Der Mann von Oros - Teil 2
dieser Wunsch unverständlich erscheinen sollte, so empfehle ich Ihnen eine sechsjährige Raumfahrt nach dem Pluto; Aufenthalt eingeschlossen. Das wäre alles, Commander.“
Der SR-Offizier schloß den bereits geöffneten Mund unter dem kalten Blick des Kommandanten.
Während er flüchtig an den Funkhelm tippte, schnarrte er:
„Danke für die Belehrung, Sir. Meine Aufgabe ist tatsächlich beendet. Ich wünsche Ihnen gute Erholung.“
„Ich habe noch eine Frage, Commander! Wann erhalte ich mein privates Gepäck zurück? Dazu gehören auch die Mikrofilme mit meinen Forschungsergebnissen. Nehmen Sie ja nicht an, ich würde gegen die ungerechtfertigte Handlung des RS-Dienstes nichts unternehmen. Sie haben kein Recht, mein Eigentum zu beschlagnahmen.“
Shonert warf der jungen Frau einen blitzschnellen Blick zu. Gänzlich unbeteiligt erscheinend, stand sie neben dem hochgewachsenen Mann, dessen Sprache ihr plötzlich wieder vertraut und abstoßend erschien. Das war Ramsay Eltron, wie er sich immer gegeben hatte.
Zweifel krochen in ihr auf. Sie war sich noch nicht darüber klar, ob sich ein Mensch von seiner Art jemals ändern könnte. Sie unterband jegliche menschliche Regung und begann ihn mit den Äugen der Wissenschaftlerin zu beobachten. Zweifellos war er ein psychologisches Phänomen. Das aber wußte sie längst aus den Geheimberichten des Flottenstabes.
„Ich erwarte Ihre geschätzte Antwort, Commander“, klang seine Stimme erneut auf. Sie war stechend und verletzend.
Shonert verbeugte sich kurz und entgegnete reserviert:
„Selbstverständlich, Sir. Ihr Eigentum befindet sich zur Zeit im Flottenhauptquartier.“
„Weshalb? Was soll das bedeuten?“ brauste er auf.
„Es tut mir leid, Sir, aber ich weiß es nicht. Man wird Sie zweifellos verhören.“
„Verhören? Sind Sie irrsinnig geworden?“
„Ich glaube, Sir, Sie sind mit einem Raumkapitän angekommen, den man nicht mehr als geistig normal bezeichnen kann.“
„Ich verstehe“, lachte Eltron dünn und abweisend. „Mein Bericht ist bereits eingereicht worden. Darin wird jeder Vorfall genauestens erklärt. Ich danke für Ihre Begleitung, auch wenn sie mir überflüssig erschien.“
Eltron tippte gegen den Schirm der Dienstmütze, und der Commander verschwand.
Als Eltron sich umdrehte, sah er in ihre forschenden Augen.
„Du scheinst sehr erregt zu sein, Ramy“, murmelte sie. „Kann man dir irgendwelche Vorwürfe machen? Dienstliche Vergehen?“
Er blickte sie stumm und eindringlich an. Sein telepathischer Geist erfaßte Schwingungen, die ihm allerlei zu denken gaben. Sie wußte mehr über die Geschehnisse auf Pluto und anschließend auf der „Regulus“, als sie zugeben wollte.
Die Erregung der allerersten Begegnung war bereits von ihm gewichen. Obwohl er klar erkannte, daß sie etwas vor ihm verbarg, drang er nicht weiter in ihr Bewußtsein. Nach den Grundgesetzen seiner Rasse war es ein verwerfliches Unterfangen, die Bewußtseinsschwingungen einer Lebensform aufzufangen, die infolge einer gewissen Unterentwicklung nicht fähig war, die geistige Kontrolle zu erkennen und sich dagegen zu wehren.
„Dienstliche Vergehen?“ lachte er freudlos. „Könntest du dir vorstellen, daß sich ein Ramsay Eltron jemals im Dienst vergessen könnte?“
Sein Blick war eigenartig spöttisch und überlegen. Es fehlte aber die beißende Ironie, die sie von ihm gewohnt war.
Im unterbewußten Empfindungsvermögen der jungen Frau flackerte ein Funke auf, der seine Nahrung in ihrer psychologischen Schulung fand. Sie wußte plötzlich, daß die seltsamen Berichte des Regulus-Mediziners Dr. Reomy Hand und Fuß hatten. Demnach hatte sich ihr Mann zu einem Menschen entwickelt, der sich mit spontaner Wucht vom alles fordernden Offizier zu einem gelassen lächelnden Spötter verwandeln konnte. Er griff nicht nur seine eigene Person und seine Handlungen an, sondern die militärischen Grundgesetze über Ehre und Verantwortung einer kommandierenden Person. Ihr war wohl bekannt, wie er den Begriff eines Befehles zerpflückt hatte. Das aber paßte nicht zu einem Mann, der mit unglaublicher Härte eine Notstation auf dem erstarrten Pluto errichtet hatte.
Altry kam zu keinem klaren Ergebnis, da ihr eine grundsätzliche Gleichung fehlte, die sie augenblicklich zur Lösung gebracht hätte.
Über ihrem Mund lag ein nichtssagendes Lächeln, das dem Menschen Eltron sehr bekannt vorkam. Schon immer hatte sie es verstanden, ihre wahren Gefühle hinter dieser mimischen
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