zeitraum von drei Stunden in den blauen Himmel Nevadas jaulten. Venus hatte revoltiert, also schlug Terra mit allen verfügbaren Machtmitteln zu. Die irdische Zentralregierung hatte bereits den Startbefehl erlassen, und im Flottenhauptquartier von Nevada-Point saßen die Stabsoffiziere vor den Bildschirmen.
Wenn Altry Eltron ihre Gedanken laut ausgesprochen hätte, wäre sie wohl sehr ärgerlich angesehen worden. Der lautlos näher tretende Zivilist achtete nicht auf die düstere Ironie in den großen Augen der schönen Frau. Wie zufällig blieb er neben ihr stehen. Sein Blick erfaßte den Zeiger der elektrischen Uhr, ehe er leise raunte:
„Das Mondschiff landet in genau viereinhalb Minuten. Doktor! Ich darf Sie nochmals darauf aufmerksam machen, daß Sie uns für Ihren Mann verantwortlich sind. Ihnen ist bekannt, was Sie unter allen Umständen festzustellen haben.“
Zwischen ihren geschwungenen Augenbrauen entstand eine scharfe Falte. Sie beherrschte sich meisterhaft.
„Allerdings, das ist mir bekannt. Ich habe auch noch nicht vergessen, daß ich dem Ministerium für psychologische Kriegsführung angehöre. Ich werde also dafür sorgen, daß Raumkapitän Eltron auf Herz und Nieren getestet und mit den Hilfsmitteln der modernen Psychologie überprüft wird.“
„Ihr Mann, wollten Sie sagen“, lächelte der Zivilist. „Wir sind darüber informiert worden, daß Ihr Ehevertrag mit Ramsay Eltron in einem Jahr ablaufen wird. Sie hatten sich nur für zehn Jahre gebunden.“
„Der Geheimdienst pflegt eben alles zu wissen“, gab sie kurz zurück. „Ahnen Sie auch schon, ob ich gewillt bin, den Vertrag zu verlängern oder auf die mir zustehende Bindungsklausel zu verzichten?“
„Aus Ihren Psychotests geht hervor, daß Sie Ihren Mann niemals wirklich geliebt haben. Sie sind eine etwas voreilige Bindung eingegangen, die mehr auf
Weitere Kostenlose Bücher